Führungskräfte – gestern, heute und Morgen

Bist Du Führungskraft? Wenn ja, was steht als Nächstes auf Deinem Trainingskalender? Servant Leadership? Gewaltfreie Kommunikation? Agile? The Big Five for Life? OKR? Design Thinking? Vom Kollegen      zum Vorgesetzten? Frauen in Führung? Distance Leadership? Kannst Du Dir vorstellen, das sei alles nur Geldmacherei? Gibt es da eine kleine Stimme, die sich fragt: «Was macht Führung im Kern aus?» Ich gebe ihr mit diesem letzten Teil meiner Serie über eine Betriebswirtschaft mit gesundem Menschenverstand Nahrung. Außerdem erfährst Du, was meiner Meinung nach in Zukunft führt. Diesmal starten wir bei einem Musterbruch der Ansprüche an das Rollenbild unserer Unternehmer:innen …

„Postheroisches Management“ 

Dirk Baecker schrieb bereits neunzehnhundertvierundneunzig ein kleines Büchlein, dass viele Begriffe aus der Führungstheorie in ein neues Licht stellt. Er bezog sich auf das Phänomen, wonach wir auf die Helden in Spitzenpositionen verzichten dürfen. Ich finde, das passt noch immer. Doch mein Antrieb, das zu behaupten, ist ein anderer als die üblichen Verdächtigen. Von den fünfziger bis in die neunziger Jahre hatten wir Marktumfelder, die Führungsmut verlangten. Märkte schienen unbegrenzt. (Grund-)Bedürfnisse waren weithin ungedeckt. Der verursachte Müll stand in einem untergeordneten Verhältnis zur Regenerationsfähigkeit der Umwelt. Die Reservearmee bestand aus mittelständisch gut gebildeten Soldat:innen. Die liberale Marktwirtschaft, ohne große staatliche Eingriffe, zog den Autokratien davon. Es waren Zeiten, die Gestaltung verlangten. In ihnen galt es, Claims zu stecken und zu verteidigen. Heldenhafte Menschen formten da folgerichtig die zentrale Führungskraft. Sie gaben anderen vor, was, wann, wie, wozu zu tun ist. Dafür nahmen sie ihre Belegschaften mit in den Wohlstand. Das war der Deal. Die Lehre dazu begründete Frederick Taylor mit seinem zweiten und dritten Grundsatz der wissenschaftlichen Betriebsführung (Harry Braverman; die Arbeit im modernen Produktionsprozess; Campus Verlag 1985 S. 93 ff.):

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  • Zweiter Grundsatz: Die Trennung von Vorstellung und Ausführung
  • Dritter Grundsatz: Jeden Schritt des Arbeitsprozesses und seine Ausführung vorgeben und kontrollieren.

Heute haben wir sie beide so verinnerlicht, dass jede:r sofort an Menschen denkt, wenn von Führungskräften gesprochen wird. Hier kommen wir zum zweiten Musterbruch …

Zurück zu den Wurzlen

Im Wiktionary findet sich diese Bedeutung für Kraft:
„Größe, die je größer desto mehr den Bewegungszustand eines Körpers verändert oder ihn deformiert …“
Dabei kann «Größe» alles Mögliche sein. Lass mich das mal kurz auf Führung übertragen. So wird aus der staatlichen Gesetzgebung eine Führungskraft. Aus Wettbewerbern ebenso. Und Kunden natürlich. Wir sollten auch an die Lieferanten denken. Ach ja, an begrenzte Ressourcen ebenfalls. Und wenn wir schon dabei sind, die inzwischen negative Bilanz von produziertem Müll zur Regenerationsfähigkeit der Umwelt. Staatliche Subventionen gehören genauso dazu wie Hilfspakete in Krisenzeiten. Egal ob Pandemie oder Krieg. Und natürlich die globale Vergleichbarkeit von nahezu allem Ökonomischen. Sprich, im Vergleich zu den heldenhaften Zeiten für menschliche Führungskräfte in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts, haben diese heute einiges an Konkurrenz bekommen. Ja mehr noch …

Die Doppelnull der wissenschaftlichen Betriebsführung …

erzeugt eine gefährliche Wahrnehmungsverzerrung. Als ich den Begriff kürzlich bei einem Kooperationspartner verwendete, standen in seinem Gesicht große Fragezeichen. Also erklärte ich es ihm kurz: 
„Stell Dir zwei Nullen vor, die flach aufeinanderliegen. Die Obere ist die des Managements. Sie bildet einen Kreislauf zwischen der Vision und der Mission, die die Chefs erreichen wollen und den Prozessen, Anreizen und Arbeitsplatzbeschreibungen, die sie sich dafür ausdenken. Die Untere gehört den Mitarbeitenden. Sie kreiseln von umsetzendem Gehorsam zur Messung, ob sie ihre Vorgaben schaffen. Verbunden werden beide von den Chefs zu den Produktiven über Anweisungen, deren Erfolg das Controlling rückmeldet.“ (siehe Grafik)


