Das Mindset-Märchen – eine Demaskierung

Was hat deine Firma, hast du, die letzten Jahr(zehnt)e so ausprobiert? Agil oder sogar Scale Agile? OKR? Lean? Purpose Driven? Holacracy? Beyond Budgeting? Und was davon ist gescheitert? Alles? Echt? Na, es fehlte euch wohl das richtige Mindset. Oder noch dreister, das passende Menschenbild. Ach so, das stimmte, dann seid ihr eben zu blöd, Fortschritt hinzubekommen. So lässt sich zusammenfassen, was ich von Berater:innen und Coaches zu den Themen rund um New-Agile-Work höre. Wie sie ihre Kunden kommentieren. Manche offen. Viele hinter vorgehaltener Hand. Ich sehe das anders. Mindset und Menschenbild sind einfach nur Platzhalter, um die eigene Inkompetenz zu überblenden. Tatsächlich geht es um den Unterschied zwischen Werten und Erreichen.

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Papier ist, wie es so schön heißt, geduldig. Wir können buchstäblich alles darauf schreiben. Genau so passiert es mit den ganzen Konzepten, die ich oben nannte. Egal ob Scrum, Holacracy oder OKR. Jede Organisation setzt ihre eigene Auffassung davon um. Die Reinform gibt es nur bei den Erfindern. Einige Expert:innen glauben ebenfalls, sie zu kennen. Den Erfolg messen diese dann an KPIs zu Eigenschaften wie:

  • ·    Dezentralisierung ist gemäß den Paragraphen von Beta zu 80% erreicht.
  • ·    Achtundzwanzig von dreißig Teams sind laut B-Corp-Standards divers.
  • ·    Alle Mitarbeitenden kennen gemäß unserer letzten Umfrage den Purpose des Unternehmens.
  • ·    Nach der jetzigen Gemeinwohlbilanz erreichen wir 78 Punkte bei Gerechtigkeit.
  • ·    Aktuell stehen unsere OKR bei 65% Erfüllungsgrad.

Solche Aussagen findest Du dann in Präsentationen. Sie bewerten einen Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt. Der liegt üblicherweise in der Vergangenheit. Kommt es zwischenzeitlich zu Veränderungen, wird er meistens falsch. Etwa, wenn neue Mitarbeitende in die Firma kommen. Ihr einen anderen Markt angeht. Ihr ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung entwickelt. Es angepasste Gesetze und Verordnungen gibt. 

Für stimmige Aussagen müssten wir dann jedes Mal neu messen. Bei wichtigen Themen, bspw. Geld, machen wir das. Oft sogar täglich. Wir mieten ERP oder XRM-Systeme, damit es uns gelingt. Für qualitative Punkte wie Kultur, Zufriedenheit und dergleichen, ist das zu aufwändig. Einige meiner Kunden messen das ein-, zweimal jährlich. Die meisten nur dann, wenn es unvermeidbar ist. Das ist auch gut so, denn bei diesen Inhalten gilt: Kaum erfasst, schon verblasst. Für sie ist es sinnvoller, damit einfach erfolgreich umzugehen. Dafür richte ich den Blick auf die Resultate.

Erreichen

Zustandsmessung hilft bei Geld, Reklamationsquoten, Umsatzpotenzial usw.. Sie ist ziemlich aufgeschmissen, geht es um handeln, fühlen, auseinandersetzen und dergleichen. Für Deine Firma ist es doch gleich, wer was macht, sich wie fühlt oder mit wem im Klinsch liegt, solange es kein Problem für ihr Überleben ist. Sollte es dazu kommen, bedeutet die Messung zuerst noch mehr Aufwand, bis es die Grundlage gibt, die dann, manchmal, zu einer Lösung führt. Geht das besser? Ja klar! Dafür schaltest Du ein anderes System hinzu. Anstatt von Zustandsdiagnostik brauchst Du hier Befähigungssysteme.

Können

Nehmen wir an, deine Kolleg:innen und Du, 

  • ·    ihr könnt mit Konflikten konstruktiv umgehen. 
  • ·    Ihr könnt auch in unvorhergesehenen Situationen sinnvoll für die Firma handeln. 
  • ·    Ihr könnt und wollt, um Probleme zu bewältigen, die Interessen des Unternehmens mitdenken.

Was müsst ihr dann noch messen? Nur, ob das zum Wohl der Firma wirkt. Wenn nicht, seid ihr ja fähig, Euch anders zu verhalten. So bleibt ihr auf jeden Fall im Spiel. Erreicht Ergebnisse. Fließt mit. Ansonsten leidet ihr am …

Kompetenzdefizit auf beiden Seiten

Überprüfe es an Deinem Alltag. Wenn in Firmen oder von Berater:innen über das richtige Mindset gesprochen wird. Vielleicht ziehen sie sogar das Menschenbild heran. Dann sind sie oft mit ihren Zustandsmessungen am Ende ihres Lateins angekommen. Irgendwas geht laufend schief. Neue Methodiken bringen keine Lösung. Selbst, wenn sie im Sinne der Erfinder genauestens angewandt werden. Genau in dieser Situation kommen wir gerne auf Mindset und Menschenbild zu sprechen. Keineswegs, weil die da weiterhelfen. Sie lenken einfach nur von mangelnder Kompetenz ab. Nämlich vom Vermögen, Menschen zu mehr zu befähigen. Mitarbeitenden in Firmen will ich da nur wenig vorwerfen. Sie suchen ja regelmäßig genau dafür nach Unterstützung. Bei meinen Kolleg:innen sieht das schon anders aus. Viele ziehen da ihren Kunden Geld aus der Tasche. Sie versprechen, dass die vorschriftsmäßige Anwendung einer Methode ihr Problem löst. Tatsächlich ist die Fähigkeit gefragt, sich Lösungen vorzustellen und umzusetzen. Mit ihr kann ein Mensch ganz viele Methoden für sich zurechtbiegen, dass sie ihm helfen. Ohne diese Fähigkeit ist jeder Aufwand für Methode Perlen vor die Säue.

In der Kombi wird ein Schuh draus

Versteh mich richtig, ich liebe Zustandsmessungen. Sie machen den Hausverstand der Betriebskatalyse aus. Sie sind wie ein Kompass oder ein Sextant, um den Kurs einer Firma zu bestimmen. Doch genau wie diese, sind es immer nur Momentaufnahmen. Die Richtung halten, tun wir Menschen. Je nachdem, wie fähig wir sind, die Mittel unseres Schiffs dafür einzusetzen, gelingt das besser oder schlechter. 

Deshalb gibt es in der Betriebskatalyse auch drei weitere Denkwerkzeuge. Sie helfen, um der ganzen Mannschaft den Raum und Ansporn zu geben, ihre Befähigungen zu verbessern. Dann scheint es immer häufiger so zu sein, dass sich der Kurs von selbst hält. Gerade auch in stürmischen Zeiten.

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