Wirkungsvoll loben und Feedback geben

Niemand lässt sich gern kritisieren. Auch tun wir uns oft schwer damit, andere zu kritisieren – manchmal selbst dann, wenn Kritik durchaus angebracht wäre. Beides ist nur zu offensichtlich und uns wohl bekannt. Weniger augenscheinlich ist jedoch, dass viele Führungskräfte ein noch größeres Unbehagen an den Tag legen, wenn sie ein Anerkennungsgespräch führen sollen. Tatsächlich ist es für viele Führungskräfte schwieriger, Lob auszusprechen, als ein Kritikgespräch zu führen. Letzteres ist zwar unangenehm, aber es muss schließlich sein.

Es wird nicht nur zu wenig gelobt, sondern oft auch völlig falsch und manchmal geradezu unbeholfen.

Niemand wird mehr ernsthaft daran zweifeln, dass Lob und Anerkennung die Motivation der Mitarbeiter fördern. Nun kommt es aber nicht allein auf das Lob als solches an, sondern eben auch darauf, wie und in welcher Form Lob und Anerkennung gezeigt und ausgesprochen werden.

Grundsätze für wirkungsvolles Loben

  • Sprechen Sie Lob immer persönlich aus. Es bringt nicht viel, wenn Sie jemand anderen damit beauftragen. Nicht: „Sagen Sie dem Herrn xy, dass er dies und jenes gut gemacht hat.“ Der Mitarbeiter hegt sonst schnell den berechtigten Verdacht, dass es Ihnen nicht die Mühe wert ist, selbst einen Augenblick Zeit zu finden.
  • Persönliche Anerkennungsgespräche sollten immer unter vier Augen stattfinden und nicht vor versammelter Mannschaft. Schnell können Frustration, Neid und Konkurrenzkämpfe die Folge sein, wenn einem Mitarbeiter in der Gegenwart anderer Lob ausgesprochen wird.
  • Sprechen Sie die Anerkennung nicht im Vorbeigehen oder auf dem Weg zum Pausenraum aus. Ein Lob im persönlichen Gespräch hat weitaus mehr Gewicht als beiläufige Worte zwischen Tür und Angel.
  • Vermeiden Sie überzogene Lobhudelei ebenso wie Floskeln und Plattitüden. Ein planloses „Das haben Sie toll gemacht!“ oder „Weiter so!“ verkehrt ein Lob oft ins Gegenteil. Ihre Mitarbeiter lassen sich nicht für dumm verkaufen und reagieren verärgert und gekränkt auf triviale Allgemeinplätze.
  • Dauerlob ist kontraproduktiv – loben Sie nur, wenn Anerkennung tatsächlich angebracht ist. Wer permanent lobt, ist nicht nur unglaubwürdig, sondern neigt oft auch dazu, tatsächlich relevante Anlässe und Leistungen zu übersehen.
  • Kritik und Anerkennung sind zwei Paar Schuhe! Hier ist eine klare (auch zeitliche) Abgrenzung gefragt, verbinden Sie Lob niemals mit Kritik. Die Kritik würde die anerkennenden Worte zwangsläufig überschatten und damit letztendlich im Vordergrund stehen.
  • Lob sollte immer möglichst unmittelbar nach der guten Leistung ausgesprochen werden und nicht erst verspätet im Nachhinein.
  • Behandeln Sie alle Mitarbeiter gleich und loben Sie auch diejenigen, die Sie eventuell weniger sympathisch finden. Die gute Leistung ist entscheidend, weniger, wer sie erbracht hat.
  • Sprechen Sie Anerkennung auch für Teilerfolge aus. Gerade bei langfristigen Projekten besteht die Gefahr, dass die Leistungsbereitschaft im Laufe der Zeit nachlässt, wenn Anerkennung ausbleibt.
  • Ein Lob muss im konkreten Zusammenhang mit der erbrachten Leistung stehen und das Besondere der Leistung verdeutlichen.
  • Sagen Sie deutlich, worin genau die besondere Leistung bestand. Ein generelles Lob nach dem Motto „Das haben Sie gut gemacht“ ist nicht sehr wirkungsvoll und nur wenig aussagekräftig. Gehen Sie stattdessen auf konkrete Einzelleistungen ein, die Ihnen gefallen haben.
  • Sprechen Sie Anerkennung auch für persönliche Eigenschaften aus. Wurden beispielsweise besonders schwierige Arbeitsumstände (akuter Personalmangel, hoher Zeitdruck etc.) umsichtig gemeistert, sollte dies unbedingt angesprochen werden. „Ihr Organisationstalent war wieder eine große Hilfe!“ nZeigen Sie im Rahmen eines Anerkennungsgesprächs, dass Sie sich auch für die Person (und nicht nur für deren Arbeitsleistung) interessieren. Sprechen Sie also nicht nur von Unternehmensbelangen, sondern auch über Privates (Hobby, Kinder, letzter oder nächster Urlaub usw.).

