Einfach klauen!?

Wer visualisiert bewegt sich im Spannungsfeld des Urheberrechtes. Da stellt sich die Frage, wieviel klauen ist eigentlich erlaubt? Wo sind die Grenzen? Auf der sicheren Seite bist du, wenn du transferierst und interpretierst und so etwas mit neuer Schöpfungstiefe schaffst. Aber zurück zum Klauen. Die von Sigi Bütefisch entwickelte “Klau-Übung” kommt bei Workshops immer richtig gut an.

Als Visualisierer bist du kreativ schöpferisch tätig

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Du bewegst dich im Spannungsfeld des Urheberrechts. Beispielsweise, wenn du eine gute Visualisierungsidee nachskizzierst oder fertige Vorlagen für Collagen verwendest. Auch Zitate in Sketches sind grundsätzlich urheberrechtlich relevant. Ziel des Urheberrechts ist es, das geistige Eigentum von Kreativen und Künstlern zu schützen. Ist Sketchnoting Kunst? Vom Gesetzgeber aus eindeutig ja! Das bedeutet, dass das direkte Kopieren oder Nachmachen einer Sketchnote oder Visualisierung ohne Erlaubnis des Urhebers eine Verletzung des Urheberrechts sein kann. Schauen wir uns das nun etwas genauer an.

Lernen und Üben

Mit dem Kopieren von visuellen Elementen kannst du deine Fähigkeiten trainieren – das ist in der Kunst seit Jahrtausenden üblich. Beim Kopieren eines einzelnen visuellen Elements, etwa eines Pfeils oder einer Symbolfigur, wird das Urheberrecht nicht greifen. Die sogenannte Schöpfungstiefe ist dafür nicht groß genug. Bei einer komplexeren originellen Sketchnote ist die Rechtslage schon kritischer. Wenn du solche Sketches kopierst, dann veröffentliche sie besser nicht.  Ein Graphic Recording und selbst ein Flipchart sind dagegen eindeutig durch das Urheberrecht geschützt.

Transformation und Interpretation

Du kannst bestehende Werke als Ausgangspunkt nehmen und diese transformieren oder interpretieren, sodass etwas Neues mit genügend Schöpfungstiefe entsteht. Dies kann beispielsweise durch die Veränderung des Mediums, der Größe, der Perspektive oder der Botschaft geschehen. In solchen Fällen wird das ursprüngliche Werk als Inspirationsquelle genutzt, aber das Ergebnis ist eine eigenständige künstlerische Schöpfung.

Anerkennung und Referenz

Wenn du dich von einem Kunstwerk oder Künstler inspirieren lässt, erwähne das. Dies zeigt deinen Respekt und deine Wertschätzung für die Arbeit anderer. Mit einer Erwähnung sind die Urheberrechte, Rechte und Bedingungen zur Veröffentlichung aber nicht automatisch geklärt. Sei immer auf dem Laufenden, was die rechtliche Situation erfordert.

Eigene Originalität: Das Kopieren und Nachahmen anderer Kunstwerke ist eine Möglichkeit, deine Fähigkeiten zu entwickeln und Inspiration zu finden. Denk dabei daran, deinen eigenen Stil und deine eigene Originalität zu entwickeln.

Du siehst: Die Grenzen zwischen Klauen, Kopieren, Inspiration und Originalität sind unscharf. Im Zweifel entscheidet das Gericht. Beachte deshalb das Urheberrecht und respektiere die Ideen anderer Visualisierer.

Klauen als Storytelling-Übungs-Methode

Diese von mir entwickelte Übung kommt in Workshops oder bei der Begleitung von Teams und Unter-
nehmen immer sehr gut an. Du kannst diese Klau-Übung beispielsweise im Rahmen einer visuellen Vorstellungsrunde anwenden. Bei einer visuellen Vorstellungsrunde stellt sich jeder mit einer Flipchart-Sketchnote vor. Obwohl diese grundsätzlich abwechslungsreich sind, kann die Originalität der einzelnen Vorstellungen noch gesteigert werden – indem jeder eine etwas andere Aufgabe bekommt. Eine kleine Auswahl davon findest du auf der nächsten Seite. Diese Vorstellungsaufgaben darfst
du übrigens gerne klauen – und neue dazuerfinden.

Eine dieser Aufgabenkarten beschreibt das Klauen. Der sich Vorstellende nutzt dabei für seine Story die schon vorhandene Visualisierung eines anderen. Fast immer bekommt diese Vorstellung besonders viel Applaus. Kein Wunder, denn Kreativität fällt oft leichter, wenn das kreative Spielfeld Grenzen hat. So kann sich der Teilnehmende auf seine Story konzentrieren und muss sich nicht auch noch um die Grundidee kümmern.

Diese Klau-Karten-Übung hat einen tieferen Sinn. Sie zeigt, dass wir gleichzeitig individuell und verbunden sind – und wir uns gegenseitig helfen können.

Übung

Deine nächste Vorstellung kommt bestimmt. Klaue eine Sketchnote (aus diesem Buch) oder nur ein einzelnes Detail aus einer Sketchnote und entwickle dazu deine eigene Vita-Story. Deine Vorstellung sollte circa zwei Minuten dauern.

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