Gestatten: Paul

Jeder von uns hat einen Untermieter, nennen wir ihn PAUL. Stellen Sie sich PAUL als kleines Wesen in Ihrem Gehirn vor. Er ist beauftragt, bestimmte und sehr wichtige Aufgaben für uns zu übernehmen. Mit jeder neuen Wahrnehmung erhält PAUL Arbeit, er sortiert, archiviert, produziert Bilder, Merkpunkte, verknüpft Informationen in seinem Netzwerk und ruft alles ab, wenn Sie es benötigen. Aber nur, wenn Sie es auch abrufen wollen.

PAUL ist sehr unglücklich, wenn Sie immer alles alleine machen oder alles kontrollieren wollen, was einem Misstrauensvotum gleichkommt. Dann ist er beleidigt und stellt seine Arbeit ein – das nennen Sie dann: Blackout, nicht die richtigen Worte finden, etc. – Glücklich hingegen ist er, wenn Sie sich auf ihn verlassen und er Ihnen helfen kann, zum Beispiel sich zu erinnern, Wissen abzurufen, Erfahrungen abzugleichen, Bilder zu liefern, zum Beispiel bei der Rede. Im Verlauf ihres Lebens sortiert und archiviert PAUL alle Wahrnehmungen, Eindrücke, Erfahrungen und alles Gelernte in Form von Bildern in Ihrem Gehirn. Wie intensiv dabei Ihre Gefühle (Freude, Trauer, Motivation, Angst, Glück etc.) mit den Bildern verknüpft werden, ist davon abhängig, unter welchen Umständen, in welchen Situationen und Zusammenhängen diese Bilder aufgezeichnet werden.

Wenn Sie zum Beispiel als Kind nie beim Fußballspielen mitmachen durften und/oder sogar eine ziemlich ungute, vielleicht auch schmerzliche Erfahrung machen mussten, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Sie als Erwachsener Fußball blöd finden. Haben Sie dagegen Erfolgserlebnisse und Freundschaften erfahren, ist es sogar möglich, dass Sie später eine Dauerkarte besitzen.

Überrascht Sie das jetzt? Prima, also eins nach dem andern. Zuerst möchte ich Ihnen PAUL vorstellen, dann zeigen, wie er arbeitet und wie Sie dies nutzen können, und zum Schluss, welch große Chancen Sie dadurch gewinnen.

P   A   U   L: Persönlich    Autorisierter    Unterbewusstseins-Lotse

Richtig, Sie haben PAUL höchstpersönlich autorisiert, Sie zu lotsen. Wann benötigt man einen Lotsen? Ein Lotse ist in der Seefahrt meist (in Deutschland grundsätzlich) ein erfahrener Nautiker (Kapitän) mit mehrjähriger praktischer Erfahrung, der bestimmte Gewässer so gut kennt, dass er die Führer von Schiffen sicher durch Untiefen, vorbei an Schifffahrtshindernissen und dem übrigen Schiffsverkehr leiten kann. Die Lotsen in der Binnenschifffahrt übernehmen die Funktion eines Schiffsführers für eine begrenzte Zeit und Wegstrecke auf einer bestimmten Binnenwasserstraße. So gesehen üben sie ihre Tätigkeit als Berater des Kapitäns eines Schiffes aus.

Treffender kann man PAUL nicht beschreiben. Sie brauchen das nur auf Ihren Alltag und die von Ihnen erlebten Situationen zu übersetzen.

Wie arbeitet PAUL?

Wie bereits erwähnt, nimmt er alle Sinneswahrnehmungen auf und ordnet diese Informationen als Bilder im Gehirn ein. Stellen Sie sich ein Archiv vor, das mit ganz vielen Karteischränken bestückt ist. Jeder Karteischrank hat einen Namen, zum Beispiel Rot, Liebe, Ferrari, Blume …

Jeder dieser Schränke hat jetzt sämtliche Informationen abgespeichert, die Sie mit dem jeweiligen Begriff in Verbindung bringen. Sie kennen das aus dem Alltag, wenn jemand zum Beispiel in einem Gespräch nach einem Namen sucht: Wie hieß die Schauspielerin noch mal? Herrschaftszeiten, du weist doch die blonde, die immer so dramatische Rollen spielt. Die mit dem geistig behinderten Kind so einen großartigen Film spielte. Na, ich komme gleich drauf … ist auch egal, ich denke, du weißt, wen ich meine.

Der Dialog geht weiter, ohne dass derjenige konkret über den Namen nachdenkt. Im weiteren Verlauf hört er, wie eine Mutter ihr Kind ruft: „Bobby, komm rein“. „Veronika Ferres heißt die Schauspielerin, jetzt weiß ich es wieder“, ruft er erleichtert aus.

In unserem Beispiel suchte jemand nach einem Namen, doch fehlte ein Impuls und so kramte er ganz bewusst, aber ohne Anhaltspunkt nach ebendiesem Namen. Kennen Sie den Spruch, sie/er hat sich den Kopf zerbrochen? Nachdem er mit Gewalt und Anstrengung den Namen nicht gefunden hat, wie an dem Beispiel zu sehen, hat derjenige sich dann davon gelöst … ist ja auch egal … und weiter seinen Dialog gepflegt.

