Wie innen, so außen! Wie Zusammenarbeit im Job zur Transformation beiträgt

In der aktuellen Ausgabe des evolve- Magazin für Bewusstsein für Bewusstsein ist mir ein Beitrag besonders aufgefallen. Es geht darin um die siebzehn Ziele zum nachhaltigen Leben auf diesem Planeten. Eine Grundvoraussetzung dazu: Die Veränderung unser Haltung. Doch wie kann das gelingen? Wie schaffen wir die Transformation – mit uns selbst?

Innere Entwicklung als Basis für äußere Veränderungen

Es geht hier um die 17 Sustainable Development Goals (SDGs) zum nachhaltigen Leben auf diesem Planeten, die sich die Mitgliedsstaaten der UN bis 2030 gesetzt haben. Davon mal abgesehen, dass der Zeitraum knapp bemessen ist, sind diese hehren Ziele nur dann zu erreichen, wenn wir unser Verhalten ändern. Die Grundvoraussetzung jeglicher Verhaltensänderung – und da bin ich wieder bei meinem Lieblingsthema- ist notwendigerweise die Veränderung unserer Haltung. Eine 2019 in Stockholm gegründete Vereinigung hat aus diesem Grund formuliert, welche 23 geistig-emotionalen und sozial-psychologischen Ziele erreicht werden müssen, damit wir die Menschen sind, welche die globalen Veränderungen überhaupt einleiten und umsetzen können (Inner Developement Goals: IDG‘s). Die Weisheit „Wie innen so auch außen“ ist nun eine wichtige Perspektive, um das Leben in dieser Welt lebenswerter zu gestalten.

Das motiviert mich, darüber nachzudenken, wie diese Ziele dort umgesetzt werden können, wo die meisten Menschen täglich am intensivsten miteinander zu tun haben. Das sind die Unternehmen. Hier finden die IDGs gleichzeitig ein vielfältiges Umsetzungsfeld für eine wertschätzende, kooperative und damit wirksamere Zusammenarbeit im Sinne nachhaltiger Ergebnisse. Unternehmen können derart im Kleinen die menschlichen Qualitäten beflügeln, welche für das gesamte Zusammenleben auf dieser Erde notwendig sind. Dann können auch Unternehmen schneller ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten.

So schaffen wir die Transformation – mit uns selbst

2021 haben die IDG-Leute einen umfangreichen Report herausgegeben, der auf Basis von mehreren internationalen Umfragen und Konferenzen basiert. Die 23 Inner Developement Goals sind in fünf Kategorien aufgeteilt:

  1. Sein-Beziehung zu sich selbst
  2. Denken — Kognitive Fähigkeiten
  3. Beziehung – Sich um andere und die Welt kümmern
  4. Zusammenarbeit — Soziale Kompetenzen.
  5. Handeln – Den Wandel vorantreiben

Sein- Beziehung zu sich selbst

Unser inneres Leben zu kultivieren und unsere Beziehung zu unseren Gedanken, Gefühlen und unserem Körper zu entwickeln und zu vertiefen, helfen uns, präsent, absichtlich und nicht reaktiv zu sein, wenn wir komplexitätsbezogen sind.

Inwiefern leben wir unsere Werte? Welche sind das? Und wie können wir diese Werte in unsere Tätigkeit einbringen und auch in der Zusammenarbeit für alle nutzbar machen? Hier lohnt es sich, eine Bestandsaufnahme zu machen. Z.B. bei den nächsten Team-Meetings oder Zielgesprächen. Es geht auch darum, zu überprüfen, wie präsent und souverän jeder einzelne ist, seine Ideen einzubringen. Thema Selbsterlaubnis!  Was lässt die Führungskultur zu, wie kann man sie modifizieren? Ohne Gesichtsverlust, sondern mit Gewinn für das Unternehmen. Auch Offenheit gehört damit in diese Rubrik. Auch sich selbst gegenüber. Wie stark und ehrlich ist jeder bereit, seine eigenen Befindlichkeiten, Bedürfnisse, Erwartungen zu erkennen und sie auch auszudrücken? Was kann jeder tun, falls dies noch nicht Kultur ist, diese zu verändern? Was ist notwendig, um diese Grundbedürfnisse in für alle nützliche Kanäle bzw. Prozesse fließen zu lassen? Wenn wir zumindest mittelfristig unser ureigenstes Selbst nicht leben – es oft mit dem als schlecht beleumundeten Egoismus verwechseln- werden wir unzufrieden und krank. Das wirkt sich auf unser Umfeld und unsere Umwelt aus.

