Kopieren von den Besten

Der Erfolg ist überall – einschlägige Magazine berichten über die pfiffigsten Wachstumsstrategien der Globalplayer, Managementgurus empfehlen gebetsmühlenartig die uneingeschränkte Nachahmung. Ganz gleich ob Kosten-, Image- oder Markführerschaft um nur einige zu nennen – erlaubt ist, was Erfolg verspricht, so die gängige Praxis. Warum sollte man also lange nachdenken und womöglich seine eigene risikobehaftete Strategie entwickeln. Mit COPY & PASTE, das hat sich unter Managern rumgesprochen, ist man auf der sicheren Seite – im kleinen wie im Großen. Viele, die darin ihren Weg sahen, wurden jedoch eines besseren belehrt: Unternehmen, Märkte und Kunden sind einzigartig – und brauchen individuelle Strategien.

Wachstum ist das oberste Unternehmensziel

Die Deutsche Bank hat es vorgemacht, BMW zieht nach und Porsche lächelt nur darüber. Während die ersten beiden vorrangig die Aktionäre beglücken und sich ausschließlich auf die Erhöhung der Eigenkapitalrendite konzentrieren, wählte Porsche den Ansatz über das werthaltige Wachstum. Der nachhaltige Erfolg gibt wohl eher Porsche recht.

Und ist nicht auch der Glaube an das Wachstum die Idee jedes Unternehmensgründers? Benötigen wir nicht auch volkswirtschaftlich mindestens jährlich +2%, um keine neue Arbeitslosigkeit zu erzeugen und den Wohlstand zu halten. Also fangen wir an uns auf das zu fokussieren, worum es geht: zu wachsen. Und allein die Frage, wie können wir nächstes Jahr deutlich über dem Schnitt der Branche wachsen, regt die Gehirnzellen zu Problemlösungen an, die neuen Nutzen stiften. Wer nicht wächst, bietet zu wenig Nutzen! Wird dieser Punkt beim Nachmachen überhaupt berücksichtigt?

Die 12 Kennzeichen wachstumsorientierter Unternehmen

Was zeichnet kompromisslos wachstumsorientierte Unternehmen aus? Sie stellen dieses Ziel nie in Frage, denn sie haben einen unbändigen Wachstumswillen im Blut. Sie wissen, dass sich die Technik nicht alleine verkauft und achten daher ganz besonders auf das Gleichgewicht von Engineering und Vertrieb. Sie arbeiten tendenziell unterbesetzt, delegieren früher und mehr und achten auf flache Hierarchien. Sie gehen dorthin, wo ihre Kunden sind. Daneben gibt es weitere signifikante Unterschiede. Doch solange diese intimen Details nicht bekannt sind, gelingt es keiner Copy-Strategie an das Original heranzukommen. Das ist wie bei den Boxenstopp-Zeiten von Ferrari, die in 90% der Fälle um 0,5 Sekunden schneller sind als die der anderen Rennställe. Das Erfolgsgeheimnis konnte auch noch keiner knacken.

Wachstumsmodelle

Wir kennen Wachstum durch Aufträge und Wachstum durch Scheckheft, um es überspitzt zu formulieren. Aber wie kommen wir weiter, wenn der Marktanteil bereits über 60% liegt? Auf welche Copy-Strategie greifen wir dann zurück? Und ist bei genauerer Betrachtung nicht jedes Unternehmen ständig in Situationen, in denen es alleine eine einzigartige Entscheidung zu treffen hat?

Hier kann eine Copy-Strategie vermutlich keinen Rat geben. Hier gilt es aus einer Fülle von Modellen situationsbezogen das Richtige zu wählen. Nützen wir an dieser Stelle z.B. das Denken in einem anderen Aktionsradius, beschäftigen wir uns mit Wachstums-Codes, prüfen wir systematisch die internen und externen Hürden und Blockaden? All das kann nur funktionieren, wenn wir die festgefahrenen Nachmacher-Trampelpfade verlassen und uns abseits bewegen.

 

Vom Modell zur eigenen, unnachahmbaren Strategie

Mit der Copy-Strategie ist es so ähnlich wie mit dem berühmten Pfeifen im dunklen Keller. Sie soll uns Sicherheit vorspielen, doch in Wirklichkeit wissen wir genau, dass wir uns selbst beschummeln. Und das führt dann dazu, dass wir der Strategie in Extremsituationen, dann wenn wir sie am nötigsten hätten, misstrauen. Eine eigene, unnachahmbare Strategien erfasst das Wesen und das Verhaltensmuster eines Unternehmens. Sie berücksichtigt den aktuellen Stand der Lehre und Praxis. Sie integriert diese Erkenntnisse und formuliert daraus einen neuen einzigartigen Weg, wie z. B. die Entwicklung einer Marktführerschaftsstrategie.

Denn es ist nicht damit getan, ein Marktsegment und eine Kernkompetenz zu formulieren, wie das in den achtziger und neunziger Jahren häufig reichte, um innerhalb einer Branche eine führende Stellung einzunehmen. Die Entwicklung der richtigen Wachstumsstrategie ist komplexer und variantenreicher geworden. Oder wie es jüngst Michael E. Porter formulierte: Jedes Unternehmen kann eine für sich einzigartige Wettbewerbsposition entwickeln, aber dann müssen auch alle Aktivitäten darauf zugeschnitten werden (HBM 04-2008).

 

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