Unser stärkstes Werkzeug

Erfolg kann es nur geben, wenn wir Niederlagen knallhart analysieren. Warum hat es nicht geklappt? Was kann man besser machen? Doch dieser konstruktive, offene Umgang ist eher selten. Vielmehr werden Fehler unter den Teppich gekehrt oder gänzlich ignoriert. Ein Fehler, wie Markus Czerner meint. Erst die schonungslose Analyse sichert den nachhaltigen Erfolg …

Wahrer Erfolg funktioniert nur, wenn scheitern erlaubt ist und wir unsere Niederlagen knallhart analysieren, mit dem Ziel, uns zu verbessern. Nur so finden Wachstum und Entwicklung statt. Zu viele Menschen, aber auch zu viele Unternehmen nehmen sich jegliche Form von langfristigem Erfolg, weil Fehlversuche einfach ignoriert und unter den Teppich gekehrt werden. Dann wird ein Vorhaben eingestellt, weil es gescheitert ist, anstatt es einfach noch mal zu versuchen, inklusive der zahlreichen Informationen darüber, warum Versuch Nummer eins ein Fehlversuch war. Oder aber, was noch viel schlimmer ist, es werden immer wieder die gleichen Fehler gemacht. Uns Menschen ist es nicht möglich, ohne Fehler zu leben. Und ohne Fehler gibt es auch keinerlei Weiterentwicklung. Durch den gesellschaftlichen Druck unterschätzen wir zu sehr, wie viel wir aus unseren eigenen Fehlern lernen können. Dieser Druck führt dazu, dass wir nur einen Versuch unternehmen, unsere Ziele zu erreichen. Misslingt dieser Versuch, begraben wir unsere Ziele.

Scheitern Sie sich zum Erfolg

2015 hatte ich die Vision, ein Buch zu veröffentlichen und aus meiner Vision ist ein Ziel geworden. Das führte dazu, dass ich begonnen habe, an einem Manuskript zu arbeiten. Monatelang habe ich daran gearbeitet und ich habe unzählige Nächte durchgeschrieben. Zu der Zeit gab es für mich nur noch dieses Buch in meinem Leben, bis mein Manuskript fertig war. Ich habe mir die Adressen von allen Buchverlagen in Deutschland herausgesucht, egal ob bekannt oder unbekannt, bin zur Post gefahren und habe jedem Verlag mein Manuskript zukommen lassen. Ich konnte es kaum erwarten, zu erfahren, welcher Verlag mein Buch veröffentlichen möchte. Jeden Tag habe ich, wie ein kleines Kind, voller Aufregung und Neugier in den Briefkasten geschaut, in der Hoffnung, dass die ersten positiven Antworten gekommen sind. Mit der Zeit kamen auch die ersten Antworten, nur leider keine positiven. Von den Verlagen, die sich die Mühe gemacht hatten zu antworten, bekam ich allesamt eine Absage. »Sehr geehrter Herr Czerner, vielen Dank für die Zusendung Ihres Manuskriptes. Nach eingehender Prüfung Ihrer Unterlagen müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass …« – ich denke, den Rest kann ich mir sparen. Sie werden diese standardisierten Absagen aus einer Bewerbungsphase oder Ähnlichem kennen.

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Ich war enttäuscht. Aber auch frustriert, besonders weil ich so viel Zeit und Arbeit investiert habe. Aber alle Absagen konnten nichts daran ändern, dass ich mein Buch veröffentlichen wollte. Für mich konnte es nur einen Grund geben, warum kein Verlag Interesse an meinem Manuskript hatte: Es war noch nicht gut genug. Also habe ich mich an den Schreibtisch gesetzt und es überarbeitet. Ich habe die Bücher anderer Autoren gelesen, die über ähnliche Themen geschrieben haben. Ich habe geschaut, was ich anders machen kann als sie und habe versucht, etwas zu finden, was mein Buch einzigartig macht. Monatelang habe ich an der Überarbeitung gesessen, bis mein überarbeitetes Manuskript fertig war. Ich habe es wieder an Verlage geschickt, ungeachtet der Tatsache, dass sie mir vor ein paar Monaten alle Absagen haben zukommen lassen. Es war mir egal. Es war ja jetzt auch ein anderes Buch – ein besseres.

