Was die drei Musketiere konnten, können wir doch auch, oder? Schafft einer eine Aufgabe nicht allein, schultern die anderen sie mit – das Prinzip SCRUM könnte von ihnen erfunden worden sein.
MIt dem Wasserfall gegen SCRUM 0:1
SCRUM setzt dem Wasserfall-Modell iterative,
anpassungsfähige und dynamische Entwicklungsprozesse entgegen
Die nach dem Unternehmensberater Henry L. Gantt benannten Diagramme stellen den zeitlichen Ablauf eines Wasserfall-Projekts in Balken dar. Sie lassen die Länge und Abfolge bestimmter Aktivitäten eines Projekts wie eine Art stilisierte Kaskade wirken. Managern und Stakeholdern kommen diese präzise gefassten Pläne entgegen, weil sie meinen, damit einen genauen Überblick über ihre Ressourcen, Zeiten und Finanzen zu gewinnen. Die Beliebtheit dieses Instruments macht es dennoch nicht tauglicher für eine erfolgreiche Projektplanung. Es schwächelt vor allem in einem Punkt: Der Erfolg steht und fällt mit einem einzigen Akteur, dem Projektmanager. Das Team dagegen verharrt im Windschatten und verliert den Überblick, was negative bis monströse Folgen zeitigen kann.
Während die Wasserfall-Methode als linearer Prozess das Projekt auf direkter Linie von A bis Z und nach einem strikt definierten Vorgehen abwickelt, bedient sich die SCRUM-Methode phasenweiser Intervalle. Den Anfang machen die Analyse der Anforderungen und die Vorgaben zu Bau, Testung und Lieferung eines Produkts. Im Wasserfall-Modell steht zu Beginn ein Pflichtenheft, das alle Ziele und Vorgaben präzise festhält. Die Eintaktung in einzelne, klar umrissene Phasen bedingt, dass eine neue Phase erst dann beginnen kann, sobald die alte für abgeschlossen erklärt wird.
SCRUM tauchte ursprünglich als Gegenentwurf zur vorher gängigen Praxis in einem Aufsatz der japanischen Wissenschaftler Ikujiro Nonaka und Hirotaka Takeuchi The New New Product Development Game auf. Aus den ersten Ansätzen entwickelten Ken Schwaber, Jeff Sutherland und Mike Beedle in den 1990er-Jahren die Projektmanagementmethode SCRUM. Bis heute sind sie damit beschäftigt, sie zu optimieren und zu verbreiten.
SCRUM-Teams arbeiten – ganz wie im Rugby – als kleine, sich selbst organisierende Einheiten, die von außen lediglich die Richtung erhalten. Als heuristisches Framework berücksichtigt SCRUM den Grundsatz, dass Teams beim Start eines Projekts noch über wenig Transparenz und Kenntnis über die spezifischen Anforderungen und Lösungen verfügen und sich erst durch stetige Erfahrung und Lernen weiterentwickeln. Der flexible Prozessverlauf macht es möglich, dass Teams auf Projektänderungen mit neuen Zielvorgaben reagieren können. Kurze Release-Zyklen befähigen Teams fortlaufend dazuzulernen und sich kontinuierlich zu steigern.
So geht’s bestens!
Sutherland hält eine höchstmöglich produktive Zusammenarbeit für den wichtigsten Erfolgsfaktor innerhalb des SCRUM-Frameworks. Wie man seine Produktivität puschen kann, weist er in vier leistungsstärkenden Turbos auf:
Erstens: Lass deine Team-Kollegen entscheiden, wie sie ihre Ziele erreichen wollen.
Zweitens: Gib deinen Mitarbeitern ein gemeinsames Ziel und einen Sinn. Sie müssen wissen und spüren, wofür sie sich engagieren.
Drittens: Teams sollten sich regelmäßig und bereichsübergreifend austauschen. Teams sind idealerweise interdisziplinär besetzt und mit allen Fähigkeiten ausgestattet, die es braucht, um das Projekt zum Erfolg zu führen.
Und viertens: Kleine Teams sind schlagkräftiger. In der Regel sind sieben Leute (plus minus zwei) eine ideale Größe.
SCRUM bedient sich aus vier zentralen Werten (»Agiles Manifest«)
Dargelegt im Agilen Manifest der Agilen Alliance (unter Vorsitz von Jim Highsmith) vom 11. Februar 2001.
Beim agilen Arbeiten kommt es mehr denn je auf die richtige Haltung und Einstellung an. Etabliert hat sich daher im SCRUM ein essenzielles Wertesystem aus Selbstverpflichtung und Mut, Fokussierung, Offenheit und Respekt.
Commitment
Psychologie ist alles. Wer sich dem, was er tut, voll verpflichtet fühlt, wird seine Ziele leichter erreichen. Innerhalb einer Iteration sollten sich die Teams also auf ein spezifisches Ergebnis verständigen. Prozesse und Tools sind dazu da, den Mitwirkenden zum Erfolg zu verhelfen. Und nicht umgekehrt!
Mut
Agiles Arbeiten setzt Anpassungsfähigkeit und Flexibilität voraus – sich etwas zutrauen und Verantwortung übernehmen braucht Mut, denn – es könnte ja Folgen haben.
Fokus
Der Blick muss klar sein. Was hilft dem Ziel, was nicht? Umwege und Verschleiß werden vermieden, wenn alle fokussiert sind. Fokussierung ist für das bestmögliche Ergebnis unerlässlich – aber auch unentbehrlich, um überhaupt ein Sprintziel zu erreichen.
Offenheit
Ohne offene Information und transparente Kommunikation können keine durchdachten Entscheidungen fallen. Der Einzelne muss bereit sein, sich auf Neues einzulassen und Transparenz herzustellen.
Respekt
SCRUM ist Teamarbeit. Diese funktioniert nicht ohne Respekt und Toleranz für die individuellen Grenzen, Fähigkeiten, Standpunkte und Entscheidungen der anderen. Die Bereitschaft, auch einmal Anregungen aufzunehmen, seine eigene Haltung zu überdenken, ist essenziell. Als empirische Methode beruht die Effizienz von SCRUM auch auf einem gemeinsamen Wertesystem und einer gemeinsamen Haltung.
Prof. Dr. Dennis Lotter ist Agent Provocateur in Sachen digitale Transformation. Mit Elan und Leidenschaft jagt er die Schreckgespenster der Wirtschaft. Als Keynote Speaker und Trainer holt er Menschen aus ihren Komfortzonen und begleitet sie als Berater und Agile Coach in digitalen Veränderungsprozessen. Seine Mission: Unternehmen bewegen, sich selbst zu bewegen – stracks in Richtung digitale Zukunft.