Agil Führen heißt konsequent führen

Führungskräfte bekommen stets eins auf den Deckel. Ihre Führungsarbeit wird systematisch schlecht gemacht.Es gibt nur eine Sorte “Chef” die bejubelt wird: Der agile Leader. Das ist der, der aus dem Abteilungskorsett ausbricht und Mitarbeitern weitgehend Autonomie einräumt und ein anpassungsfähiges Umfeld schafft – quasi Führung neu denkt. Doch das ist nur die halbe Wahrheit …

Führungskräfte kriegen in Umfragen regelmäßig einen auf den Deckel, ihre Führungsarbeit wird systematisch schlecht geredet: als ob Organisationen überwiegend von Commandern beherrscht werden, die Soft Skills noch mit einer Klopapiersorte verwechseln. Entsprechenden Zulauf haben Ratgeber wie „Wie führe ich meinen Chef“ oder anonyme Erfahrungsberichte à la: „Mein Chef ist (wahlweise) ein Idiot, Arschloch etc. – holt mich hier raus!“

Als Gegenpol wird neuerdings der Agile Leader bejubelt, der Abteilungssilos aufbricht, seinen Mitarbeitern weitgehend Autonomie einräumt und ein anpassungsfähiges Umfeld schafft, in dem jeder kontext- und projektbezogen Verantwortung übernimmt. Yeah – fun! Mantraartig wird dabei wiederholt: Wir müssen Führung komplett neu denken!

Führung neu denken

Dass wir Führung neu denken müssen, ist eine Forderung aus dem vergangenen Jahrzehnt. Neu ist allein der ernsthaft betriebene Versuch, Führung weitestgehend abzuschaffen zugunsten autonom denkender, handelnder und entscheidender Teams. Die Führungskraft als Störfaktor, der man nur noch einen bequemen Platz einräumt: auf der Ersatzbank.

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Command nach Gutsherrenart ist nicht überlebensfähig

Eine Organisation, in der Commander nach Gutsherrenart über die Köpfe der Mitarbeiter hinweg entscheiden, ist schlicht nicht mehr lebensfähig. Wer sich abschottet und auf die Verwaltung des Status quo beschränkt (in der Hoffnung, dass der Sturm vorüberzieht), schafft sich selbst ab, je stärker er sich an der Macht festzuklammern versucht.

Ein agiler Führunsstil ist Etiketenschwindel

Wer einen Führungsstil als agil kennzeichnet, betreibt Etikettenschwindel. Es gibt keine agile Führung, es sei denn, diese Führungskraft ist inkrementell und in einem iterativen Prozess in Co-Creation mit den Mitarbeitern entwickelt worden.
Nur wer Führung im agilen Kontext mit jener Allmachtsphantasie vergleicht, der Traumschiff-Kapitäne wie Schrempp, Schlecker, Middelhoff und Co. unterlegen sind (unterlegen im doppelten Sinne), darf behaupten, dass hier etwas bahnbrechend Neues entsteht. Dass aber ein Wave Board beweglicher ist als eine Draisine, kann niemanden überraschen. Die Frage ist: Brauchen wir heute in modernen Netzwerkorganisationen ein Wave Board zur Fortbewegung, nur weil es die Draisine nicht mehr tut? Müssen wir deshalb alle zum agilen Fahrertraining?

Die Lösung ist gelingende Führung

Gelingende Führung hieß schon immer, ein anpassungsfähiges Umfeld zu schaffen, in dem sich Mitarbeiter entfalten können. Gelingende Führung hieß schon immer, situativ auf Mitarbeiter- und Kundenbedürfnisse zu reagieren. Agiles Arbeiten braucht daher vor allem die konsequente Umsetzung von Führungsprinzipien, die auf die Etablierung einer lernenden, Leistung fördernden und belohnenden Organisation abzielen.
Konsequent sollte die Führung darin sein, Mitarbeiter zu beteiligen und zur Beteiligung zu ermutigen. Sie sollte aber auch konsequent darin sein, die eigenen Rechte einzufordern. Sie definiert Führung nicht nur als Bringschuld, sondern erinnert jeden im Team auch an eine Leistungserbringschuld. Sie weiß, was sie von sich, aber auch von jedem Mitarbeiter erwarten kann.

Eine konsequente Führung vernetzt Wissensträger und nutzt deren Wissen. Sie bietet ihr Wissen an und macht ihr Nicht-Wissen transparent. Sie öffnet sich hin zu einem Team, das mitdenkt, mitwirkt und mitentscheidet, und zieht rote Linien, wenn einzelne Egos übermächtig werden. Eine konsequente Führungskraft stellt das Wohl des Teams voran, ohne sich selbst zu vergessen. Wenn sich die Führungskraft auf solch grundlegende Prinzipien besinnt, ist es am Ende auch egal, wie wir diese Führung labeln.

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