Wir sind das, was wir wiederholt tun. Wir sind aber auch das, was wir wiederholt denken, und gesundheitlich das, was wir unserem Körper und unserem Geist wiederholt antun.
Der Volksmund spricht von der Gewohnheit. Im gesundheitlich negativen Kontext sprechen wir schnell von der Sucht. Wenn wir es gewohnt sind, dreißig Zigaretten pro Tag zu rauchen und täglich drei Flaschen Wein zu trinken, belasten wir unseren Organismus dauerhaft mit schädlichen äußeren Einflüssen. Im Jahr wären es knapp elftausend Fluppen und nahezu eintausendeinhundert Flaschen Wein. Aus Gewohnheit schlecht. Gesundheit ist demnach auch das, was wir an gesundheitsfördernden Verhaltensweisen und Gewohnheiten, die im Laufe der Zeit positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden und den Organismus haben können, praktiziert haben. Gesunde Verhaltensweisen wiederholt praktizieren und daraus wiederum Gewohnheiten entwickeln, die zu einem festen Bestandteil unseres Lebens werden, konditioniert unseren Körper auf »gesund«. Diese Gewohnheiten können von regelmäßiger Bewegung und ausgewogener Ernährung bis hin zu genügend Schlaf und Stressbewältigungstechniken reichen. Wenn wir die Gewohnheiten kontinuierlich ausführen, werden sie zu einem natürlichen Ritual. Ein Ritual, das heißt eine Wiederholung mit dem immer gleichen Inhalt und der gleichen Intensität, immer am selben Ort und zur gleichen Zeit, wird so am leichtesten zu einer Gewohnheit und führt langfristig zu einer positiven Prägung. Ähnlich wie die Sucht ihre Zeit gebraucht hat, um zur Droge zu werden. Thomas Mann hat die Macht der Wiederholung so formuliert: »Die Gewohnheit ist ein Seil. Wir weben jeden Tag einen Faden, bis ein Tau entsteht, das wir nicht mehr zerreißen können.«
Ein Ritual befeuert die Geduld auf dem Weg zum Ziel
Gesundheitliche Verbesserungen erfordern Zeit und Geduld. Die Macht der Wiederholung zeigt sich darin, dass langfristig positive Effekte von gesundheitsfördernden Maßnahmen am besten durch konsequente Wiederholung erzielt werden können. Am besten ist dies bei regelmäßiger körperlicher Aktivität erkennbar und spürbar. Im Laufe der Zeit verbessert sich die Herz-Kreislauf-Funktion, was sich wiederum in gesteigerter Energie und Gewichtskontrolle widerspiegelt. Im Rahmen therapeutischer Maßnahmen spricht man bei der Wiederholung von Compliance, von der Therapietreue. Hat man sich erst einmal an eine Therapie gewöhnt und spürt man Fortschritte, nimmt man wiederholt und regelmäßig notwendige Medikamente ein oder besucht konsequent Therapiesitzungen. Das trägt dann dazu bei, Krankheiten unter Kontrolle zu halten und das Erreichen von Gesundheitszielen zu fördern.
Erfahrung, Fortschritt, Wiederholung
Insgesamt spornt die Erfahrung vom Fortschritt und Erfolg mithilfe der wiederholten Bemühungen enorm an. Wenn wir also sehen, dass unsere Anstrengungen zu positiven Ergebnissen führen, sind wir eher geneigt, gesunde Gewohnheiten beizubehalten und neue anzunehmen. Etabliere also gesunde und eliminiere ungesunde Gewohnheiten und Verhaltensweisen in deinem Alltag. Die Wiederholung ist ein leistungsstarkes Werkzeug, um Gesundheit und Wohlbefinden positiv zu beeinflussen. Sie will nur gezielt und konsequent eingesetzt werden.
