Wenn es mal wieder schief gegangen ist …

Ob fehlerhaft, falsch oder verspätet geliefert – Reklamationen sind an der Tagesordnung. Und obwohl sie so alltäglich sind, sind die wenigsten darauf vorbereitet. Da wird versucht sich rauszuwinden, den schwarzen Peter dem Kunden zuzuschieben oder wortarm die Situation zu überstehen. Dabei ist jede Reklamation eine Chance die Kundenbeziehung zu intensivieren und als “Gewinner” hervorzugehen. Der Kommunikationstrainer Hans Eigenmann verrät die “goldenen Regeln” der Reklamationsbearbeitung.

Wo gearbeitet wird, passieren Fehler. Kunden aber erwarten eigentlich von uns immer eine fehlerfreie Ausführung der Dienstleistung oder ein tadelloses Produkt. Ist das nicht der Fall, wird reklamiert oder man beschwert sich. Die entsprechenden Gesprächssituationen gehören zu den schwierigsten im Berufsleben, sie haben aber gleichzeitig ein enormes Potenzial: Wenn es uns gelingt, das negative Gefühl eines enttäuschten Kunden ins Positive zu wenden, gewinnen wir mehr, als es ohne Reklamation möglich gewesen wäre. Dies, weil wir aus jeder Beschwerde lernen und unsere Arbeit verbessern können. Aber auch deshalb, weil wir im besten Fall mehr über den Kunden und seine Bedürfnisse erfahren.

Die Eigenarten der Gesprächssituation

Fünf Dinge müssen uns bewusst sein, wenn wir mit einer enttäuschten Kundin kommunizieren. Sie beeinflussen die Gesprächssituation massiv.

Die Kundin fühlt sich in dieser Situation im Recht, grundsätzlich und unbesehen, ob sie tatsächlich auch recht hat. Es ist unsinnig und meist verheerend, wenn wir in irgendeiner Form die Schuld an die Beschwerdeführerin zurückgeben. Beispiel: „Wenn Sie die Entkalkung gemäß der Gebrauchsanweisung durchgeführt hätten, wäre das Gerät jetzt nicht beschädigt.“

Menschen denken im emotional aufgewühlten Zustand nicht mehr rational. Wir dürfen also gar nicht erst versuchen, mit Argumenten und klaren Folgerungen zu operieren. Am besten holen wir den sich ärgernden Kunden dort ab, wo er ist, nämlich in seiner Enttäuschung, für die wir Verständnis signalisieren müssen.

In einer Reklamationssituation verwandeln sich Erwartungen bei den Kunden in Forderungen. Im gelingenden Geschäftsverkehr erfüllen wir ja Kundenerwartungen, die wir im Verkaufsprozess ermittelt haben. Wenn etwas schiefgegangen ist, verlangt der Kunde aber plötzlich etwas und das meist ziemlich resolut.

Das wichtigste Bedürfnis einer enttäuschten Person ist es, ernst genommen zu werden. Wenn wir das tun und zudem noch klar kommunizieren, haben wir die Situation meist schon entschärft.

Wir müssen uns bewusst sein, dass in solchen Situationen oft die sogenannte „Kaufreue“ auftritt. Die Kundin fragt sich vielleicht, ob sie nicht doch besser ein teureres Gerät gekauft hätte. Oder ob ein Kauf beim Fachhändler allenfalls klüger gewesen wäre. Oder, was am schlimmsten ist, ob sie generell einen Fehler gemacht haben könnte mit dem Kauf. Mit anderen Worten: Wir haben es mit einem Menschen zu tun, der leise Selbstzweifel hat. Dies professionell zu bewältigen, ist sehr anspruchsvoll.

Das konkrete Vorgehen – Die „goldenen Regeln“ der Reklamationsbehandlung

1. Geben Sie dem Kunden vorerst mal recht!

Das kann schwierig sein für Sie, besonders wenn Sie klar sehen, dass die Schuld nicht bei Ihnen und Ihrem Unternehmen liegt. Der Kunde hatte Widrigkeiten, die Sie ernst nehmen müssen und für die Sie Verständnis zeigen sollten. Interessant ist, dass die bloße, meist floskelhafte Entschuldigung hier viel weniger bringt als das Zeigen von Einfühlungsvermögen. Bestätigen Sie also, dass Sie den Ärger verstehen und nachvollziehen können. Das tut Ihrem Gegenüber grundsätzlich mal gut und macht Ihnen alle weiteren Schritte leichter.

2. Sorgen Sie für Sachlichkeit!

Wie gesagt steht auf Kundenseite Objektivität in dieser Situation nicht gerade im Vordergrund. Holen Sie den Kunden mittels der Technik aus der Transaktionsanalyse (vergleiche Kapitel 4.2) auf die Erwachsenen-Ebene. Bleiben Sie auf jeden Fall selbst immer ruhig, sogar dann, wenn Sie auf der persönlichen Ebene angegangen werden. Noch eine wichtige Ergänzung: Schieben Sie nie jemand anderem die Schuld in die Schuhe, zum Beispiel: „Ach, wieder unser guter Meier im Lager! Na ja, wir kennen seine Schwächen.“ Sie sind im Moment Repräsentant des Unternehmens, Sie haben die Verantwortung, also tragen Sie diese auch.

3. Lösungsorientiertheit zeigen!

Sie möchten die Zufriedenheit der Kundin wiederherstellen. Das ist Ihr Hauptziel, das Sie auch ausdrücklich im Gespräch nennen sollten. Sagen Sie klar und deutlich, dass Sie gemeinsam mit ihr nun eine Lösung suchen und finden werden. Das „Gemeinsame“ ist sehr wichtig, benutzen Sie also die Wir-Form („Wir bringen das wieder ins Lot!“). Damit holen Sie Ihr Gegenüber sozusagen mit ins Boot.

4. Schnelle Lösungen sind gefragt!

Das Bedürfnis des Kunden, rasch eine für ihn zufriedenstellende Lösung zu erhalten, ist verständlich. Es ist auch in Ihrem Sinn, wenn seine Unzufriedenheit möglichst kurz andauert. Schließlich besteht die Gefahr, dass Ihr Kunde von der Reklamation spricht und Ihnen damit Negativpropaganda verschafft.

5. Provisorien vermeiden!

Natürlich ist es manchmal nötig, um der Regel vier (rasche Lösung) gerecht zu werden, etwas vorläufig zu regeln. Sie sollten sich aber bewusst sein, dass provisorische Lösungen halt nur halbe Lösungen sind, die dem Bedürfnis des Kunden eben auch nur halb entsprechen. Provisorien beinhalten zudem die Gefahr, dass sie bleiben. Das darf auf keinen Fall sein.
Zeigen Sie in jeder Phase der Reklamationsbehandlung Wertschätzung Ihrem Kunden gegenüber. Es ist erstaunlich, wie viel dieses einfache und kostenlose Rezept bringt.

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