Schlagfertigkeit – die zehn Probleme und was Sie dagegen machen

Und da war es wieder: „Ach hätte ich nur gesagt …“ denn im Nachhinein hat man sie dann parat – die schlagfertigen Antworten. Und weil es wieder nicht geklappt hat, nimmt man es einfach hin. Gründe gibt es ja genug. Genau genommen sind es zehn Probleme die uns hindern schlagfertige Antworten zu geben. Schüchternheit, vermutete Kreativitätslosigkeit oder ein übertriebener Selbstanspruch – um nur einige zu nennen – bremsen uns Schlagfertig zu reagieren. Schauen wir uns an, was genau dahinter steckt.

Ich traue mich nicht schlagfertig zu sein

Ihnen fehlt es an Mut. Probieren Sie es mit dem Motto: „einmal ist keinmal“. Dieser deutsche Ausdruck beinhaltet ja die Ideen, dass dass was lediglich einmal passiert ist, gleichzeitig vielleicht auch überhaupt nicht stattgefunden hat. Flankieren Sie dann eine schlagfertige Äußerung mit „Oh, das ist mir jetzt so rausgerutscht!“. Mut ist nicht angeboren, aber situative Tapferkeit kann man lernen. Wenn Sie etwas verändern möchten, dann brauchen Sie schließlich auch den „Mut der Veränderung“. Und Sie wissen ja: Es gehört oft mehr Mut dazu, seine Meinung zu ändern, als ihr treu zu bleiben. Deswegen probieren Sie es mal mit Widerworten („Wie kommen Sie auf die Idee?“, „Na Sie sind aber lustig!“ oder „Jetzt werden Sie mal nicht komisch“). Das ist dann vielleicht nicht „ungefiltert“ kommt dafür vielleicht aber umso raffinierter daher!

Mir fällt spontan nichts ein

Sie glauben, Ihnen fehlt es an Spontaneität. Spontaneität bezeichnet beim Menschen eine Charaktereigenschaft, die ihn häufig unerwartet reagieren lässt, in der Regel basierend auf einem inneren Antrieb oder einer Eingebung. Es gibt ja den geflügelten Ausdruck „Sei spontan!“. Paul Watzlawick, der große österreichische Kommunikationspsychologe, sieht darin die sogenannte „Sei-spontan-Paradoxie“. Die Problematik, die hinter dieser Aufforderung steckt, sei an einem Beispiel verdeutlicht: Ein Mann, der von seiner Frau aufgefordert wird „du könntest mich doch auch einmal spontan zum Essen einladen” befindet sich durch diese Aufforderung in einer unlösbaren Situation: lädt er seine Frau nicht ein, so wirft sie ihm weiterhin mangelnde Aufmerksamkeit vor; lädt er sie nun zum Essen ein, wird sie ihm vorwerfen, dass dies ja nur auf ihr Bitten hin geschah und somit nicht spontan von ihm gekommen ist. Der Mann in dem Beispiel befindet sich also in einer ausweglosen Situation. Das Fazit hieraus ist, wenn Sie nicht in einer ausweglosen Situation enden wollen, dann lösen Sie sich von der Idee, Schlagfertigkeit erfordere Spontaneität und legen sich den folgenden Satz zu recht: „Darling, Dein Lieblings-Italiener erwartet uns heute um 19 Uhr“. Wenn es dann noch schaffen, den Tisch tatsächlich noch auf die Schnelle zu reservieren, dann sind Sie ohne Frage ein ganz besonders toller Hecht und Ihre Frau kann stolz sein, immer wieder „spontan“ von Ihnen überrascht zu werden!“.

