Wie hoch ist dein Stapel an Übungspapier

Diesmal eine alte Geschichte aus Japan – die auch mit uns allen zu tun hat. Wir haben sie in dem Buch “Clever visualisieren” von Siegfried (Sigi) Bütefischgefunden. Vordergründig, hat sie etwas mit zeichnen zu tun.

In Japan genießen Tuschezeichner einen hohen Rang. Deshalb macht sogar der japanische Kaiser dem berühmtesten Tuschezeichner seiner Zeit seine Aufwartung. Denn er wünscht sich vom Meister ein Bild seiner Geburtslandschaft. Der Meister verspricht es. Nach fünf Jahren fragt der Kaiser das erste Mal nach. Der Meister aber vertröstet den Kaiser und bittet noch mal um fünf Jahre Aufschub.

Fünf Jahre später

Nach weiteren fünf Jahren fragt der Kaiser, nun schon etwas ungehalten, wieder nach. Denn, auch wenn der Meister berühmt ist, dem Kaiser verwehrt man keinen Wunsch und kein Meisterwerk.
 
Der Meister bietet nochmals um letzte fünf Jahre Aufschub – und verspricht ihm dafür etwas ganz Besonderes. Der Kaiser gewährt ihm das zähneknirschend, auch weil er weiß, wie lange andere Hochgestellte auf ein Meisterwerk warten mussten.

Zwanzig Jahre später

Zwanzig Jahre sind nun vergangen. Der Kaiser ist alt und hat nicht mehr viele Lebensjahre vor sich. So macht er sich wieder auf zum Meister – und er bringt im Gefolge gleich den Scharfrichter mit. Der Meister begrüßt ihn unterwürfig und als der Kaiser nun das Bild verlangt, sagt der Meister, dass es leider immer noch nicht fertig ist. Der Kaiser ruft sofort seinen Scharfrichter. Der Meister bittet um die Gnade, noch ein letztes Bild zeichnen zu dürfen. Trotz des drohenden Todes reibt der Meister in aller Ruhe und Konzentration, denn so machen es die Tuschemeister, seine Tusche an und wählt ein besonders edles Papier. Dann taucht er mit Sorgfalt seinen Tuschepinsel ein. Und nun skizziert er in flüssigen Bewegungen ein absolutes Meisterwerk – die gewünschte stimmungsvolle Landschaft.

Das Meisterwerk

Der Meister überreicht diese Zeichnung dem Kaiser demütig. Dieser ist überwältigt von diesem Bild, einem absoluten Meisterwerk, und begnadigt ihn. Aber dann kommt der Ärger wieder hoch und er fragt, noch immer etwas ungehalten, den Meister: »Warum hat das nun zwanzig Jahre lang gedauert? Das Meisterwerk ist doch in wenigen Minuten entstanden. Diese Zeit hättest du mir als Kaiser doch jederzeit einräumen können und auch müssen?«

Das Buch zum Thema

Clever visualisieren
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Die Moral von der Geschicht’

Da bittet der Zeichner den Kaiser, ihn über den Hof seines Anwesens zu begleiten. Er öffnet wortlos die Tür eines großen Nebengebäudes. Der Kaiser wirft erstaunt einen Blick herein: Der gesamte Raum ist vom Boden bis zur Decke gefüllt mit Zeichnungen dieses einen Landschaftmotivs.

Bringt dich diese Geschichte zum Nachdenken?

Und falls euch jetzt die Lust überkommt, den Stift in die Hand zu nehmen empfehlen wir auch die anderen Kapitel in Sigis Buch.

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