Denken — Kognitive Fähigkeiten

Die Entwicklung unserer kognitiven Fähigkeiten durch unterschiedliche Perspektiven, die Bewertung von Informationen und die Verständlichkeit der Welt als vernetztes Ganzes ist für eine kluge Entscheidungsfindung unerlässlich.

In einer immer schnelleren, volatilen, unsicheren und mehrdeutiger werdenden Welt (VUKA) wird es besonders für die Menschen in Organisationen notwendig, schneller zu reagieren und bisher erfolgreiche Wege der Abläufe und Zusammenarbeit immer wieder neu zu hinterfragen. Hüte sind oft schon alt, wenn man sie erst ein paar Mal „aufgesetzt“ hat. Soll heißen: wir müssen lernen, flexibler unsere Perspektiven zu verändern. Nicht nur das: um erfolgreich und im Sinne der Stake Holder wirksam zu sein, brauchen wir mehrere Hüte -um bei diesem Bild zu bleiben- die wir uns aufsetzen sollten. Die Sicht des Kunden, der internen Schnittstellen und externen Beteiligten werden immer wichtiger für Entscheidungen. Genauso wie die Kommunikationsmittel, mit denen am wirksamsten gearbeitet werden kann. Die Fragen: Was bewegt den Kunden? Wie lassen sie sich und andere Schnittstellen, wie Kollegen anderer Abteilungen, Marktbeteiligte und bisher -fremde einbeziehen? Das erfordert vor allem von Führung, Entscheidungskompetenzen abzugeben. Denn Kundennähe und Konsequenzen für die Beteiligten kennen diejenigen am besten, die diesen Personen am nächsten sind. Es ist wichtiger, Fragen zu beantworten, wie „Was wollen wir für eine bessere Welt unserer Kunden bewirken?“ als „Welches Produkt, welches Angebot ist das sinnvollste?“. Im ersten Fall entstehen dann von allein immer wieder neue Geschäftsideen (siehe Apple!). Im zweiten „nur“ neue Produkte oder Dienstleistungen, die dann schnell mit Krokodilstränen aus der schnelllebigen Zeit fallen. Dazu sollten mehr und mehr Metaebenen eingenommen werden, statt akribisch an konkreten Abläufen festzuhalten. Schwere Kost für Gewohnheitstiere. Doch hier greift der alte Einstein wieder zu „Ein Problem ist nicht mit den gleichen Mitteln zu beheben, durch das es entstanden ist“.

