Inner Work – eine Mogelpackug

Vertreter:innen von neuen Wegen der Arbeit stellen immer wieder die Wichtigkeit der sogenannten inner Work heraus. Sie wird als Voraussetzung oder Fundament für den Erfolg einer modernen Arbeitorganisation dargestellt. Das stimmt sogar. Doch was bringt die Arbeit am Selbst, wenn das System gar nicht neu ist?

Schon seit Jahrzehnten füllen Kilometer von Ratgebern über das bessere Selbst die Regale von Bücherläden. Aktuell heißt es Selbstoptimierung. Da beginnt der Tag um 4.30 Uhr mit Yoga, anschließender Meditation, dann Joggen, dann Gemüsedrink zum Frühstück und dann, völlig gelassen und fit zur Arbeit. Dort rhythmisiert sich der optimale Mensch nach Pomodoro (Tomate), leistet hoch, um schließlich in der Lounge entspannt die Clubnacht vorzubereiten …

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So selbstreflektiert am oberen Limit der eigenen Leistungsfähigkeit bringt die Mitarbeiter:in sich eigenmotiviert und selbstorganisiert konstruktiv schaffend in die Arbeit ein und führt die Firma zum Einhornerfolg.

So leid es mir tut, das ist völliger Quatsch. Menschen treffen in weit über 90% aller Arbeitsverhältnisse auf die Abhängigkeit und Willkür von Weisungsbefugten. Das gilt genauso für das komplette mittlere Management. Hier spielt dann in regelmäßig die Anweisungsmacht gegen eine egozentrierte Selbstoptimierung. Das hat mit Organisationen, die durch Zusammenarbeit erfolgreich sein wollen, so viel zu tun, wie die Praktiken der Inquisition mit der christlichen Botschaft. Irgendwie gehört es zusammen. Heraus kommt allerdings die Horrorverzerrung der Ideen, die am Anfang standen.

Das Potenzial der Inner Work im Wandel

Die Idee der inner Work ist an sich von großer Bedeutung, und ihre positiven Effekte auf das persönliche Wohlbefinden sind unbestreitbar. Doch es ist essenziell, auch die strukturellen Rahmenbedingungen zu sehen, in denen wir arbeiten. Die Arbeitswelt hat sich verändert, und Firmen stehen vor der Herausforderung, sich an diese neuen Gegebenheiten anzupassen. Eine Weiterentwicklung hin zu einem Wir-Unternehmen, das auf echte Kooperation und Menschlichkeit setzt, ist ein Schlüssel, um das volle Potenzial der Inner Work zu entfalten.

So lange sich die Grundstrukturen der abhängigen Arbeit sich nicht verändern, macht Frau und Mann die innere Arbeit nur für sich selbst. Mit Bezug zum Beruf ist sie eher ein Garant für die nächste Depression, als ein Ausweg. Denn dort stößt die Arbeitnehmer:in auf Systeme, die im krassen Gegensatz zur inneren Gelassenheit stehen. Nur, wenn sich deine Organisation hin zu einem Wir-Unternehmen entwickelt, bekommt Deine Inner Work den Raum zur positiven Aufladung Deines Lebens. Ansonsten steigt allein die Wahrscheinlichkeit für ein emotionales Desaster.

Der Weg zum Wir-Unternehmen

Als Führungskräfte und Geschäftsführer:innen in mittelständischen Unternehmen habt Ihr die Möglichkeit, einen wichtigen Wandel einzuleiten. Die Art, wie Ihr das Unternehmen führt, wie ihr entscheidet, beeinflussen direkt das Arbeitsklima und das Wohlbefinden eurer Mitarbeiter:innen. Indem Ihr euch auf den Weg zum Wir-Unternehmen macht, könnt Ihr die Nachteile der Weisungsbefugnis reduzieren und Raum für echte Mitbestimmung und Selbstorganisation schaffen.

Die Kraft der Kooperation

Zunächst erscheint die Idee eines Wir-Unternehmens oft lebensfremd. Dabei birgt sie ein enormes Potenzial. Ziehen Führungskräfte und Mitarbeiter:innen gemeinsam an einem Strang, entfalten sie das volle Potenzial der inner Work. Sie schaffen dann eine Arbeitsumgebung, die von Vertrauen und Zusammenarbeit geprägt ist. In einem solchen Umfeld haben Selbstoptimierung und Selbstreflexion einen fruchtbaren Nährboden, der die individuelle und kollektive Entwicklung fördert.

Sei deshalb auf der Hut, wenn Du Dich als Mensch auf Reflexion, Achtsamkeit und inneres Gleichgewicht einlässt, um in Deiner Arbeit erfolgreicher zu sein. Schon bald kann Dich das in den klassischen Organisationen arbeitsunfähig machen.

Aus diesem Grund rate ich Dir: Willst Du den Einklang zwischen Deinem Inneren und Deinem Arbeiten erreichen, prüfe zuerst, wie bereit Deine Organisation ist, das wertzuschätzen. Vielleicht ist es bei euch an der Zeit, die Firma zu verändern?

Wege der Veränderung

Die Transformation hin zu einem Wir-Unternehmen ist ein Prozess. Er erfordert Zeit, Mut und Durchhaltevermögen. Dazu gehört das Umdenken, das sich öffnen gegenüber neuen Organisationsstrukturen und Führungsansätzen. Eine schrittweise Annäherung an dieses Ziel ist möglich, und jeder kleine Schritt in Richtung einer kooperativen Unternehmenskultur ist ein großer Schritt in die richtige Richtung.

Die innere Arbeit in Kombination mit strukturellem Wandel

Für Dich als Unternehmer:in oder Geschäftsführer:in kann inner Work kein Selbstzweck sein. Sie soll in Deiner Firma ein Mittel werden, um das Arbeitsleben erfüllender, gesünder und erfolgreicher zu gestalten. Doch allein die innere Arbeit kann ihre volle Wirkung nicht entfalten, wenn sie in einem System verankert ist, das auf formaler Hierarchie und Kontrolle durch Weisung basiert. Die Zukunft der Arbeit liegt in der Entwicklung von We-Companies, in denen jede:r Einzelne gehört und wertgeschätzt und echte Zusammenarbeit gelebt wird.

Als Führungskräfte und Geschäftsführer:innen liegt es in eurer Hand, diesen Wandel einzuleiten und die Weichen für eine positive Zukunft zu stellen. Nehmt die Herausforderung an und gestaltet die Arbeitswelt von morgen – eine Welt, in der Inner Work und struktureller Wandel Hand in Hand gehen und das volle Potenzial der Menschen entfalten. Gemeinsam können wir eine Arbeitskultur schaffen, die auf Achtsamkeit, Kooperation und Menschlichkeit basiert und uns in eine positive Zukunft führt.

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