Rasender Stillstand

Viele Verkäufer kommen vor lauter Arbeit gar nicht mehr zum Denken. Sie hetzen von Kunde zu Kunde und von Tagung zu Tagung – und merken gar nicht, dass ihnen langsam die Felle davonschwimmen. Denn während sie körperlich nahezu überall anwesend sind, sind sie geistig meist gar nicht vor Ort präsent. Und wenn doch, dann nur sehr oberflächlich.

Es gibt Führungskräfte im Verkauf, denen es gelingt, dass ihre Mitarbeiter ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie nicht arbeiten. Manche Verkäufer trauen sich nicht, sich auch einmal konsequent von manchen Kleinstkunden zu verabschieden, die sich nicht mit ihnen gemeinsam entwickeln wollen. Im eigenen Home-Office nehmen sich viele Verkäufer nicht auch noch die Zeit, Aktionen und Besuche optimal vorzubereiten, weil sie fürchten, dass sie sonst Ärger mit ihrer Familie bekommen – schließlich sind sie ja auch schon so manche Stunde draußen in ihrem Bezirk.

Wenn Verkäufer es allen recht machen wollen ist die Gefahr groß, dass sie irgendwann nur noch halbe Sachen im Verkauf machen: Sie sind zwar vielleicht sehr aktiv – kommen aber nicht wirklich weiter.

Wer das Gefühl hat, über Wochen und Monate trotz intensiver Bemühungen nicht weiter zu kommen, wird zwangsläufig irgendwann resignieren. Wenn dann noch Druck seitens der Führung, der Kunden oder der Familie aufgebaut wird, ist es sehr anspruchsvoll, wieder auf den Pfad des Gelingens zu kommen. Darum ist es wichtig, rechtzeitig zu merken, wenn man in eine Abwärtsspirale zu kommen droht. Schließlich sind Zahlen wie Zensuren – und geben in der Regel rechtzeitig klare Signale. Recht zu haben, ist ein das Grundbedürfnis. Dieses Selbstbild sorgt dafür, dass wir Probleme nicht wahrnehmen können und das Ruder nicht rechtzeitig rumreißen.

Es gibt keine sicheren Kunden – nur der Tod und die Steuern sind sicher

Häufig ist es sehr nett, wenn man als Verkäufer weiß, dass man gleich wieder einen Termin bei einem seiner guten Kunden hat. Man weiß häufig schon vorab, wie groß der Auftrag ausfallen wird, redet vor Ort ein bisschen über belanglose Kleinigkeiten und macht nahezu nebenbei den Auftrag.

Doch die besten Kunden sind die Wunschkunden der Mitbewerber. Das wird häufig vergessen. Ähnlich wie in einer privaten Beziehung schleichen sich schnell Gewohnheiten ein – und häufig fragt sich irgendwann die andere Seite, ob wohl auch mehr möglich ist. Nicht jeder Kunde sucht offensiv nach neuen Lieferanten – häufig wird er sogar von potenziellen Lieferanten aktiv angesprochen. Und jeder geschulte Verkäufer wird seinem Wunschkunden am Telefon klar machen, dass es eine Bereicherung für ihn sein wird, wenn er sich einmal unverbindlich mit ihm zusammensetzt.

Und so geht der Verkäufer, der meint einen sicheren guten Stammkunden zu haben, erneut zu „seinen“ Kunden – und fällt dann fast vom Stuhl, wenn er mit der Realität konfrontiert wird: er ist raus. Natürlich versichert sein ehemaliger guter Kunde, dass es nichts mit ihm als Verkäufer persönlich zu tun hat. Vielleicht wird der Verkäufer ihn sogar wehleidig „Warum haben sie denn nichts gesagt?“ fragen – aber glaubt er wirklich, dass er darauf eine ehrliche Antwort erhält?

Darum ist es die Aufgabe von Verkäufern, keine Kundenbeziehung als selbstverständlich hinzunehmen. Verkäufer müssen sich immer wieder Gedanken machen, wie sie ihre besten Kunden binden können. Dies gelingt häufig dann sehr gut, wenn der Kunde das Gefühl hat, dass sich der Verkäufer wirklich kümmert, dieser engagiert ist und er mit seiner Hilfe wirklich erfolgreicher wird.

Zeig mir deinen Trichter – und ich sage dir deine Zukunft

Das Modell des Verkaufstrichters stellt die Auftragspipeline dar. Oben kommen sozusagen die Chancen rein – und unten im Idealfall in Form von Umsätzen wieder raus. Dramatischerweise ist bei vielen Verkaufsverantwortlichen dieser Trichter nahezu ausgetrocknet. Weil viele Verkäufer selbst nicht genau wissen, warum es sich lohnt, Kunde bei ihnen zu werden und sie mit der durchaus normalen Reaktion der häufigen Ablehnung bei der Neukundengewinnung nicht klar kommen, richten sie es sich gemütlich ein: sie sitzen bei ihren Kunden – egal ob groß oder klein – und hoffen mit diesen ihre Umsatzziele zu erreichen.

Fällt dann erst einmal ein großer Kunde weg, weil ein Verkäufer eines anderen Unternehmen einen guten Job gemacht hat, dann dauert es bei schlecht aufgestellten Verkäufer Jahre, bis dieses Umsatzdelta wieder ausgeglichen ist. Deswegen ist es die Aufgabe eines Verkäufers, regelmäßig neue Chancen in den Trichter „zu werfen“.

Interessanterweise wissen viele Menschen sehr schnell, warum etwas nicht geht. So ist vielen Verkäufern die Notwendigkeit der Neukundengewinnung durchaus bewusst. Vielleicht sagen sie sogar, dass sie es gerne tun würden – aber sie machen es nicht, weil sie meinen zu wissen, dass sie dafür keine Zeit haben. „Wer soll sich denn um meine Stammkunden kümmern!“ ist ein häufiges Argument, um sich nicht um neue Kunden zu bemühen.

Darum müssen Verkäufer auch durchaus mutig von sich aus Klartext mit ihren bestehenden Kunden reden. Das bedeutet, Verkäufer sollten auch nach einer gewissen Zeit gemeinsam mit ihren Kunden klären, ob eine weitere Zusammenarbeit noch sinnvoll ist. Denn während der eine Verkäufer nett vor Ort am Kleinstkunden klammert und hofft, dass dieser sich nun endlich nach 5 Jahren von alleine umsatzmäßig entwickelt, geht der Mitbewerber zu den großen Kunden – und gewinnt diese für sich.

Verkäufer werden nicht dazu beschäftigt, um womöglich der Unterhalter von Kleinstkunden zu sein. Dafür sind sie zu teuer. Verkäufer sind dazu verpflichtet, für Fortschritte in ihren Verkaufsbezirken zu sorgen – und nicht für Fortsetzungen des bisherigen. Dazu müssen sie konkrete Ideen, Lösungen und Konzepte anbieten – und wenn gewisse Kunden diese nicht annehmen, dann muss das Engagement ihnen gegenüber zurückgefahren werden, um mehr Zeit für die notwendige Neukundenakquise zu haben.

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