Beziehung – Sich um andere und die Welt kümmern

Wertschätzung, Fürsorge und das Gefühl, mit anderen wie Nachbarn, zukünftigen Generationen oder der Biosphäre verbunden zu sein, hilft uns, gerechtere und nachhaltigere Systeme und Gesellschaften für alle zu schaffen.
Auch wenn der Spruch von JFK inzwischen altbacken klingen mag („Überlege nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst“). Ich halte es für immer essenzieller, dass alle in einem Unternehmen Beschäftigten genau das tun: überlegen, welchen Beitrag sie für die anderen leisten können, damit alle profitieren. Das bedeutet eben nicht nur, an den Erhalt des eigenen Arbeitsplatzes zu denken, der ja auch vom Unternehmenserfolg abhängt. Es bedeutet, heruntergebrochen auf die Arbeitsebenen, vor allem, die Beziehungen zu den Kollegen, den Führungskräften und Kunden zu stärken. Fragen wie „Was kann ich für mein Team tun? Welche meiner Fähigkeiten bringen es weiter? Wie kann ich andere so unterstützen, dass sie weiterkommen und so allen nutzen?“ Und es gehört die Fähigkeit der Empathie dazu: „Wie geht es dem anderen mit mir?“, „Was bewegt den Kollegen, wenn er so oder so auf mich aktuell reagiert,?“, „Wie können wir es schaffen, genau über Befindlichkeiten, Wünsche und Erwartungen zu reden?“. Es geht darum, auch den eigenen Anteil an einer Situation zu erkennen. Das müssen nicht immer schwierige oder gar konfliktäre Momente sein. Da gilt es dann besonders. Wir können uns angewöhnen, auch im Voraus schon die eigenen Gedanken zu überprüfen, bevor wir in ein Kunden-, Kollegen-, Ziel- oder Führungsgespräch gehen. Davon hängt der Erfolg nicht nur unserer eigenen Anliegen und Ziele ab, sondern auch der des Gegenübers. Das hat Henry Ford gut erkannt, als er sagte „Ob du denkst, du wirst erfolgreich sein oder nicht, du wirst in jedem Falle Recht behalten!“ Wenn wir das öfter bedenken, brauchen wir die Ursachen von Misserfolg nicht bei anderen oder den Umständen suchen. Und da wir nach dem Reiz-Reaktions-Prinzip nicht auf das wirklich Gesagte oder Gesehene reagieren, sondern auf unsere eigenen Interpretationen, ist eine überprüfende Reflexion ebenfalls eine Grundvoraussetzung von tragfähigen Beziehungen.

Zusammenarbeit — Soziale Kompetenzen 

Um Fortschritte bei gemeinsamen Anliegen zu erzielen, müssen wir unsere Fähigkeiten entwickeln, um Stakeholder mit unterschiedlichen Werten, Fähigkeiten und Kompetenzen einzubeziehen, Raum zu halten und mit ihnen zu kommunizieren.
Die unter 3.) gestellten Fragen können nur dann wirklich beantwortet und die Antworten nur dann umgesetzt werden, wenn die Führungsebenen eine vertrauensgeleitete und wertschätzende Kultur des Miteinanders wollen(!) und entsprechende Beziehungen gestalten und vorleben. Wen wir endlich die angstauslösenden, destruktiven und entmündigenden Wettbewerbsgedanken aus dem Unternehmensalltag entfernen. Das Salz in der Suppe ist Vertrauen. Dazu zählen dann auch eine offen kommunizierte Risikobereitschaft und Fehlerkultur. Es geht darum, darauf zu setzen, was funktioniert, statt auf Mangel und Schuld zu fokussieren. Führungskräfte können, nein: sollten sich die Fragen stellen: „Warum sollte sich jemand von mir führen lassen?“, „Wie stark kann ich auf einer gedachten Skala von 1-10 Macht und Kompetenzen abgeben? Wie stark Fehler als Lernprozess verstehen?“ etc. Dazu braucht es auf jeder Ebene einen offenen Austausch und eine hohe Bereitschaft, voneinander zu lernen. Ebenfalls, sich für ehrliches und konstruktives Feedback als Geschenk zu bedanken statt es als Anmaßung abzuwehren.
Außerdem können in regelmäßig dazu stattfindenden Team-Sequenzen die Zusammenarbeit und dessen Optimierungen überprüft werden. Mit Kollegialer Fallberatung können auf jeder Ebene und auch hierarchieübergreifend Probleme bzw. schwierige Situationen aus dem Alltag im gleichen Alltag gemeinsam konstruktiv-wertschätzend bearbeitet werden. Das schafft ein emotional starkes Klima des Vertrauens und die unschätzbare Erfahrung von Selbstwirksamkeit von Einzelnen oder Teams. Jeder profitiert von den Erlebnissen der anderen und den für sie gefundenen Lösungen.

Und es geht bei diesem Punkt um die Anerkennung der Einzigartigkeit jedes einzelnen Menschen. Unabhängig von seiner Herkunft, Ausbildung, Glaubensbekenntnissen. Es geht um das Erkennen der ganzen Ressourcenbreite und -tiefe, sowie um Fähigkeiten und Kompetenzen. Führungskräfte müssen erkennen, ob dieses Profil in seiner Gesamtheit für den Aufgabenbereich passt und dies immer wieder entsprechend überprüfen, ansprechen und ggf. gemeinsam (!) modifizieren, entwickeln und fördern. Und wenn es nicht (mehr) passt, dann gilt auch dann, die Einzigartigkeit des Mitarbeitenden weiterhin anzuerkennen, auch wenn man sich zugunsten beider Seiten trennen muss.

