Ich bin dann mal weg …

Wir twittern, simsen, mailen, googeln … durch Handys mit Internetzugang und die Errungenschaften des Web 2.0 kommt die permanente “inhaltsreduzierte” Dauerkommunikation ganz modern daher – 24 Stunden, 7 Tage der Woche und das in 365 Tagen im Jahr. Eigentlich ganz schön nervig. Also schalten Sie doch einfach mal ab …

Der Sommer ist eine schöne Jahreszeit, denn neben der täglichen Arbeit können wir uns auch auf den Feierabend freuen. Die langen Abende laden ein sich mit Freunden im Biergarten zu treffen, Grillpartys zu feiern oder zu einem Sonnenbad im Park. Eigentlich Entspannung pur, wenn da nicht der kollektive Drang zur Dauersendung wäre.

Die Gefahr kann von jedem ausgehen (sogar vom Gesprächspartner), doch wer wachsam seine Umgebung betrachtet, kann sie auch schnell aufspüren. Potenzielle Dauersender und Stand-by-Empfänger lassen sich leicht an ihren körperlichen Betriebsamkeiten lokalisieren: ein hektischer Griff zum Handy, dazu die weit aufgerissenen Augen, die hektisch zwischen Umgebung und Display hin und her switchen sowie die krampfähnliche Haltung der rechten Hand über der Tastatur. Ausmachen lassen sie sich Dauersender leicht, dagegen wehren kann man sich nicht. Doch „warum“ ist es sinnvoll und „wie“ vermeiden wir es selbst zum Dauersender und Stand-by-Empfänger zu werden?

Stand-by bis zum Stromausfall

Der Begriff „Stand-by“ bedeutet übersetzt „Bereitschaftszustand“. Genutzt wird der Stand-by-Modus zur Energieeinsparung unter Vermeidung eines zeitaufwändigen Neustarts, so zu lesen in einem elektronischen Lexikon.  Fakt ist, auch im Bereitschaftszustand (Stand-by) verbraucht ein Gerät Energie in Form von Strom.

Das lässt sich auch auf den Menschen übertragen. Wer sich der permanenten Erreichbarkeit verschrieben hat bzw. zu jeder Zeit auf Dauersendung ist, verbraucht Energie und setzt damit auch seine Leistungsfähigkeit und nicht zuletzt seine Gesundheit aufs Spiel.

Jeder dritte Berufstätige arbeitet bereits am Limit. Neben Hetze und Termindruck leiden auch viele darunter via Laptop oder Blackberry rund um die Uhr erreichbar zu sein. Durch die Symptome Erschöpfung und ausgebrannt sein (Burn-out) wurden im letzten Jahr fast 10 Millionen Arbeitnehmer krank geschrieben. Das ist eine Steigerung von 17% in den letzten fünf Jahren (TK-Gesundheitsreport).

Das lässt sich vermeiden, wenn wir der Erholung, Pause, Ruhe und Regeneration mehr Bedeutung zumessen würden und das Abschalten als Möglichkeit in Betracht ziehen.

Mut zum Abschalten

Doch abschalten können ist für viele gar nicht so einfach. Zunächst muss das angelernte schlechte Gewissen überwunden werden. Nicht selten begleiten einem in Gedanken Sprüche wie: „Was, schon wieder Pause“? „ Hast du dein Handy nicht gehört“? „Die E-Mail war doch mit höchster Priorität gekennzeichnet“? „ Ich habe gar nichts mehr von dir gelesen – bist du krank gewesen“?  Das kann blockieren und einem von der vernünftigen Idee auch einmal „Pause“ zu machen abbringen. Außerdem werden Pausen gerne auch mit Arbeit und Betriebsamkeit vermischt und das passiert vor allem, wenn die Handys,  die E-Mails eben nicht abgeschaltet sind oder die Pause zum Twittern o.ä. verwendet wird.

Was also muss man tun, um den Mut aufzubringen auch mal abzuschalten? Die wichtigste Hilfe dafür ist, ein gutes und schlüssiges wie auch vernünftiges Argument für sein Handeln zu haben und dies auch sicher und selbstbewusst darzustellen und zu vertreten?

Entspannung durch eine schreibende Selbstbetrachtung

Der Intelligenzforscher Siegfried Lehrl meint: „Wer immerzu damit beschäftigt ist, eingehende Informationen zu verfolgen, kommt irgendwann überhaupt nicht mehr zum Nachdenken“.

Der Schlüssel dazu liegt im Nachdenken, also in der Auseinandersetzung mit sich selbst und seinen Vorstellungen. Dazu ist es interessant sich zwei bewährte Hilfsmittel anzuschauen.  Zunächst die Selbstbetrachtung – Marc Aurel (121 n. Chr. – 180 n. Chr.) entdeckte die Energie und die Klärungsmöglichkeit durch die schreibende Selbstbetrachtung. In vielen Schriften bannte er seine Erinnerungen, Eindrücke und Gedanken.

Ebenfalls spannend ist die in der asiatischen Philosophie seit über 2000 Jahren gefestigte Erkenntnis, dass man durch das bewusste Schreiben (Kalligrafie) zur Ruhe und Entspannung kommt – nicht selten gilt sie sogar als eine Form der Meditation.

Bewährtes sollte man bewahren und so lassen sich diese beiden alten Formen der Selbstbetrachtung auch heute noch gut vereinen. Warum sich also nicht mal an den Schreibtisch setzen, einen guten Stift, ein wertvolles Papier oder Notizbuch zur Hand nehmen und zu schreiben beginnen. Und wie ein richtiger Autor sollte es auch einen Arbeitstitel geben. Was halten Sie von:

  • Wie ich mich vom Dauersenden befreie
  • Vom Stand-by zum selbstbestimmten Abschalten
  • Wie lerne ich Wesentliches vom Unwesentlichen zu unterscheiden
  • usw.

Verleihen Sie Ihrem Werk noch eine Struktur und beginnen in Ihrer Betrachtung mit dem Grundsätzlichen, erforschen Sie dann das Tatsächliche, bestimmen Sie das Erforderliche und entdecken das Mögliche.  Wenn Sie dies systematisch erarbeiten, finden Sie Ihre Antworten, die auch Ihren Wünschen und Vorstellungen entsprechen, ohne Ihre Pflicht zu vernachlässigen. Durch diese Vorgehensweise ergibt sich wie fast von selbst ein klassischer Argumentationsaufbau, den Sie selbstbewusst und sicher darstellen können.

Ich bin mal eben weg

Bestimmen Sie wie viel Handy, E-Mail oder SMS und ob, wann und wie Sie twittern und facebooken. Sie können es entscheiden, weil Sie eine klare Vorstellung darüber haben, was Sie wollen und was nicht und weil Sie es begründen und vertreten können.

Nie mehr eine Zeit, wo schon das Handy auf dem Frühstückstisch liegt, weil die Angst herrscht, etwas zu verpassen. Nie mehr soll die Grenze zwischen Beruf und Privatsphäre verwischt werden – wenn Sie dies nicht wollen. So können Sie Ihren Wortschatz um einen Satz ergänzen, der fast schon in Vergessenheit geraten ist: „Ich bin mal eben weg“.

Wir twittern, simsen, mailen, googeln … durch Handys mit Internetzugang und die Errungenschaften des Web 2.0  kommt die  permanente “inhaltsreduzierte” Dauerkommunikation ganz modern daher – 24 Std, 7 Tage der Woche und das in 365 Tagen im Jahr. Eigentlich ganz schön nervig. Also schalten Sie doch einfach mal ab ..

 

 

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