Wir kennen dieses Prinzip auch aus der Schule. Dort war es deswegen mühsam, weil wir meist kein Interesse und keine Lust dazu hatten. Die Motivation, es doch zu tun, war die Angst vor Strafe (schlechte Note, Strafarbeit, …). Trotz Zwang konnten wir dank vieler Wiederholungen Erfolg haben. Auch wenn der Sinn und der Inhalt einiger Gedichte vielleicht auf der Strecke blieben. Wenn wir es weiter wiederholen, täglich, wöchentlich, monatlich, jährlich, haben wir schnell eine Programmierung oder ein Muster im Gehirn abgespeichert. Veränderungen erfolgen durch ein Überlernen (durch Wiederholungen), nicht durch Löschung. Das kann bisweilen schwierig werden. Man braucht Disziplin und viele Einheiten, da man bei Enttäuschungen schnell wieder in alte Gewohnheiten zurückfällt. So funktioniert das mit dem Pauken in der Schule. Einfach nur die Erkenntnis eines Sachverhalts heißt noch lange nicht gelernt. Erst die Wiederholung der Erkenntnis macht es zum Erlernten. So ist es beim Sport, beim Musizieren, beim Schauspiel. Ohne Übung und ständige Wiederholung keine Perfektion. Von einem Fünf-Sterne-Geiger wird berichtet, dass er mehr als zehntausend Stunden geübt hat.
Durch permanente Wiederholungen werden die neuronalen Verknüpfungen im Gehirn fester und fester. Vergleichbar mit einem Muskel. Wenn der Muskel seine Kontraktion stetig wiederholt, spricht man von körperlichem Training und der Körper zeigt seine Anpassung in Form von Muskelzuwachs und einer Leistungssteigerung. Je mehr Wiederholungen das Hirn erlebt, desto tiefer prägen sich Erfahrungen als Reiz-Reaktion-Verknüpfung in unser Gehirn ein, desto breiter werden die Datenautobahnen und desto stärker werden die aktivierten synaptischen Verbindungen. Das Gehirn arbeitet ökonomisch. Es schaltet durch Gewohnheiten in einen Energiesparmodus. Zwischen dreißig und fünfzig Prozent unseres täglichen Verhaltens werden von Gewohnheiten bestimmt. Ein cleveres Energie-Einsparpotenzial unseres Oberstübchens. Es ist die Neuroplastizität, die unser Leben verändern kann, wenn wir es wollen. Das Gehirn ist in der Lage, sich anzupassen und neu zu verdrahten. Die Wiederholung von bestimmten Denk- und Verhaltensmustern kann dazu führen, dass sich neue neuronale Verbindungen bilden. Die Wiederholung von positiven Gedanken, Achtsamkeitsübungen und Stressbewältigungstechniken kann dazu beitragen, unser emotionales Wohlbefinden zu fördern und unsere Reaktion auf Stressoren zu verändern.
Wiederholung geht auch negativ
Der Schuss kann aber auch nach hinten losgehen. Wer wiederholt betont, wie krank er ist, und Krankheit permanent als sein zentrales Gesprächsthema demonstriert, der wird sich selbst nie als gesund wahrnehmen. Wer stets eine Wand von Problemen vor sich sieht, der wird sich nie überwinden. Die Kraft der Gedanken, die man immer und immer wieder im Kopf hat, zwingt den Menschen in seine ausgemalte Lebenslage.
Zum Umprogrammieren unserer Festplatte gehört nicht allein das positive Denken, sondern die Häufigkeit, mit der man positiv und gesund denkt. Täglich, in jeder freien Minute. Morgens vor dem Aufstehen, kurz nach dem Aufwachen. Abends kurz vor dem Einschlafen.
Praktiziere bewusste Gedankenpflege und die Kontrolle deiner Selbstgespräch einen Monat lang. Unser Gehirn speichert Informationen am besten, wenn sie zwischen einundzwanzig und achtundzwanzig Tage lang wiederholt werden. Dann sind sie gespeichert, programmiert. Das heißt also, mindestens einen Monat lang dreimal täglich mental arbeiten. Wir sind beim Erschaffen und Gestalten unseres Lebens und unserer Gesundheit weitaus mächtiger, als wir glauben. Unsere Worte, die wir wiederholt sprechen, und unsere Gedanken, die wir wiederholt denken, formen jeden Tag, jede Stunde und jede Sekunde unsere Realität.
Holger Jungandreas‘ Motto ist „Irgendwas geht immer.“ Er ist diplomierter Sportwissenschaftler und Mentaltrainer und hat sich auf das Thema „Positive Lebenseinstellung“ spezialisiert. Für den mehrfachen Buchautor, Coach und Keynote Speaker ist Pessimismus „heilbar“. Und das bringt er seit über 25 Jahren in seinen Seminaren, Trainings und Vorträgen rüber.