Handeln – Den Wandel vorantreiben

Qualitäten wie Mut und Optimismus helfen uns, echte Entscheidungsfreiheit zu erlangen, alte Muster zu durchbrechen, originelle Ideen zu generieren und in unsicheren Zeiten beharrlich zu handeln.

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“

So banal Erich Kästners Zitat klingen mag: es stimmt noch immer! Und ich behaupte: es ist aktuell bedeutender denn je!

Es bleibt oft keine Zeit, die Entscheidungen unzählige Male von allen Seiten zu betrachten, in mehreren Gremien zu besprechen, bewerten und genehmigen zu lassen. Dann ist der ebenfalls oft zitierte Zug abgefahren. Und Sie merken: all das vorher Betrachtete ist die Voraussetzung, in dieser Zeit zu wirksam zu handeln. So wenig Zeit wir noch haben, die Lebensgrundlagen auf dieser Erde zu erhalten, so wenig Zeit bleibt, in entsprechend kleineren Maßstäben den einzelnen Menschen in Unternehmen, Entscheidungen umzusetzen und Abläufe, Produkte und Dienstleistungen, Strukturen den äußeren Gegebenheiten anzupassen. Das bedeutet auch, generell den Mut zu haben, zu handeln. Vielleicht auch gegen den Mainstream im Unternehmen. Vielleicht auch mit erhöhtem Risiko. Vielleicht auch mit einem Plan B für sich selbst. Und vielleicht auch gleichzeitig mit dem Gefühl, über sich und seine Bedenken hinausgewachsen zu sein. Etwas Elementares über sich und sein eigenes Wesen gelernt zu haben. Vielleicht auch mit einer ganz neuen Sicherheit, vom Team und Vorgesetzten gehalten, unterstützt zu werden. Weil es eben nicht nur um die Sache geht, sondern um den Menschen. Fehler und Misserfolge werden so zu Sprungbrettern zu mehr Selbstvertrauen.

Fantasie und Kreativität können nur dann entstehen, wenn die Menschen angst- und druckfrei arbeiten können. Und von diesen Fähigkeiten wird immer mehr benötigt. Sie müssen schnell abrufbar gute Lösungen für Kunden und Unternehmen gleichermaßen hervorbringen. Und Ideen werden oft nicht genutzt, weil sie nicht „auf den Markt“ kommen, weil er zu oft von hierarchischen Eitelkeiten beherrscht ist. Warum nicht mal den Pförtner nach Ideen zum neuen Produkt fragen? Das ist auch ein Mensch mit Hirn, Beziehungen und Erfahrungen. Und Fantasie!

Die Führung sollte sich also um die Menschen kümmern. So wie es Götz Werner, der Gründer der dm-Drogeriekette, einmal vor seinen Managern formulierte. Dann kümmern sich die Mitarbeiter ganz von allein um die Umsätze. Das gilt auch für die meisten anderen Arbeitsergebnisse. Leidenschaft zum Handeln entsteht eben nicht allein durch Position und Entlohnung, sondern durch Anerkennung der eigenen Person und Persönlichkeit. Mit allem Drum und Dran.

Retten wir das Innen – dann folgt das Außen automatisch!

Bevor wir also die Welt retten, sollten wir uns erst einmal selbst retten. Und zwar das, was uns ausmacht und viel zu lange wegen allzu direktiver Normen in uns unentdeckt schlummerte. Und wir sollten uns vor unserem inneren Kritiker retten, der uns daran hindert, auch mal etwas anderes, nicht Gewohntes zu tun. Uns aus unserer eigenen Komfortzone retten. Und wir sollten uns und alle anderen uns umgebenden Personen davor retten, zu einfältig zu sein. Denn so stehen wir alle der Entwicklung unserer inneren Qualitäten selbst im Wege. Und können uns nicht als selbst Handelnde erleben. Und dazu brauchen wir seit Anbeginn andere Menschen. Wie im Innen, so im Außen!  

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