Nicht schon wieder brainstormen das denken Mitarbeiter oft, wenn sie zur Ideensuche zusammensitzen. Auch weil sie aus Erfahrung wissen: So kommen wir nicht auf wirklich neue, brauchbare Ideen. Warum also nicht mal ein anderes Vorgehen wählen? Das kostet nichts und bringt oft viel.
Was tun Unternehmen meist, um auf neue Ideen zu entwickeln? Sie bilden eine Arbeitsgruppe und diese trifft sich zu einem Brainstorming, bei dem die oberste Regel lautet: Es gibt keine (Denk-)Vorgaben. Dann geht’s los. Und schon sprudeln die Ideen. So viele Geistesblitze durchzucken den Raum, dass die Sprinkler-Anlage in der Decke ausgelöst wird.
Sieht so die Realität aus, wenn sich ein Team in einem Unternehmen auf Ideensuche begibt? Nein! Zumeist gibt es bei einem solchen Meeting keine Geistesblitze, sondern maximal kleine Funken. Denn das Brainstorming ist eine der schlechtesten Methoden zum Entwickeln neuer Ideen, die den Anforderungen der Unternehmen entsprechen. Aus folgendem Grund: Beim Brainstormen gehen die Beteiligten meist unvorbereitet ans Werk. Sie fokussieren ihre Energie zudem nicht auf ein definiertes Ziel. Und: Die Ideensuche verläuft weitgehend unstrukturiert. Entsprechend ist meist die Qualität der Ideen: unbrauchbar.
Doch wie sollte man stattdessen vorgehen? Im Unternehmensalltag hat sich eine Reihe von Techniken jenseits von „Lass uns mal brainstormen“ bewährt. Merken Sie sich das Stichwort APFEL – eine Eselsbrücke, die verschiedene Kreativtechniken zusammenfasst:
- Assoziationen – die Basistechnik der kreativen Themenfindung,
- Perspektivenwechsel – das Ideenfinden durch ein Wechseln der Rolle und Funktion,
- Fragetechniken wie die „Unbekannt“-Fragen
- Ebenenwechsel – die Kunst, Fragestellungen zu abstrahieren und danach wieder zu konkretisieren,
- Lotteriemethode – die Ideenfindung mit Hilfe zufälliger Inspirationen
Mit dem APFEL im Kopf können Sie den Prozess der Ideenfindung in einer Gruppe gut steuern. Und das Raffinierte daran ist: Sie können die verschiedenen Techniken kombinieren. Sie können zum Beispiel erst Assoziationen entwickeln und dann Fragen zu den Assoziationen stellen. Oder erst Assoziationen bilden und dann die Ebene wechseln. Oder aus verschiedenen Perspektiven Fragen bilden.
Assoziationen wecken: der Einstieg in die Kreativrunde
Saugen Sie zunächst die naheliegenden Einfälle ab. Starten Sie mit der banalsten aller Fragen: „Hat jemand Ideen für …?“ Lassen Sie die Teilnehmer zwei, drei Minuten lang alles herunterschreiben, was ihnen zur vorgegebenen Fragestellung einfällt. Sammeln Sie danach die Stichworte in Form eines Mindmap auf einem Flipchart. Oder noch besser: Hängen Sie leere Flipchartbogen an die Wand und fordern Sie Teilnehmer zum Schreiben auf. Silent Thinking heißt diese Methode. Sie ist wunderbar! Denn alle halten zunächst den Mund und denken nach. Das bringt mehr, als wenn alle gleich wild drauflos plappern. Die so gewonnenen Assoziationen und ersten Ideen bilden eine gute Ausgangsbasis für die weitere Ideenfindung mit Hilfe anderer Kreativtechniken.
Perspektivenwechsel: der Blick aus einer anderen Richtung
Versetzen Sie die Teilnehmer in neue, ungewohnte Rollen. Anstatt allgemein zu fragen „Was fällt Ihnen zum Thema ein?“ vergeben Sie Rollen. Entweder naheliegende Rollen wie:
- „Sie sind ein frustrierter Kunde. Was denken Sie zum Thema?“ Oder:
- „Sie sind der Innovationschef unseres Mitbewerbers. Welche Gedanken haben Sie?“
Oder ausgefallene:
- „Sie sind der Redakteur der Zeitschrift …. Wie sieht die Seite 1 Ihres Magazins zum Thema aus?“
- „Sie sind ein Comedian und machen einen Gag über das Thema. Welchen?“
Solche Rollenwechsel führen zu neuen Sichtweisen und somit Ideen. Vielleicht ist eine davon der kreative Treffer, der den Weg zur Lösung weist. Und vergessen Sie nicht den Perspektivenwechsel mit anderen Kreativtechniken zu kombinieren! Betrachten Sie zum Beispiel die Assoziationen aus verschiedenen Perspektiven.