Ich wüsste zwar, was ich sagen könnte, fürchte jedoch die Konsequenzen

Sie haben Angst vor den Konsequenzen. Was ist wohl Ihre Vorannahme dabei ? Eine schlagfertige Reaktion könnte den anderen verletzen. Das tut sie möglicherweise auch, allerdings haben Sie mit der neuen Schlagfertigkeit einen Ansatz, der dies gar nicht möchte. Und möglicherweise ist der Affront des anderen ja nur von Ihnen angenommen. Beispiel aus dem Supermarkt: „Haben Sie gar keine Bonuskarte von uns?“ Wenn Sie jetzt sagen: „Vielen danke, ich bin sehr glücklich auch ohne Ihre Bonuskarten!“ wird die Verkäuferin nicht verletzt sein, da sie ohnehin bei 9 von 10 Personen eine Abfuhr erhält. Noch lustiger wäre allerdings eine Antwort wie „Die Karte passt leider farblich nicht zu meinem Portemonnaie“. Als Mann könnten Sie sagen: „Die hat leider nicht so viele PS wie mein Porsche!“. Sie merken: Geschick umgelenkt und mit einer guten Portion Selbstironie gibt es gar keine Konsequenzen, die Sie befürchten müssten!

Ich glaube ich bin nicht der Typ für schlagfertige Antworten

Sie glauben, es ist eine Typfrage, ob man schlagfertig ist oder nicht? Weit gefehlt. Das folgende Beispiel kann jedem passieren, jedenfalls dann, wenn Sie gelegentlich in einer solchen Institution Sport treiben. Im Fitness-Center: „Oh, interessant, Ihr Mitgliedsausweis sagt mir dass Sie das letzte mal vor drei Jahren bei uns waren!“ – Sympathisch: „Stimmt, wie die Zeit vergeht!!!“, selbstbewusst: „Richtig – und zwar genau am 23.02. von 14.53 – 16.36 Uhr. Ich erinnere mich, als wär’s gestern gewesen. Hat sich das zwischenzeitliche Gedächtnistraining also doch mehr bezahlt gemacht als Bauch – Beine – Po” 🙂 oder gleich selbstbewusst-sympathisch nach vorne gehen: „Stimmt, da habe ich alles durchprobiert! Nun hörte ich, Sie hätten vor kurzem neue Fitnessgeräte bekommen …“ oder „Ja, was meinen Sie denn, wie schnell der Muskelkater verheilt? Das braucht schon seine Zeit!“. Vielen Dank übrigens an dieser Stelle an die vielen Mitglieder der Xing-Gruppe „Schlagfertigkeit“, denen ich die Antwortideen zu diesem Fall verdanke! Man kann also schlagfertig sein, ohne dem Stereotyp eines aalglatten und dauerschlagfertigen Immobilienmaklers oder eines dampflaudernden und vorgeblich stets gut gelaunten Versicherungsvertreters zu entsprechen.

Ich meine Konfrontationen und Schlagfertigkeit sind eher etwas für aggressivere Menschen

Sie fürchten also mögliche Momente der Aggression und weitere Eskalation und wollen daher sich der Situation gar nicht aussetzen. Was ist also die richtige Reaktion, wenn Sie von einem Kollegen angeraunzt werden: „Mensch, sag einmal, was machst du denn eigentlich den ganzen Tag? Du weißt doch, dass wir das Projekt um 13 Uhr präsentieren wollen“. Jetzt nicht reagieren und alles in sich hineinfressen, das wäre ungesund und tut Ihrer Magenschleimhaut nicht gut! Zu sagen: „Mañana mañana, morgen ist doch auch noch ein Tag!“ würde Ihren Kollegen zu Recht provozieren und Ihn auf die Palme bringen. Charmant zu kontern mit : „Mein lieber Herr Kollege, ich verstehe deine Ungeduld, möchte dir aber sagen, dass ohne gut lackierte Fußnägel diese Präsentation sowieso zu Scheitern verurteilt wäre!“ oder Sie sagen einfach: „Es ist schon alles technisch vorbereitet, jeder macht bei uns eben das was er oder sie am besten kann!“. Oder aber Sie schmeicheln. „Ich weiß, dass du der klügere bist, deswegen habe ich mich um die Technik gekümmert und wir können jetzt gleich loslegen!“. Sie sehen: je charmanter Sie sind, desto weniger echte Reibungsfläche bieten Sie, frei nach dem Motto: „Mit diskretem Charme zum Erfolg!“

