Die neue Schlagfertigkeit – Das Prinzip Eloquenz

Lässt sich der Nutzen von Bildung messen – gesellschaftlich und individuell – und wenn ja, wie? Und was hat man schließlich davon? Je mehr Sie wissen, desto geschickter werden Sie, wenn es darum geht, das den Degen gegen das Florett einzutauschen.

„…verstehe mich nicht mehr mit dem Bodenpersonal“

Eloquenz ist die Kunst, mit Worten nicht zu verletzen und trotzdem messerscharf auf den Punkt zu kommen. Anders ausgedrückt: ein dezentes und taktvolles Verhalten, bei dem Sie jedoch trotzdem für das eigene Ziel arbeiten. Es ist zum Beispiel häufig eine Frage der Formulierung und nicht des Inhalts, ob jemandem Ihre Meinung akzeptiert oder nicht.

Beispiel: Dieses Prinzip können wir am besten an dem alten Witz mit dem Kirchenaustritt illustrieren. Ein Mann, der die Absicht geäußert hatte, aus der Kirche auszutreten, wurde von seinem Freund vorwurfsvoll gefragt: „Wie kannst Du Dich zu so einem Schritt entschließen! Glaubst Du denn nicht mehr an Gott?“ – „Das tue ich immer noch. Aber ich verstehe mich nicht mehr mit seinem Bodenpersonal.“

Der Begründer der Zivilisation

Die spielerische Leichtigkeit, mit der wir im Alltag oft komplizierte, zwischenmenschliche Überlegungen anstellen, sollte uns nicht überraschen. Es handelt sich um „Denk- und Verhaltensweisen, die bereits für unsere Vorfahren überlebenswichtig waren, sie haben sich daher bei uns … uns evolutionär fixiert“ (vgl. Schaar, 2007, S. 238). Das erfahrungsbedingte, intuitive Denken gehört ebenfalls in diese Kategorie. Zugang zur eigenen Intuition ermöglicht es bei anderen gewisse Tabu- oder Schamgrenzen zu erspüren und dies so in die Kommunikation einfließen zu lassen. In besonderer Weise haben wir es geschafft, die mit Sprache zu beschreiben und unsere Erfahrungen weiterzugeben. Sigmund Freud hat einmal gesagt „Derjenige, der zum ersten Mal anstelle eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation.“ Wohl wahr. Die Sprache ist ein hochwirksames analytisches Instrumentarium und es ist zugleich auch ein Werkzeug oder je nach Anlass auch eine Waffe, mit dem Sie unmittelbar etwas bewirken können.

Nicht jeder möchte die Wahrheit hören, es sein denn sie verpacken Sie in Zuckerwatte und das ist kurz gesagt, die Kunst der Gesprächsführung. In einem großen Hotel einer deutschen Metropole war einmal zu lesen: „Diplomatie ist die Kunst, jemanden in so netter und charmanter Weise zu sagen, dass er zur Hölle fahren soll, dass der Angesprochene sich sogar auf die Reise freut“. Wenn das Diplomatie ist, ist es dann nicht auch unsere Aufgabe, diese Reise so zu illustrieren, dass der Angesprochene etwas klarer erkennt, wohin die Reise geht?“

Wenn zu viele Rambos auf dem gesellschaftlichen Parkett einander die Waffen aus der Hand schlagen, bricht die Stunde der kreativen Geister an. Sprachliche Kreativität und das Arbeiten mit Sprachbildern haben entgegen geläufigen Vorurteilen nichts mit Phantasterei zu tun. Die Kunst, raffiniert ausgesuchten Bilder und Gleichnisse auf den Punkt zu formulieren, welche die sanften Sieger bis in die Fingerspitzen beherrschen, besteht vielmehr in der Suche nach Umwegen, dem Finden ungewöhnlicher Lösungen für festgefahrene Sichtweisen und dem Sieg mitmenschlicher Gemeinsamkeit über eventuelle Gegensätze hinweg.

Die eloquente Zunge

Wir können hier auch von einer eloquenten Zunge sprechen, mit der Sie zweierlei bewirken: Sie entschärfen die Angriffe der Gegenseite und Sie lenken die Aufmerksamkeit auf Bereiche, welche Ihnen wichtig sind. Das gilt insbesondere, wenn Ihnen ein Affront begegnet: Nichts gegen Deinen Lippenstift, aber ich habe so den Eindruck, Du folgst hier dem Motto , Auffallen um jeden Preis‘ sagt die Schwiegermutter zur betroffenen Schwiegertochter. „Du meinst“ so könnte hier eine sprachliche Übersetzung sein, „dass es wichtig ist, aus der großen Gruppe der 0-8-15 Einheits–Abziehbilder knallig herauszuragen?“ Mit dem Prinzip der Eloquenz helfen Sie dem anderen seine selbst vielleicht etwas unglückliche Wortwahl in ihrer mutmaßlich desaströsen Wirkung zu korrigieren. Eine Hilfestellung, für die man Ihnen Dank schuldet. Kostenlose Übersetzungsleistungen gewissermaßen. Und nehmen Sie eine innere Haltung ein, die es Ihnen ermöglicht, in Gedanken sogar eine Bezahlung einzufordern, wenn die Einsicht für den Wert ihrer wertvollen Dienstleistung nicht gegeben sein sollte.

Eine facettenreichere Sprache entwickeln

Wie können Sie eine facettenreichere Sprache entwickeln und diese in Situationen, welche Schlagfertigkeit erfordern oder ermöglichen, parat zu haben? Die Techniken sind: positive Umdeutung, der geschickte Vergleich, das Blatt wenden, Churchill imitieren sowie den Härtegrad anpassen:

  1. Positive Umdeutung’
    Die positive Umdeutung ist eine Dolmetscher-Technik, bei der eine Aussage positiv gewendet wird. Aus einer Beleidigung kann so in Sekundenschnelle ein Kompliment gedolmetscht werden …
  2. Der geschickte Vergleich
  3. Der Vergleich setzt zwei Dinge miteinander in Beziehung, die erst einmal gar nichts miteinander zu tun haben. Der geschickte Vergleich versucht Dinge wieder in die richtige Relation zu bringen …
  4. Das Blatt wenden
  5. Diese Technik macht sich die zahlreichen Redewendungen zunutze, welche die Sprache bereithält. Diese Redewendungen erzeugen eine Plausibilität, mit der Sie sehr überzeugend das Blatt zu Ihren Gunsten wenden können …
  6. Gefühle unterstellen
    Warum immer das Rad neu erfinden? Was Winston Churchill konnte, können Sie doch auch! Erinnern Sie sich, Lady Astor sagte: „Wenn ich Ihre Frau wäre, würde ich Ihnen Gift in den Tee geben“. Und Churchill kontern: „Und wenn ich Ihr Mann wäre, würde ich den Tee trinken.“…
  7. Den Härtegrad anpassen
    Der Grundgedanke ist hierbei, in einem vergleichbaren Härtegrad zu reagieren, wie der Gegenüber. Es geht also im Kern darum, eine Sensibilität für die Angemessenheit einer Maßnahme zu entwickeln …

 

 

Teilen

Dieser Artikel kann nicht kommentiert werden.