Teilen Sie Ihren Mitarbeitern auch mit, wenn sich Dritte (Kunden, andere Führungskräfte) anerkennend geäußert haben. Die Bedeutung einer Leistung für das Unternehmen (oder eine Abteilung) sollte immer besonders hervorgehoben werden.

Anerkennungsgespräche können ihre volle Wirkung nur dann entfalten, wenn ein Lob authentisch ist und von Herzen kommt. Aufgesetzte Freude und gekünstelte Begeisterung sind leicht durchschaubar. Ihre Mitarbeiter entwickeln ein feines Gespür, wenn es darum geht, Authentizität von Unnatürlichkeit zu unterscheiden. Nur authentische Anerkennung motiviert Ihre Mitarbeiter, nur eine solche bedeutet für sie persönliche Beachtung, ehrliches Interesse und echte Anteilnahme.

Selbstverständlich wollen wir motivierte Mitarbeiter, und Anerkennungsgespräche sollen zur Steigerung der Leistungsbereitschaft beitragen. Die durch Lob und Anerkennung erzielte Motivation kann jedoch nur dann wirklich greifen, wenn ein Mitarbeiter Einflussmöglichkeiten hat. Denkt man beispielsweise an einen Fabrikarbeiter, der kontinuierlich die gleiche Tätigkeit ausführt und gezwungen ist, sein Arbeitstempo einer Maschine anzupassen, sobesteht hier kaum die Möglichkeit, auf die Art und Weise der Ausführung der Arbeit Einfluss zu nehmen. Es werden stets dieselben Handgriffe durchgeführt, die Arbeit kann nur auf die eine mögliche Art und nicht anders erledigt werden. Es ist bekannt, dass die Motivation der Mitarbeiter ganz entscheidend steigt, wenn ihnen möglichst viel Verantwortung übertragen wird und wenn sie über Einflussmöglichkeiten verfügen. Gleichzeitig spielt die Motivation eine stärkere Rolle, je größer die Gestaltungsspielräume der Mitarbeiter sind. Wirkungsvolle Anerkennungsgespräche gewinnen so zusätzliche Bedeutung.

Die Führungskraft als höhere Instanz

Beim Aussprechen von Anerkennung und Lob wird nun häufig ein Sachverhalt übersehen. Indem wir loben (oder auch kritisieren) erklären wir uns oft automatisch selbst zu einer höheren Instanz, die wie selbstverständlich entscheidet, was nun eines Lobes würdig ist. Mit einem Lob ist somit vielfach auch eine vielleicht gar nicht bewusste Hierarchisierung verbunden. Wenn Sie beispielsweise sagen: „Das haben Sie gut gemacht“, dann wird eine Objektivität vorgetäuscht, die – von allen Seiten betrachtet – jedoch gar nicht vorhanden ist. Denn Sie selbst sind die einzige und maßgeblich beurteilende Instanz. Mit einem solchen Satz wird zugleich, wenn auch zwischen den Zeilen, gesagt, dass Sie als Führungskraft ganz selbstverständlich weiser sind als Ihre Mitarbeiter und daher darüber entscheiden können, was nun gut oder schlecht ist.