Es gibt tolle, kreative Schlagfertigkeits-Techniken, klar, aber ich bin leider gar nicht kreativ

Sie glauben, dass Ihnen die Welt der Schlagfertigkeits-Techniken deswegen verschlossen bleibt, weil es Ihnen – im Gegensatz zu anderen – an der zur Anwendung notwendigen Kreativität fehlt. Die psychologische Forschung hat sehr schlüssig aufgezeigt, dass die meisten Menschen ein sehr eingeschränktes Verständnis von Kreativität haben. Die meisten Menschen denken, Kreativität sei vor allem das (Er-)Finden neuer Ideen und Einfälle. Dabei gehört neben dem Generieren von Ideen („divergentes Denken“) hierzu genauso neues Kombinieren und Zusammensetzen von Ideen. Bei der Schlagfertigkeit ist sicherlich beides wichtig. Wenn Sie jedoch von der Idee Abstand nehmen, Preise für die originellste Replik gewinnen zu wollen, kommen Sie mit dem zweiten Part, dem Zusammenführen und der neuen Kombination von bereits bestehendem („konvergentes Denken“) auch schon recht weit. Probieren Sie es doch einmal mit den ganz simplen Techniken, z.B. Widerworte.

Wenn ich über das Thema Schlagfertigkeit nachdenke, sinkt mein Selbstbewusstsein auf null

Sie glauben, dass Ihr Selbstbewusstsein nicht ausreicht, um schlagfertig sein zu können. Das ist ein klassischer Umkehrschluss: Ich brauche Selbstbewusstsein, um auf dieser Basis dann schlagfertig handeln zu können. A ist die Voraussetzung für B. Da ich über A nicht oder nicht im ausreichenden Maße verfüge, bleibt mir B verschlossen. Selbstbewusstsein kommt vom Erfolg. Einen Erfolg, kleinen wie großen, kann ich mir aber erarbeiten. Damit steigt mein Selbstbewusstsein. Dies wiederum gibt mit die innere Kraft, neues auszuprobieren und hier – nach einer gewissen Zeit – auch wieder erste Erfolge zu verspüren. Deswegen empfehle ich Schlagfertigkeit zunächst immer wieder in wenig riskanten Alltagssituationen auszuprobieren. Anders herum gesagt, wenn Sie bei Ihrem wöchentlichen Gang zum Drogeriemarkt auf die stereotype Frage „Haben Sie eigentlich schon unsere Bonuskarte?“ bei jedem neuen Besuch zehn unterschiedliche schlagfertige Antworten angebracht haben, sind sie bei der Frage Ihres Chefs: „Meinen Sie nicht auch Herr Meier, dass Sie so langsam reif sind für die Chef-Etage?“ mehr zutrauen in Ihre eigenen Fähigkeiten haben und mit einem Fingerschnippen eine schlagfertige, angemessene und humorvolle Antwort generieren.

Ich habe viele gute Ideen, mir fehlt in der Situation jedoch der notwendige Impuls, diese auch auszusprechen

Sie vermuten, dass Ihnen im Moment ein Impuls, eine Anregung von außen fehlt, die Ihnen helfen würde, dass was Ihnen auf der Zunge liegt, auch tatsächlich auszusprechen. In der Psychologie würde man von Blockaden sprechen. Gute Verkäufer übrigens haben nicht nur die Fähigkeit, sich in Ihre jeweiligen Kunden hineinzuversetzen und sich vorzustellen, was diese benötigen, sie verfügen auch über die Fähigkeit, diese Ideen als innere Impulse wahrzunehmen und daraus die Motivation für eine Handlung, wie z.B. einen kurzen Telefonanruf, abzuleiten. Was hindert Sie, den Impuls wahrzunehmen und auf die Handlungsebene zu kommen? 49 v. Chr. überschritt Caesar das Flüsschen Rubikon, der damals die natürliche Grenze zwischen dem eigentlichen Italien und der römischen Provinz Gallia Cisalpina bildete. Diese Überquerung bedeutete seinerzeit einen schrecklichen Bürgerkrieg. Nicht umsonst spricht man auch heute noch davon, „den Rubikon zu überschreiten” wenn eine folgenschwere Entscheidung ansteht. Aus dieser Zeit stammt auch das berühmte Zitat  „elea iacta est“ („Der Würfel ist geworfen worden“).

