Zeit für gute Vorsätze, oder?

Das Jahr neigt sich dem Ende zu und man hat nicht das geschafft, was man sich vorgenommen hat. Nun kommt die Zeit der guten Vorsätze für das nächste Jahr – wieder mal. Irgendwann muss es doch klappen. Warum Zeitmanagement oft nicht funktioniert und wie gute Vorsätze zu Rennern werden, erklärt Business Coach Constantin Sander.

Das Weihnachtsgebäck duftet, die Kerzen an den Tannenbäume verwandeln die Welt vor Weihnachten in eine heimelige Atmosphäre. Aber einigen wird es dabei doch eher unheimlich, weil sie eher an die vielen Dinge denken, die sie vor Jahresende noch unbedingt abschließen wollten. So wird dann für manchen das Fest zum Stress und die Weihnachtsgans bleibt schon im Halse stecken, bevor sie verzehrt wird. „Ich hatte mir doch so viel vorgenommen …“ heißt es dann. Und „Wie soll ich das bloß schaffen?“

Ja, und dann wird natürlich Besserung gelobt: „Im nächsten Jahr werde ich das ändern!“ Ist doch auch ganz einfach: Zeitmanagement verbessern, lange wartende Projekte endlich anpacken und so weiter und so weiter. Sie kennen das vielleicht. Wenn nicht, dann sparen Sie sich die weitere Lektüre. Sie wäre reine Zeitverschwendung.

In diesem Jahr hatte ich im Coaching einen jungen, engagierten Klienten, der voller Ideen war, aber immer wieder über seinen inneren Schweinehund stolperte und wissen wollte, wie er sein Zeitmanagement verbessern könne. Ziele hatte er genug, nur mit der Umsetzung klappte es nicht so recht. Und er fragte sich natürlich, wie das zusammenpasse und wie er die Aufschieberitis abstellen könne. Kein Einzelfall.

Wie kann es besser laufen? Ich könnte Ihnen jetzt raten, sich einen der zahlreichen Ratgeber zum Zeitmanagement zu kaufen oder Ihnen deren Essentials in fünf bis sieben Punkten herunterrattern. Es gibt übrigens Zeitmanagement-Ratgeber mit über 500 Seiten! Da braucht man allein schon zum Lesen einen Zeitmanagement-Ratgeber. Wenn sich trotz Lektüre derartiger Texte Zeitmanagement nur selten verbessert, liegt der Verdacht nahe, dass hiervon wohl kaum die Rettung des Weihnachtsfestes zu erwarten ist.

Also legen Sie die diesbezügliche Lektüre mal beiseite und stellen sich einmal zum Jahresende eine einzige Frage: „Warum?“ Warum machen Sie das, was sie tun? Welche Werte stecken für Sie dahinter? Was fasziniert Sie an den Zielen, die Sie sich gesetzt haben und warum ist es so wichtig für Sie, diese zu erreichen? So banal diese Fragen vielleicht klingen: Wer sie nicht klar beantworten kann, sollte über seine Ziele nachdenken.

Zeitmanagement funktioniert erst dann gut, wenn nicht nur Ziele klar sind, sondern auch die Motivationen dahinter stark genug. Über Zeitmanagement brauchen wir uns dann kaum mehr unterhalten. Es nützt also wenig, sich Methoden des Zeitmanagements aneignen zu wollen, wenn die Motivation, Ziele zu erreichen zu schwach ist. Das hat mehrere Gründe:

Pseudoziele: Mann will halt das, was man für en vogue hält, was der Freund auch tut, was der Chef will, was einem die Eltern schon immer eingeflüstert haben. Diese Ziele sind meist schwach auf der Brust, da sie keinen eigenen Motivationshintergrund haben.

Zu viele Ziele: Viele Menschen überfrachten sich mit Zielen und merken erst zu spät, dass das nicht alles zu schaffen ist. Der Zeithorizont ist also wichtig. Menschen überschätzen meist, was sie in einem Jahr schaffen können und unterschätzen, was in zehn Jahren erreichbar ist.