Wir haben schon mehrfach angesprochen, dass Ihre Mitarbeiter über ein sehr feines Gespür, gerade für die Zwischentöne, verfügen. Entsprechend groß ist die Gefahr, trotz bester Vorsätze in eine Falle zu tappen und mit dem Gesagten genau das Gegenteil des Gewollten zu provozieren. Was würden Sie denken, wenn Ihnen ein beliebiger Mitarbeiter auf die Schulter klopft und dabei ein wohlwollendes „Weiter so!“ von sich gibt? Sie wären zumindest äußerst verblüfft, eher noch verärgert und würden sich solche Scherze tunlichst verbitten. Ein solches Verhalten eines Mitarbeiters wäre undenkbar, Sie würden es nicht dulden oder bestenfalls für einen schlechten Scherz halten. Und warum dürfen Sie das? „Weil Sie der Chef sind“ ist jedenfalls die falsche Antwort. Kurz, es gilt, solche Formulierungen grundsätzlich zu vermeiden!

Sämtliche Äußerungen, die nicht reversibel – also umkehrbar – sind, sollten unterlassen werden. Wenn Sie einen Satz wie „Mir hat dies und jenes gefallen, weil …“ verwenden, könnte dieser ebenso gut von einem Mitarbeiter zu Ihnen gesagt werden. Sie erklären sich damit nicht zur übergeordneten Instanz, die Objektivität vorgaukelt. Vielmehr zeigt die Formulierung ganz offen und ehrlich, dass es sich um Ihre persönliche und subjektive Meinung handelt. Und genau die wollen Sie bei einem Lob zum Ausdruck bringen. Sie wollen zeigen, dass Sie persönlich eine Leistung zu würdigen wissen.

Fehlende Rückmeldung

Schon eine schlichte Formulierung wie „Gut gemacht“, ist letztendlich ein Allgemeinplatz, dem Ihre Mitarbeiter kein Vertrauen schenken. Abgesehen davon, dass es sich hier um eine unterschwellig hierarchisierende Ausdrucksweise handelt, wird der Mitarbeiter die zugrunde liegende Gesinnung durchschauen. Er wird denken: „Aha, jetzt soll ich also wieder motiviert werden!“ Hier fehlt es nicht nur an der persönlichen Anteilnahme, sondern auch am konkreten Bezug zur gemeinten Leistung. Überhaupt wird die tatsächliche Wirkung einer Leistung oft vernachlässigt. Jeder Mitarbeiter braucht Resonanz, ein Feedback darüber, was seine Arbeit überhaupt bewirkt.

Jede Handlung produziert eine Wirkung. In einigen Fällen kann ein Mitarbeiter die Wirkung seiner Handlung nicht selbst komplett überschauen. Beispielsweise dann, wenn er an einem Teilbereich eines langfristigen Projektes arbeitet. Erhält er keine Resonanz über den Erfolg oder Misserfolg eines solchen Projektes, läuft seine Handlung – also seine Arbeit – ins Leere. Jeder Mitarbeiter muss daher informiert werden, in welcher Weise sich sein Handeln auswirkt. Erst die Information zeigt dem Mitarbeiter, wie er seine Arbeitsleistungen zukünftig noch wirksamer ausrichten kann. Er will überprüfen, ob sein Einsatz lohnend war. Hat sich der Einsatz nicht unmittelbar gelohnt, will er die Ursachen dafür kennen.