Fragen: das unbekannte Terrain erkunden
Eine sehr einfache, aber wirkungsvolle Kreativtechnik ist das Stellen von „Unbekannt“-Fragen. Fordern Sie Ihre Mitdenker zum Beispiel auf, in fünf Minuten alles aufzuschreiben, was sie NICHT über das Thema wissen – und zwar in Frageform. Vielleicht verbergen sich dahinter genau die Knackpunkte, die der Lösung Ihres Problems im Wege stehen. Auch hier gilt: Kombinieren Sie das Beantworten von Unbekannt-Fragen mit anderen Kreativtechniken – zum Beispiel dem Perspektivwechsel. Fragen Sie zum Beispiel: „Was weiß ein Techniker nicht über dieses Thema?“ Oder: „Welche Fragen stellt sich die Mutter eines dreijährigen Kindes, wenn Sie …? Auf welche Fragen sucht sie dann Antworten?“
Ebenenwechsel: Heben Sie geistig ab!
Beim Ebenenwechsel geht es darum, schnell von der konkreten auf die abstrakte Ebene und wieder zurück zu wechseln. Ein Beispiel: Sie suchen nach neuen Anwendungsgebieten für Ihre Projektmanagement-Software, um sich neue Kundengruppen zu erschließen. Wenn Sie wissen wollen, wozu die Software mit geringen Anpassungen noch genutzt werden könnte, wechseln Sie zunächst auf die abstrakte Ebene: „Eine Projektmanagementsoftware hilft Menschen, komplexe Aufgaben zu strukturieren und zu lösen.“ Danach wechseln Sie wieder zurück auf die konkrete Ebene: „Was kann oder muss man außer Projekten noch strukturieren?“
So kann aus einer Projektmanagementsoftware zum Beispiel eine Software zum Strukturieren von Meinungsbildungsprozessen oder zum Planen von Großveranstaltungen werden. Ein Ebenenwechsel empfiehlt sich, wenn Sie vorhandene Lösungen auf neue Anwendungsgebiete übertragen wollen. Sie kennen die Antwort schon, suchen aber noch das passende Problem. Stellen Sie sich einfach vor, jemand kommt zufällig bei Ihnen vorbei, sieht Ihre Lösung und sagt: „Wow! Genau das brauche ich.“ Wer könnte dies sein und wie lautet seine Frage?
Lotteriemethode: Der Zufall regiert
Inspirationslotto – eine total verrückte Methode, die viel Spaß macht und zuweilen zu wirklich ausgefallenen Ideen führt. Teilen Sie Ihr Kreativteam in Zweiergruppen auf. Werfen Sie dann wahllos Begriffe in den Raum: „Bergbahn“, „Pförtner“, „Aprikosensaft!“. Die Teams sollen anschließend binnen sechzig Sekunden zum Beispiel eine Idee für eine Marketingkampagne oder Verkaufsaktion generieren, die im weitesten Sinne etwas mit der Ausgangsfrage und Zufallsinspiration zu tun hat. Diese Methode ist praktisch nicht zu beschreiben. Probieren Sie sie einfach aus. Am Besten zum Schluss. Dann erinnern sich Ihre Mitdenker voller Freude an das Meeting und kommen gerne wieder. Oder zwischendurch, wenn scheinbar nichts mehr geht. Danach haben Sie wieder eine lockere, heitere Stimmung im Raum und die Ideen fließen.
Mit zwölf Büchern (u.a “Digitale Disruption“. „Radikale Innovation) gilt Dr. Jens-Uwe Meyer als führender Vordenker und Keynote Speaker für Innovation und Digitalisierung. Er gehört zur exklusiven Riege der Meinungsmacher beim manager magazin. In seiner Promotion untersuchte er, was Unternehmen zu Innovation Leaders macht. Als Unternehmer entwickelt er heute Software, mit der Unternehmen und Organisationen zu digitalen Gewinnern werden.