Vermeidungsziele oder keine Ziele: Beides kommt auf das gleiche heraus: Bewegungslosigkeit. Denn das „weg von“ ist kein handhabbares Ziel. Mit dem „Ich will nicht mehr …“ kann Ihr Gehirn wenig kreatives anfangen. Bevor Sie ihr „hin zu“-Ziel nicht klar definiert haben, wird Ihnen Ihr innerer Schweinehund deshalb immer wieder sagen, dass es besser ist, alles beim Alten zu lassen als orientierungslos herumzutreiben. Und so gleichen Ihre Schritte dann eher dem etwas unsicheren Stapfen über unsicheres Terrain. Zaghaft, ohne Schwung.

Nun werden einige einwenden, dass sie ja nicht allein sind auf der Welt und ihr eigenes Wollen spätestens dann an Gewicht verliert, wenn sie morgens ins Büro kommen. Das klingt zunächst einleuchtend. Im Zweifelsfall bestimmt nämlich der Chef, was zu tun ist. Dann treten Sie mal innerlich ein paar Schritte zurück und fragen sich, ob Ihnen die Erledigung der vielen Aufgaben, die Sie nicht selbst definieren können, trotzdem bei der Erreichung Ihrer Ziele weiterhelfen. Sie könnten Ihre Fähigkeiten verbessern, Ihren Horizont erweitern, Ihr Netzwerk erweitern etc. Wenn Sie diese Aspekte bejahen können, dann sind Sie auf einem guten Weg und es liegt nun an Ihnen zu beurteilen, ob das Tempo stimmt. Wenn nicht, sollten Sie über Veränderung nachdenken.

Wie werden aber nun Ihre guten Vorsätze zu echten Rennern? Hier ein paar Tipps:

  1. Formulieren Sie Ihre Ziele klar und vor allem positiv. Ein „ich würde gern … “ ist viel schwächer als ein „ich werde …“
  2. Fragen Sie sich, warum diese Ziele ein Muss für Sie sind. Fällt Ihnen die Antwort darauf schwer? Das sollte sie nicht. 
  3. Terminieren Sie Ihre Ziele. Am Sankt-Nimmerleinstag sind Sie im Zweifelsfall schon tot. Bis wann wollen Sie ein Ziel erreicht haben? Und woran werden Sie merken, dass Sie es erreicht haben?
  4. Machen Sie sich ein Bild von Ihrem Ziel. Visualisieren Sie es, verbinden Sie es mit Ihrer Lieblingsmusik – oder noch besser: mit einem angenehmen Körpergefühl. Denn das, was Sie gedanklich und gefühlsmäßig vorwegnehmen können, hat eher Chance auf Umsetzung.
  5. Fangen Sie sofort damit an. Sie sollten nicht länger als 72 Stunden damit warten, denn die Erfahrung zeigt, dass die Motivation der Umsetzung mit dem Hinausschieben zunehmend sinkt. Das nennt man dann Selbstsabotage.
  6. Bleiben Sie hartnäckig! Ihnen werden nicht unbedingt alle Türen offenstehen. Nur die Türen Ihres Adventskalenders öffnen sich bereitwillig Tag für Tag. Aber die Türen zu Ihren Zielen bieten Ihnen viel bessere und vor allem nachhaltigere Überraschungen.

Wenn Sie jetzt noch immer Ratschläge zum Zeitmanagement benötigen, habe ich auch einen Tipp: Gehen Sie in die nächste Bahnhofsbuchhandlung und suchen Sie sich unter der Rubrik Ratgeber das dünnste Buch zum Thema Zeitmanagement aus. Dort finden Sie die Essentials vom Eisenhower-Prinzip bis zur Tagesplanung. Aber machen Sie das nur, wenn Sie wissen, wofür es gut ist.

‚Der junge Klient, den ich Eingangs erwähnte, hat seinen Schweinehund übrigens nach dem Coaching links liegen lassen. Weil er nun seine Ziele klar definieren konnte und seine Motivation dahinter so stark wurde, dass für den Schweinehund einfach kein Platz mehr war. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch. Lassen Sie es krachen im neuen Jahr!

 

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