Respekt fängt bei uns selbst an

Menschen wollen Respekt, sind oft aber nicht bereit, anderen Respekt zu erweisen. Dabei beginnt Respekt nicht erst bei Handlungen anderer von außen, sondern fängt bei uns selbst an. Wer Respekt aufbauen möchte, kommt nicht umhin, alle Sinne zu öffnen und umfassend wahrzunehmen. Es sind nicht nur Menschen und deren Bedürfnisse, denen wir Achtsamkeit schenken sollten.

Respekt aus der 360°-Perspektive

Das Buch zum Thema

Bei allem Respekt
» Mehr Infos

Genauso, wie unser Körper begrenzte Ressourcen hat, aus denen wir achtsam schöpfen sollten, ist es mit unserer Lebensgrundlage. Wir haben nur eine Erde, die über begrenzte Ressourcen verfügt. Dennoch handeln wir so, als wären sie unbegrenzt.

Beginnen wir bei unserem täglichen Bedarf: Wie gehen wir mit unserer Nahrung, unseren Lebensmitteln um? Leider landet viel Verwertbares achtlos im Müll. Pro Kopf wurden im Jahr 2020 in Deutschland achtundsiebzig Kilogramm Lebensmittel weggeworfen, zeigt eine Erhebung des Statistischen Bundesamtes. In anderen Ländern ist es ähnlich. Weltweit wird etwa ein Drittel der erzeugten Nahrungsmittel vergeudet, ein Großteil davon in Privathaushalten, im Handel und der Gastronomie. Wenn Konsum zu einer abstrakten Handlung wird, geht der Respekt vor Lebensmitteln unweigerlich verloren.

Was bedeutet das? Wir verbinden zum Beispiel zwei Tätigkeiten wie die Nutzung des Smartphones und die Einnahme unserer Mahlzeiten. Im letzten Urlaub habe ich eine Familie am Nebentisch beobachtet, Eltern und zwei Kinder im Grundschulalter: Beide Elternteile am Handy, vertieft in den Jahrmarkt der Social-Media-Eitelkeiten, die Kinder am Tablet, vertieft in Videos – vermutlich, damit sie sich nicht langweilen. Die Speisen wurden achtlos in den Mund geschoben, der Rest abserviert und entsorgt. „Hat es Ihnen geschmeckt?“, fragte die freundliche Kellnerin. „Sehr gut“, antworteten die Eltern unisono und wie Roboter – ohne aufzusehen. Die ganze Familie wirkte ferngesteuert. Nur das Mädchen schaute ab und zu auf. Als sich unsere Blicke trafen, lächelte sie mich an. Sie wirkte, als suche sie Unterhaltung außerhalb ihrer Tablet-Matrix. Schade, denn ihre Familie bemerkte es gar nicht.

Viele Menschen fänden eine analoge Tischkultur – ohne Handys beim Essen – ungewohnt oder gar unmöglich. Doch es ist möglich, auch wenn es eine Entscheidung ist, deren Umsetzung für viele am Anfang etwas unbequem ist. Das Ergebnis ist dafür, dass neben den guten Gesprächen auch mit dem bewussten Genuss des zubereiteten Mahles dem Essen Respekt gezollt wird.

Die Wahrnehmung bewusst auf andere lenken

Respekt wird oft als „auf Anerkennung beruhende Achtung“ definiert. Wenn wir mit unserer Zeit, unserem Umfeld, unseren Lebensmitteln, der Natur und mit uns selbst achtlos umgehen, können wir auch anderen Menschen kaum die nötige Wahrnehmung schenken, um respektvoll zu handeln.

Alles, was unser Leben ausmacht, von unseren Mitmenschen über die Natur bis hin zu den Lebensmitteln, die wir konsumieren, ist ein Privileg, über das wir verfügen. Oft sind wir uns dessen gar nicht bewusst und lenken uns ab, statt achtsam zu sein. Bewusst und im Sinne anderer zu handeln, ist eine Entscheidung, die Selbstwert und Respekt voraussetzen. Die Beziehung, die wir zu uns selbst haben, bestimmt unseren Selbstwert und die Beziehung zu anderen.

Wer über diese Klarheit verfügt, strahlt nach außen und genießt auch den Respekt anderer.

Selbstachtung oder Selbstwert ist aus Sicht der Psychologie die Bewertung, die man an sich selbst vornimmt. Menschen mit einem hohen Selbstwertgefühl erwiesen sich in Studien offenherziger, beziehungs- und konfliktfähiger sowie leistungsfähiger und zufriedener. Ist das Selbstwertgefühl gering, muss ständig kompensiert werden – oft zu Lasten von Kolleginnen und Mitarbeitenden im Unternehmen.

Erwarten Sie nicht, dass Ihnen jemand anders freimütig und altruistisch die Bühne überlässt. Altruismus ist eine Form des Handelns, die Selbstwert und Respekt voraussetzt. Wir wähnen uns zwar als hilfsbereit und respektvoll, doch wenn es darauf ankommt, klopft unser Ego mit aller Deutlichkeit an die Türe. Dann ist es eine bewusste Entscheidung, anders zu handeln. Was uns jedoch dabei hilft, diese Entscheidung zu treffen, ist der Umgang mit uns selbst.

3 Tipps für mehr Klarheit und Respekt:

#1 Nehmen Sie gleich heute genau unter die Lupe, was Sie umgibt: Ihre Umwelt, Ihre Nahrung, Ihr Partner, Ihre Kinder – und Sie selbst. Machen Sie bewusst nur eine Sache zu einem Zeitpunkt. Das ist in Zeiten von Multitasking und permanentem Informationsfluss schwierig, aber essenziell, um den Fokus auf das Wesentliche zurückzugewinnen. Wenn wir uns selbst und das, was wir gerade tun, nicht mehr wahrnehmen können, verlieren wir Klarheit in der Kommunikation. Deshalb: eine Sache tun, dann die nächste.

#2 Machen Sie sich vor jedem Termin oder Gespräch deutlich, welche Rolle Sie haben und was Ihr Ziel ist. Agieren Sie aus dem Selbstverständnis, das dieser Rolle innewohnt und setzen Sie Ihren Fokus auf das zu erreichende Ziel. Das verleiht Ihnen Klarheit und Ansehen in Meetings.

#3 Erwarten Sie in Gesprächssituationen nicht, dass andere Ihnen freiwillig den Vortritt lassen oder altruistisch handeln. Machen Sie den ersten Schritt, wenn Ihnen etwas wichtig ist – das ist Wertschätzung und Respekt sich selbst gegenüber.

Teilen

Dieser Artikel kann nicht kommentiert werden.