Sie machen einen Schritt, den Sie nicht mehr zurücknehmen können. Das gilt ja nun auch für jede kommunikative Äußerung. Ist diese einmal getätigt, lässt sich dies nicht ungeschehen machen. Allerdings: Nachdem einmal der Rubikon überschritten ist, vollziehen sich die weiteren Ereignisse mit der Eigendynamik von innerer Haltung und äußerer Rhetorik. Diese Sachlogik bedeutet zweierlei: Sie müssen zum einen an Ihrer inneren Haltung arbeiten, zum andern gängige Techniken und Prinzipien der Schlagfertigkeit auch tatsächlich beherrschen. 40 Techniken basierend auf 8 verständlichen Prinzipien finden Sie in meinem Buch „Die neue Schlagfertigkeit“. Die Haltung der neuen Schlagfertigkeit, welche hier ebenfalls eingehend beschrieben wird, ist eine sehr angenehme und sympathische Herangehensweise an das Thema, so dass es Ihnen nicht schwer fallen wird, diese einzunehmen, wenn Sie die Grundgedanken erst einmal verstanden haben.

Meine Ansprüche sind wohl zu hoch, deswegen gefallen mir auch die ersten Ideen für eine schlagfertige Antwort nicht und ich bleibe passiv

Sie glauben, die Ansprüche verhindern, dass Sie handeln. Na klar, die süßen Trauben hängen hoch, andererseits auf 10 Kilometer finden Sie überhaupt keine Trauben mehr. Lieber zu 80 Prozent richtig und es passiert etwas, als zu 100 Prozent richtig und es passiert nichts, sagt ein guter Bekannter von mir gerne. Mir ist ein Fall bekannt, wo jemand nach fünf Jahren intensivstem Studium eine fertig geschriebene Diplomarbeit nicht abgeben wollte, weil sie der Meinung war, dass diese zum Durchfallen führen würde. Gute Freunde konnten sie dann mit sehr viel gutem Zureden und anderen Überzeugungstricks doch noch dazu bewegen, die Arbeit abzugeben. Das Ergebnis war übrigens eine glatte Eins! Wir glauben zu wissen, wie gut oder schlecht wir sind. In Wahrheit wissen wir häufig gar nichts darüber, wenn wir es nicht ausprobieren. Schon Kurt Tucholsky wusste: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“.

Immer wenn ich schlagfertig reagieren sollte, löst dies bei mir Stress aus

Sie empfinden es so, dass Stress unabänderlich mit Situationen verbunden ist, welche von Ihnen eine schlagfertige Reaktion verlangen. Was ist Stress? Stress ist ein biologischer Prozess der beim Körper Veränderungen hervorruft, hervorgerufen durch die Angst etwas nicht schaffen zu können. Da Stress ein biochemischer Vorgang ist, der nur im Kopf stattfindet, wird dieser letztlich auch nicht von jemand anderen hervorgerufen, sondern immer nur von der gestressten Person, also wenn dies für Sie zutrifft, von Ihnen selbst. Diesen mit Befürchtungen gekoppelten Spannungszustand können also nur Sie in den Griff bekommen, mit den richtigen Techniken und funktionierenden Prinzipien zum einen, aber auch mit Entspannungstechniken zum anderen. Die Möglichkeiten sind vielfältig: z.B. die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen. Wenn Sie sich einmal die Mühe gemacht haben, diese Technik zu erlernen können Sie diese jederzeit einsetzen. Zudem gibt es Methoden der mentalen Entspannung wie Atemtechniken („atmen Sie ganz ruhig und gleichmäßig“, Zählmethoden („langsam mit jedem Ausatmen rückwärts zu zählen“) sowie kurze Fantasiereisen („entspannte Situation an wunderschönem Ort vorstellen“), die sehr gut in solchen Fällen eingesetzt werden können.

 

 

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