Wieder nur Absagen. Wieder hatte kein Verlag Interesse an meinem Buch. Einige schickten mir sogar ein nettes Schreiben dazu, dass ich zukünftig davon absehen soll, ihnen ein Manuskript zu schicken. In deren Augen war ich wohl Spam. Frust, Enttäuschung, dieses Mal war aber auch eine gehörige Portion Wut dabei. Gleichzeitig war da aber immer noch dieses Ziel, mein Buch zu veröffentlichen. Angetrieben von diesem Ziel habe ich nach Verlagen gesucht, die ich bei der ersten Recherche eventuell vergessen habe. Es dauerte nicht lange und ich bin tatsächlich auf einen kleinen und relativ unbekannten Verlag aufmerksam geworden, der auch noch kein Manuskript von mir erhalten hatte. Ich kontaktierte die Verantwortlichen und erzählte ihnen von meiner Buchidee. Sie waren begeistert. Ich schickte dem Verlag mein Manuskript und bekam nach einigen Wochen Feedback mit einigen Änderungswünschen. Gefolgt von dem Vermerk, dass wir den Buchvertrag unterschreiben können, sofern ich bereit bin, die Änderungen einzuarbeiten. Für mich war das kein Problem, alle Anmerkungen waren nachvollziehbar. Ich war so glücklich. So stolz. Endlich! Mein Buch war zum Greifen nahe. Ich arbeitete die Änderungswünsche ein und schickte dem Verlag das überarbeitete und angepasste Manuskript. Zwei Tage später erhielt ich eine E-Mail: »Hallo Herr Czerner, leider passen Ihre Inhalte nicht in unser Verlagsprogramm.«

Ich kam mir verarscht vor. Gleichzeitig wusste ich aber auch, dass es wahrscheinlich meine vorerst letzte Chance war, mein Buchprojekt zu realisieren und mein Ziel zu erreichen. In meinem Kopf begann sich der Gedanke breitzumachen, dass ich mein Ziel wohl nicht erreichen werde – und da waren sie wieder, die Worte meines Tennistrainers: »Damit du nicht vergisst, worauf es im Leben wirklich ankommt.« Immer versucht. Immer gescheitert. Egal. Versuch’s wieder. Scheitere wieder. Scheitere besser. Mir war sofort klar, dass es auch dieses Mal nur einen Grund geben konnte, warum der Verlag mein Buch nicht wollte: Es war noch nicht gut genug.

Die nächsten sechs Monate habe ich vor meinem Laptop gesessen und mein Manuskript überarbeitet, zum gefühlt hundertsten Mal. Ich änderte den Titel, die Zielgruppe, entschied mich, mehr Persönlichkeit in das Buch zu bringen und mehr über mich zu schreiben. Als ich fertig war, habe ich es wieder an alle Verlage geschickt. Auch an diejenigen, die mich höflich darum gebeten hatten, ihnen nichts mehr zu schicken.

Nach ein paar Tagen erhielt ich eine E-Mail von Herrn Hoffmann, Geschäftsführer vom BusinessVillage-Verlag: »Ausdauer haben Sie ja!« Ich schrieb ihm zurück, dass Ausdauer einer meiner Erfolgsfaktoren ist, worauf er nur antwortete: »Lassen Sie uns einmal telefonieren.« Wir telefonierten, zwei Tage später hatte ich einen unterschriebenen Buchvertrag im Briefkasten und sechs Monate später hielt ich mein erstes Buch Alles Kopfsache in den Händen.

»Durch das Scheitern will uns das Leben nur sagen, dass wir noch nicht gut genug sind.«

Nicht aufgeben lohnt sich – immer!