Jetzt hat PAUL die Arbeit übernommen. Er hat sich umgehört, umgesehen, nach Gefühlen geforscht. Kurz, er war in seinem Element, konzentriert, sensibilisiert, aufmerksam und zuverlässig wie immer. Als der Name „Bobby“ fiel, hat PAUL in dem Karteischrank unter der Überschrift „Bobby“ nachgeschaut und siehe da, dort war auch der Name der Schauspielerin abgelegt. Das lag daran, dass Veronika Ferres einen wunderbaren Film mit einem Jungen, der unter dem Downsyndrom litt, spielte. Raten Sie mal, wie er hieß? Genau, Bobby.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Ihnen diesen Film ans Herz legen. Es ist absolut wunderbar, mit welch einem Selbstbewusstsein Bobby agiert.

Stellen Sie sich vor, dass Sie Milliarden solcher Karteischränke in Ihrem Gehirn haben. Und der Herr über dieses Netzwerk (innerliche Karteischränke) ist PAUL.

Wie können Sie PAUL nutzen?

Die erste Übung in meinen Seminaren ist eine Stegreifrede, wo der Teilnehmer auf ein Stichwort hin eine Rede halten soll. Die Begriffe sind ganz einfach gewählt, doch das Ergebnis ist verblüffend. 80 Prozent der Teilnehmer beginnen nach wenigen Sekunden zu stocken oder erzählen wirklich Unsinn (das sagen die Teilnehmer selbst). Es kann gut möglich sein, dass Sie jetzt schmunzeln und sagen, was ist daran so schwierig. Da sind Sie in guter Gesellschaft, das denken die Teilnehmer, die sitzen und noch nicht dran sind, auch. Doch das verändert sich schlagartig, wenn sie vor dem Publikum stehen.

Ein Stichwort wie zum Beispiel „Berg“, lässt viele verzweifeln und dann höre ich schon mal so ungelenke Sätze wie „Der Berg ist eine geographische Erhebung in unserm Land …“. Oder jemand zieht den Begriff „Aufzug“ und meint: „Der Aufzug fährt in den 1. Stock, 2. Stock, 3. Stock …“ Naja.

Es gibt auch die Situation, wo Teilnehmer schon nach wenigen Sekunden aussteigen, weil ihnen so gar nichts zu einem Begriff einfällt. Dabei handelt es sich oft um so alltägliche Wörter wie – Apfel – Sonne – Hunger – Radfahren etc.

Was ist passiert? Sie verließen sich nicht auf PAUL, sie suchten nach Worten, die selbstverständlich klug und kompetent wirken sollten, anstatt die Bilder abzurufen, die PAUL abgespeichert hat.

Ist das für den Alltag wichtig oder nur eine alberne Spielerei? Die spontane Situation, die ich in dieser Übung herstelle, ist sehr real. Wenn Ihr Chef, Kunde oder Kollege Sie spontan etwas fragt, können Sie auch nicht sagen, gib mir zehn Minuten Vorbereitungszeit, oder? Was, wenn der Kunde anruft und eine Fachfrage stellt? Was, wenn der Chef in der Besprechung eine spontane Zwischenfrage stellt? Sie sehen, das ist eine ganz reale Übung. Das Positive daran ist, dass Sie es können, wenn Sie das Vertrauen in PAUL haben.

Wenn Sie mit Ihrem Kunden im Biergarten sitzen und spontan auf eine Fachfrage antworten, funktioniert es im Übrigen auch sehr gut, stimmt`s?

Beim Vortrag glauben Sie jetzt, besonders perfekt sein zu müssen, Sie verlassen sich nicht auf das, was Sie wissen und gelernt haben, Sie suchen nach besonders schönen und geistreichen Worten und versuchen, kompetent zu wirken. Sie sind aber längst kompetent.

Das Ergebnis ist ernüchternd: Je mehr Sie versuchen, kompetent zu wirken, je mehr Sie nach Worten suchen, umso unsicherer und unverständlicher werden Sie. Fallen Sie nicht auf die Höflichkeit Ihres Gegenübers rein, der so tut, als verstünde er alles. Er hat Angst zu fragen, weil auch er kompetent wirken will. Ein Teufelskreis.

Vertrauen Sie sich PAUL (siehe Selbstvertrauen) an. In schwierigen Situationen hilft er immer und wenn Sie sich erinnern, werden Sie das bestätigen können.

Nehmen Sie nur mal das Autofahren, wie oft sind Sie haarscharf an einem Unfall vorbeigekommen, nur weil Sie richtig reagiert haben? Haben Sie nachgedacht, oder wer hat die richtigen Entscheidungen getroffen? Aus Erfahrung, genau, … gestatten: PAUL.

Bauchgefühl oder situatives Handeln

Diese Begriffe kennen Sie sicherlich. Während das berühmte Bauchgefühl meist einen schlechten Ruf hat und gern auch der Mystik und Esoterik zugeordnet wird, hat das situative Handeln einen intellektuellen Ruf. Das Dumme an der Geschichte ist nur, dass beides das Gleiche ist, beziehungsweise die gleichen Auswirkungen auf den Anwender hat. Gestatten, PAUL.

Ich denke, es ist jetzt vernünftig, darüber zu sprechen, dass niemand im Bauch denkt. Es ist nur ein Bild, das die rechte Gehirnhälfte darstellen soll.

Kopf = linke Hälfte

und

Bauch = rechte Hälfte.

Sind Sie beruhigt? – Gut.

Impuls

Bei welchen Situationen möchten Sie PAUL in Zukunft ganz bewusst zuhören? An welche Situationen denken Sie, wenn Sie über PAUL nachdenken? Wie erging es Ihnen, wenn Sie PAUL für sich arbeiten ließen? Erinnern Sie sich an Begebenheiten und Situationen, die PAUL für Sie geregelt hat?

 

 

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