Mangelnde Rückmeldungen, fehlendes Feedback sind häufige Ursachen für nachlassende Leistungen. Ein Mitarbeiter, der beispielsweise abends noch fieberhaft für den Vertrieb an einer dringend benötigten Präsentation arbeitet, ist eher dazu bereit, einen solchen Einsatz zu wiederholen, wenn er ein entsprechendes Feedback erhält. In einem solchen Fall reicht Anerkennung für den Einsatz allein nicht. Unbedingt sollte der Mitarbeiter erfahren, wie die Präsentation verlaufen ist – ob beispielsweise ein neuer Kunde gewonnen werden konnte. Jeder Mitarbeiter will sehen, welches die Früchte seiner Arbeit sind. Es gibt keinen vernünftigen Grund, ihm solche Informationen vorzuenthalten. Selbst wenn kein direkter Erfolg mit einem Projekt verbunden ist, konnten in den allermeisten Fällen doch wenigstens wichtige Erfahrungen gesammelt werden. Auch über solche Erkenntnisse sollten Sie Ihre Mitarbeiter informieren.

Ein Totschweigen von Misserfolgen oder verpassten Zielen vermindert immer die Leistungsbereitschaft. Eine Handlung (und die Handlung, nämlich die Arbeit an einer Sache, kann sich schließlich über Tage und Wochen ausdehnen) ohne Wirkung ist schlichtweg deprimierend, jedenfalls noch entmutigender als ein Misserfolg. Selbst Fehlschläge können noch einen Ansporn für bessere Leistungen darstellen, nämlich dann, wenn die Ursachen offen und ohne Schuldzuweisungen diskutiert werden. Aus Fehlern wird gelernt, und es ergeben sich neue Zielsetzungen für die nächste Handlung.

Verlauf eines guten Anerkennungsgesprächs

Ein wirkungsvolles Anerkennungsgespräch verläuft strukturiert und durchläuft dabei mehrere Phasen. Ein planloses Durcheinander wird dem positiven Anlass nicht gerecht und lässt ein gut gemeintes Lob wirkungslos verpuffen. Versuchen sie daher, in Anerkennungsgesprächen den folgenden Ablauf einzuhalten (siehe auch: Etrillard, Stéphane: Gekonnt kontern, S. 168 – 172 und Spitzengespräche, S. 162):

Kontaktphase

Niemand fällt gern mit der Tür ins Haus. Mit der Begrüßung soll vielmehr erst die Grundlage für das nachfolgende Gespräch gelegt werden. Der Anlass für Anerkennungsgespräche ist durchweg erfreulich, Sie sollten eine entsprechend positive Stimmung ausstrahlen. Wenn Sie beispielsweise ein Morgenmuffel sind, ist der frühe Morgen nicht die richtige Tageszeit für ein Anerkennungsgespräch.

Darstellung des Sachverhalts
Gehen Sie hier auf den Sachverhalt als Ganzes ein und zeigen Sie, dass Sie insgesamt sehr zufrieden sind.

Perspektive des Mitarbeiters
Ermuntern Sie den Mitarbeiter, seine Sicht der Dinge darzustellen. Denken Sie dabei daran, ihm wirklich zuzuhören!

Deutlich aussprechen, worin die Leistung bestand Lassen Sie keine Missverständnisse aufkommen. Sprechen Sie sachlich aus, was genau Ihnen gefallen hat, was für Sie die erwähnenswerte Leistung war.

Perspektiven
Verdeutlichen Sie die Perspektiven, die sich aus derartigen guten Leistungen ergeben. Sprechen Sie von den Aussichten, die sich für den Mitarbeiter selbst ergeben, jedoch auch von den Vorteilen, die seine Leistung für das Unternehmen erbracht hat.

Verabschiedung
Nehmen Sie die Schlussphase des Gesprächs zum Anlass, auch persönliches Interesse am Mitarbeiter auszudrücken. Sprechen Sie noch einige Zeit über private Dinge. Lassen Sie das Gespräch keinesfalls abrupt enden, nachdem das Lob ausgesprochen wurde. Geben Sie dem Mitarbeiter eine positive Grundstimmung mit und reichen Sie ihm abschließend die Hand.

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