Ich erzähle Ihnen die Story nicht, um anzugeben, oder damit Sie denken: »Was für ein toller Typ«. Ich erzähle Ihnen die Story, damit Sie sehen, dass es sich lohnt, nicht aufzugeben. Die meisten Menschen geben zu früh auf, das habe ich im letzten Kapitel schon gesagt. Mal ehrlich, die meisten Menschen hätten nach der ersten Absage aufgegeben und sich mit dem Scheitern abgefunden. Auf das Scheitern angesprochen kommen dann Aussagen zurück, wie: »Ich hatte einfach kein Glück« oder »Dem Verlagsleiter passte bestimmt meine Nase nicht«. Zugegeben, es ist auch schön, wenn andere Schuld daran haben, dass wir nicht da sind, wo wir eigentlich gerne wären oder nicht das haben, was wir eigentlich gerne hätten. Hauptsache, uns selbst trifft keine Schuld.

Wenn wir unsere Niederlagen nicht analysieren, wie zum Teufel wollen wir dann besser werden?
Wenn uns immer alles auf Anhieb gelingt, wie wollen wir uns dann weiterentwickeln?
Wie wollen wir ein nächsthöheres Niveau erreichen?
Was wäre, wenn jede Niederlage in Wirklichkeit ein Gewinn ist?

Wir sind tausendmal auf die Nase gefallen, bevor wir auch nur einen Schritt laufen konnten, aber wir sind 999 Mal besser auf die Nase gefallen, bis wir gut genug waren, zu laufen. Haben wir da aufgegeben? Nein, weil wir noch nicht richtig denken konnten und es uns egal war, dass wir gescheitert sind. Uns war es auch egal, was andere darüber gedacht haben. Wir haben es einfach weiter versucht, bis wir gut genug waren zu laufen. Scheitern ist nicht das Gegenteil von Erfolg. Es ist ein wichtiger Teil davon. Misserfolg gehört zum Erfolg wie die Luft zum Atmen. Vielmehr noch, Misserfolg macht Erfolg überhaupt erst möglich.

Hätte ich die erste, zweite und dritte Absage als Grund genommen, mein Buchprojekt zu vergessen, würde es kein Buch geben. Das wirklich Entscheidende ist aber, ohne die drei Absagen wäre es niemals so gut geworden, wie es geworden ist.

Was wäre, wenn jede Niederlage in Wirklichkeit ein Gewinn ist? Ein Gewinn, der uns stärker und besser macht und auf den Erfolg vorbereitet. Wir müssen nur bereit sein, den Gewinn zu sehen – und ihn zu nutzen. Alles, was wir dafür tun müssen, ist dem Wort Scheitern eine neue Bedeutung zu geben, und die Bedeutung ist klar: Wir scheitern nicht, wir lernen hinzu. Misserfolg sollte unser Lehrer sein, nicht unser Bestatter. Scheitern bedeutet lediglich Verzögerung, nicht Aufgabe. Es ist ein vorübergehender Umweg, den wir einlegen müssen, mehr nicht. Wir müssen nur den Mut haben, uns unseren Niederlagen zu stellen. Gepaart mit der Frage, was wir in Zukunft besser machen können. Zu scheitern bedeutet, zu 98 Prozent nicht gut genug zu sein, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt. Das heißt aber nicht, dass wir nicht besser werden können. Wer Niederlagen als Grund nimmt, sein Vorhaben nicht weiterzuverfolgen, der hört auf, sich zu entwickeln.

Jedes einjährige Kind macht es uns vor

Denken Sie noch einmal an die kleine Maya und ihre ersten Laufversuche: Hätte sie sich nach den ersten misslungenen Versuchen auf ihren Hintern gesetzt und es nicht mehr versucht, könnte sie heute immer noch nicht laufen. Wir erwarten immer, dass wir auf Anhieb gut genug sind, unsere Ziele zu erreichen. Dass uns dabei die Erfahrung und oftmals sogar die nötigen Kompetenzen fehlen, ist uns egal. Dass alles auf Anhieb gelingen muss, ist eine Erwartungshaltung, die zum Scheitern verurteilt ist. Vielmehr müssen wir jeden Fehlversuch als Motivation nehmen, besser zu werden. Und eines steht fest: Wenn Sie nicht scheitern, haben Sie es nicht versucht.

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