Kopf oder Können?

Ganz gleich ob im Sport oder in Beruf und Studium sind wir einem Wettbewerb ausgesetzt. Vom Wettkampf über die Prüfung bis hin zur wichtigen Verhandlung oder Präsentation müssen wir unser Können punktgenau abrufen. Das trainieren des Körpers haben wir perfektioniert. Doch spätestens wenn wir unser Können abrufen möchten, versagt der Geist. Der ehemalige Tennisprofi Markus Czerner veranschaulicht den Zusammenhang zwischen Körper und Geist.

BusinessVillage: Die ganze Thematik Mentale Stärke wird von vielen als Spinnerei abgetan oder auf den Leistungs-Sport reduziert. Sind diese Techniken wirklich universell einsetzbar?

Czerner: Ja, diese Techniken sind überall einsetzbar. Es macht überhaupt keinen Unterschied, ob es um eine Sportkarriere oder eine Businesskarriere geht. Die Herausforderungen sind die gleichen: Unter Druck die beste Leistung abrufen, Niederlagen und Rückschläge einstecken, Selbstzweifel, Ängste und viele mehr. Im Spitzensport hat man jedoch früh erkannt, dass diese Herausforderungen im mentalen Bereich gemeistert werden. In der Businesswelt kommt dieser Aspekt viel zu kurz. Und wer der Meinung ist, mentale Stärke ist eine Spinnerei: Laufen Sie einmal über einen 10 cm breiten Balken am Boden und über einen 10 cm breiten Schwebebalken in zwei Meter Höhe – glauben Sie mir, dann kennen Sie den Unterschied ihrer mentalen Verfassung und die Verschiebung  Ihres Leistungsvermögens.

BusinessVillage: Ist die Mentale Stärke – der Geist – die Basis für Erfolg? Ist Talent eher zweitrangig?

Czerner: Ja und Ja! Unsere mentale Verfassung ist entscheidend für die eigene Leistung. Bedeutet im Klartext: ich muss in einem ersten Schritt erst einmal erfolgreich denken, bevor ich in einem zweiten Schritt auch erfolgreich handeln kann. Ist der Geist nicht auf den Erfolg vorbereitet, kann ich ihn auch nicht auf der Handlungsebene abrufen. Talent ist dann tatsächlich zweitrangig. Es hilft uns sicherlich schneller zum Erfolg zu kommen, aber es ist keine Garantie dafür. Talent ohne harte Arbeit und den nötigen Willen ist nichts wert. Viele Menschen sind gesegnet mit außergewöhnlichem Talent, schaffen aber den Sprung in die Spitze nicht, weil sie der Meinung sind, es wäre ein Selbstläufer. Ist es aber nicht. Talent oder kein Talent entscheidet also nicht über Erfolg oder Misserfolg.

BusinessVillage: Ein wichtiger Faktor ist Selbstvertrauen. Das Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten, das eigene Können. Wie kann man das trainieren? Wie baut man Selbstvertrauen nach Rückschlägen oder wenn man es „verbockt“ hat auf?

Czerner: Ganz wichtig ist es zunächst zu analysieren, warum man es verbockt hat. In der Regel liegt es selten an Dritten, sondern meistens an einem selbst. Je genauer ich weiß, warum ich es verbockt habe, desto mehr kann ich darauf hin arbeiten es zukünftig nicht mehr zu verbocken. Viele Menschen probieren etwas einmal und lassen es dann sein, wenn es nicht klappt. Dabei sehen sich viele dann auch als Versager. Es bringt aber nichts sich in Selbstgesprächen permanent fertig zu machen. Innere Monologe wie „War ja klar, dass ich es versauen“ oder „Du bist einfach ein Versager“ sorgen für schwaches Selbstvertrauen –  Positive Selbstbotschaften sind Grundvoraussetzung für mehr Selbstvertrauen. Einfach mal morgens nach dem Aufstehen zu sich selbst sagen, wie toll man ist. Sich seine Fähigkeiten immer und immer wieder bewusst vor Augen halten. Ein weiterer Punkt ist harte Arbeit. Spitzensportler zum Beispiel sind selbstbewusst, weil sie wissen, dass sie gut trainiert haben und alles dafür getan haben, um eine Herausforderung erfolgreich zu meistern. Sie holen sich ihr Selbstvertrauen im Training – immer und immer wieder – solange bis sie sich ihrer eigenen Stärke bewusst sind. Die meisten Menschen hingegen konzentrieren sich immer darauf, nicht gut genug zu sein oder beschäftigen sich mit ihrem Scheitern.

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BusinessVillage:  Blackout! Das hat fast jeden schon einmal ereilt. Trotz intensiver Vorbereitung ist in der Prüfung oder Präsentation der Kopf wie leergefegt. Die Gedanken kreisen nur noch um die Versagensängste. Kann man dem wirklich begegnen?

Czerner:  Ja, kann man. Viele Menschen beschäftigen sich vor wichtigen Ereignissen, ob nun die bevorstehende Präsentation oder eine Prüfung, gedanklich mit dem Scheitern. Je näher das Ereignis rückt, desto negativer werden die Gedanken. Alle Worst-Case-Szenarien werden gedanklich bis ins kleinste Detail durchgespielt. Genau hier beginnt der Misserfolg. Ich denke jeder von uns hat schon einmal einen Skifahren oder Rennfahrer unmittelbar vor dem Start gesehen, wie sie mit geschlossenen Augen völlig in Gedanken vertieft vor sich hin träumen. Die schlafen nicht etwa, sie visualisieren den Erfolg. Dabei schauen sie sich selbst beim Siegen zu oder gehen die bevorstehenden Bewegungen noch einmal bis in kleinste Detail durch. Dabei gehen Sie auch das Worst-Case-Szenario durch – nur nicht mit dem Ausgang des Scheiterns, sondern wie sie dieses Szenario erfolgreich meistern. Diese durchgespielten Szenarien muss der Körper auf der Handlungsebene dann nur noch abrufen. Das gleiche passiert bei den Menschen, die sich vorher gedanklich scheitern sehen – und sie werden scheitern, denn sie haben ihren Kopf darauf vorbereitet. Es mag für den einen oder anderen verrückt klingen, aber unser Körper macht nur das, was unser Unterbewusstsein ihm sagt – und das ist steuerbar. Zahlreiche wissenschaftliche Studien haben das vor Jahren schon bestätigt. Erfolg beginnt im Kopf, Misserfolg aber auch!

BusinessVillage:  Gedanken steuern ist eines Ihrer zentralen Anliegen. Kann man negative Gedanken einfach so wegwischen?

Czerner: Nein, kann man nicht. Keiner von uns kann etwas gegen negative Gedanken machen. Die kommen einfach ohne sich vorher anzukündigen – und meistens dann, wenn wir sie überhaupt nicht brauchen können. Da können wir nichts gegen machen. Aber wir können entscheiden, was wir mit diesen negativen Gedanken machen. Es liegt an uns, ob wir sie zu Ende denken oder nicht. Wenn ich einen negativen Gedanken habe, breche ich ihn sofort ab und ersetze ihn durch einen positiven – und das sollte jeder machen. Und Sie werden sehen: Je öfter Sie das machen, desto positiver wird die

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