In einem weitgehend frei stabilen Marktumfeld bemerkt man die Doppelnull-Verzerrung kaum. Denn die von dort kommend konkurrierenden Führungskräfte sind eher schwach. Anders gesagt: «Menschliche Führungskräfte dominieren». Das ändert sich, sobald faktische Unsicherheiten aufkommen. Das können Pandemien sein. Oder Kriege, die im industriellen Norden stattfinden. Auch Marktzergliederungen wie der Berxit gehören dazu. Und natürlich die Übernutzung unserer Umwelt. Sie alle wirken, über kurz oder lang, stärker auf die Überlebensfähigkeit von Firmen, als die taylorschen Grundsätze der mit Menschen verknüpften Führungskraft. Daraus folgt, dass sie den gestaltenden Führer stets rechts, links, oben und unten überholen. Hat der sich was Schlaues ausgedacht und in Anweisungen gegossen, ist es bereits obsolet. Das erzeugt eine existenziell kritische Verzerrung zwischen der Führungskraft Chef und den Führungskräften des Umfeldes. Es ist Zeit für den nächsten Musterbruch …

Von der Doppelnull zur unendlichen Acht

In den letzten Lichtblicken stellte ich Dir die vier Denkwerkzeuge der Betriebskatalyse vor. Sie befähigen jede Firma dazu, die Führungskräfte aus ihrer Umgebung aufzunehmen und im Sinne der Organisation zu nutzen. Aus der taylorschen Doppelnull entsteht eine katalytisch unendliche Acht. Sie integriert reflektieren, steuern und denken mit umsetzen und kontrollieren. Richtungsweisende menschliche Führungskräfte wechseln aus ihrer formalen Rolle in natürliche Wirkzusammenhänge. (siehe Grafik)


Verschwinden jetzt die Führenden?

Ganz klar: «Nein!» – doch es wird ihnen genommen, anderen ihre Vorstellung von der Welt anzuweisen. Mein Kollege Francois Zietlow bringt es gerne so auf den Punkt: „Alle können jetzt führen.“ Damit das keinesfalls in das häufig als Bedenken an uns herangetragene Chaos mündet, brauchen wir in solchen Firmen Menschen mit Katalysekompetenz. Sie ermöglichen, dass sich viele Mitarbeiter:innen parallel zu ihrem Tagesgeschäft sinnvoll in die strukturelle und strategische Gestaltung der Firma einbringen. Sie zeichnet aus:

  • keine Weisungsbefugnis zu haben.
  • den Kommunikationsrahmen, entsprechend dem Katalyse-Design, situativ zu gestalten und sich aus den Inhalten rauszuhalten.
  • anstatt eines Persönlichen, wenn angebracht, die Blickwinkel der Firma als Ganzes zu vertreten.


Mit drei Musterbrüchen schafft ihr die erfolgreiche Katalyse

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Niemand von uns weiß, was die nächsten zwanzig Jahre an Marktbedingungen bringen. Nimmt die staatliche Einflussnahme zu? Müssen wir uns auf dauerhafte Rezessionen einstellen? Gibt es in den nötigen Umwälzungen nicht irgendwo auch große Wachstumsmärkte? Werden Produkte verboten, die Müll erzeugen? Schaffen KI-Techniken die Produktivarbeit ab? Versinken wir in einen dritten Weltkrieg? Es kann Euch egal sein, was davon wie stark kommt. Es spielt auch keine Rolle, ob ich in der Liste etwas übersah. Ich bin mir sicher. Wir-Unternehmen, die mit den Denkwerkzeugen der Betriebskatalyse arbeiten, überleben. Das gelingt ihnen weil sie:

  • Ihre Abhängigkeit von einzelnen Führern als gestaltende Kraft überwinden. Sie machen aus einem System von Leadern ein Leadership-System.
  • Sie verbinden die taylorsche Doppelnull zur katalytisch integrierten Wirkungsacht.
  • Sie verzichten auf formale Führungskräfte und bauen stattdessen Betriebskatalysator:innen auf.


Aus der Welt meiner Kunden abgeleitet, frage ich deshalb: „Wollt ihr euch weiterhin hinter der Milchglasscheibe des formalen Managements verstecken?“ Ich weiß: „Mit den Führungskräften aus Eurem Marktumfeld in den Flow zu kommen, macht Euch sinnvoll wirksam.“

Den zu diesem Text einleitenden Lichtblick sowie alle anderen, findest Du hier

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