Der Vorgesetzte spricht, und alle nicken mit dem Kopf so sieht die Meetingkultur in vielen Unternehmen nach wie vor aus. Auf der Strecke bleiben dabei die Lösungskompetenz und Kreativität der Mitarbeiter. Höchste Zeit, umzudenken: Wer den Führungsherausforderungen der Zukunft gerecht werden will, muss die Ideen der Teilnehmer konsequent einbeziehen. Zur Schlüsselkompetenz des Managers geört aber die Fähigkeit dialogorientiert zu moderieren.
Die Zeit der Einzelkämpfer, die im stillen Kämmerlein vor sich hinbrüten und am Ende des Tages ihre Leistung abliefern, ist passé: Ein Großteil der Arbeit findet heutzutage in wechselnden Teams, Projekten und Joint-Ventures statt. Denn in unserer hoch komplexen Arbeitswelt ist immer stärker vernetztes Denken gefragt, das interdisziplinär eine Vielzahl von Argumenten und Einflussgrößen berücksichtigt. Dementsprechend ist die Bedeutung von Gruppenbesprechungen, Telefonkonferenzen, Verhandlungen und Workshops in den letzten Jahren immens gestiegen. Dort sollte nur eines zählen: fachliche Expertise – und nicht der Rang des jeweiligen Teilnehmers. Leider ist dies jedoch nicht immer der Fall.
Führungskräfte müssen Dialoge initiieren und begleiten
Führungskräfte – ganz gleich, ob Geschäftsführer, Abteilungsleiter oder Projektmanager – stellt dies vor neue Herausforderungen: Es genügt nicht mehr, als einsamer Wolf Entscheidungen zu treffen und diese von den Teilnehmern blind umsetzen zu lassen. Vielmehr sind Vorgesetzte angesichts vielschichtigerer Aufgabenstellungen dringend auf das Wissen und die Ideen sämtlicher Gruppenmitglieder angewiesen.
Damit ist mehr denn je ihre Fähigkeit zur Moderation gefragt. Denn all diese Projekt- und Teamgespräche können nur dann zu greifbaren Ergebnissen führen, wenn sie professionell geleitet werden. Führungskräfte sollten daher bei Meetings die Rolle des Moderators übernehmen. In dieser Funktion halten sie sich inhaltlich komplett zurück und konzentrieren sich stattdessen darauf, einen konstruktiven und lebhaften Dialog zwischen den Teilnehmern zu fördern.
Als Moderatoren sorgen sie dafür, dass die Diskussion in Schwung kommt und im Verlauf auch wirklich alle ihr Know-how einbringen – nur so können am Ende alle Argumente in die Entscheidungsfindung mit einfließen. Ein offener Dialog zwischen allen Beteiligten ist die Basis für die Nutzung der unterschiedlichen Kompetenzen und Ressourcen der Mitarbeiter – und dessen Folge eine tragfähige Lösung, die von allen im Team gemeinsam erarbeitet wurde. In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass dieser Weg zu fruchtbareren Ergebnissen führt als einseitige Chefvorgaben.
Fragen bringen Schwung in die Debatte
Doch wie kann ein Moderator einen solchen Dialog unterstützen, ohne ins Thema einzugreifen? Schließlich ist er für den Moderations- und Lösungsfindungsprozess, nicht aber die Inhalte zuständig. Diese sollen ja gerade von den Teilnehmern als Expertenbeiträge eingebracht und gemeinsam in der Gruppe erarbeitet werden. Für viele Führungskräfte eine ungewohnte Situation, die sie erst noch lernen müssen – sind sie es doch eher gewohnt, schnelle Entscheidungen zu treffen anstatt bewusst eine Diskussion zu initiieren.
Auf eine kurze Formel gebracht lautet die Lösung für dieses Dilemma: Die moderierende Führungskraft soll selbst keine Antworten liefern, sondern „nur“ die richtigen Fragen stellen. Damit locken sie die Teammitglieder aus der passiven Reserve, steuern die Inhalte in die lösungsorientierte Richtung und unterstützen den notwendigen Perspektivwechsel bei allen Beteiligten. Fragen sind das Kernstück jeder gelungenen Moderation. Mit ihnen kommt die Diskussion über ein bestimmtes Thema in Gang und kann im weiteren Verlauf gezielt nachgesteuert werden, sobald die Diskussion abdriftet oder unfruchtbar wird. Fragen wecken die Potenziale einer Gruppe, inspirieren die Kreativität der Teilnehmer – und tragen so ganz wesentlich zur Lösung bei.
Dialog braucht Vertrauen
Gelingen kann ein solcher offener Dialog natürlich nur, wenn die Kommunikationskultur in der Gruppe stimmt. Auch hierfür trägt der Moderator Verantwortung. Er muss für ein gutes Klima sorgen, eine Atmosphäre gegenseitiger Wertschätzung schaffen und mitunter natürlich auch Konflikte entschärfen. Die Erfahrung zeigt, dass sich Mitarbeiter nur dann vollumfänglich in den Dialog einbringen, wenn untereinander genügend Vertrauen herrscht. Es liegt an der moderierenden Führungskraft, diese Sicherheit zu vermitteln.
Michaela Stach ist seit 1995 Unternehmerin. Nach zahlreichen fundierten Ausbildungen im Bereich Coaching, Change Management, Moderation und Großgruppenmoderation spezialisierte sie sich auf die systemische Moderation und gründete 2011 die Akademie für Systemische Moderation. Hier finden 5-modulige Zertifikatsausbildungen und offene Aufbauseminare statt. Michaela Stach führt darüber hinaus selbst Moderationen und Großgruppenmoderationen durch und vermittelt ihr umfangreiches Know-how in Inhouseseminaren.