Die neue Schlagfertigkeit – Das Prinzip Selbstsicherheit

Der aufrechte Gang – für den Homo Sapiens eine Selbstverständlichkeit. Aber gilt das auch für den Homo Academicus, den Homo Culturalis oder den Homo Oeconomicus? Der Dipl. Psychologe Valentin Nowotny zeigt Ihnen acht Prinzipien der neuen Schlagfertigkeit, mit denen Sie schnell, überraschend und sympathisch zum Ziel kommen. Heute: Das Prinzip Selbstsicherheit.

„…sagte ‚Presse‘ und ging weiter“

Selbstvertrauen ist eine Haltung, welche die eigenen Stärken in den Vordergrund hebt. Häufig verbunden mit einer positiven Wahrnehmung der eigenen Wesenszüge und eines klaren Unterschiedes zu anderen Menschen und zur Umwelt. Rollenklarheit und Vertrauen in sich selbst stärkt die Selbstsicherheit.

Beispiel: Verdeutlichen können wir dies gut an einer Begebenheit, die von dem irischen Dramatiker George Bernhard Shaw erzählt wird, der seinerzeit als Salonsozialist der Fabian-Society zugehörig war. Auf den Straßen Londons bat ihn ein einbeiniger Bettler und eine milde Gabe. Er tippte an seinen Hut, sagte „Presse“ – und ging weiter.

Das Verhalten bei diesem historischen Beispiel mit dem Bettler ist aus heutiger Sicht politisch nicht korrekt, aber das Prinzip lässt sich dennoch in unsere Zeit übertagen. Zum Beispiel: „Möchten Sie in Zukunft die Zeitung x lesen“, „Kennen Sie schon die Kreditkarte y“ oder „Wollen Sie eine Reise nach z gewinnen?“ – „Presse!“ und Sie gehen weiter…

Die Haltung signalisiert Selbstsicherheit

Wer sich wie ein Schoßhund gebärdet, darf sich nicht wundern, wenn andere angreifen. Jeder, der sich klein macht, lädt andere ein, auf ihm herum zu trampeln. Eine aufrechte Haltung ist also mit entscheidend dafür, wie viel Respekt ihnen entgegen gebracht wird. Aus Selbstverteidigungskursen weiß man: Eine gebeugte und unterwürfige Haltung führt dazu, dass Sie – wenn Sie nachts zu Fuß auf einer einsamen Straße unterwegs sind – deutlich häufiger Opfer einer Attacke werden, als bei einer selbstsicheren, aufrechten Haltung.

„Frau Müller, also ich muss schon sagen, wenn man Sie so in Meetings beobachtet, Sie sind ja hier gewissermaßen der Hausdrache!“ – „Danke für das Kompliment, das ich gar nicht verdient habe!“ Die Selbstverständlichkeit, etwas so positiv zu interpretieren, dass sie sich dafür bedanken („… Kompliment …“) und gleichzeitig selbstsicher etwas elegant zurückweisen („… ich nicht verdient habe …“) ist schon ein sehr elegantes Vorgehen. Das ist allerdings im Alltag selten zu beobachten, da ein selbstsicherer und aufrechter Gang nach wie vor eher selten zu sehen ist.

Die Bedeutung von Glaubenssätzen

Häufig sind es sogenannte Glaubenssätze, die uns davon abhalten, eine machtvolle Haltung einzunehmen, z.B. „dagegen kann ich nichts machen“, „in der Öffentlichkeit kann ich mich nur blamieren“ oder „die sind mir überlegen“. Hier ist der erste Schritt zur Besserung die Einsicht, dass Sie den einen oder anderen Glaubenssatz hinterfragen. Häufig ist dies auch stark mit Ihrer Selbstwirksamkeitsüberzeugung verbunden. Die Psychologen sprechen von Kontrollüberzeugung oder „Locus of Control“. Bei diesen Konzepten geht es um die Attribution der Kausalität, also die Frage, welchen Umständen sie Erfolge und Misserfolge zuschreiben.

Personen mit einem starken internen „Locus of Control“ gehen generell davon aus, dass bestimmte Ereignisse oder Entwicklungen vorwiegend auf das eigene Verhalten und die eigenen Handlungen zurückzuführen ist. Und es ist davon auszugehen, dass Menschen mit einer solchen positiven Kontrollüberzeugung hinsichtlich der eigenen Wirksamkeit sich auch eher eine schlagfertige Antwort zutrauen, weil sie davon überzeugt sind, dass sie die Folgereaktionen auch besser in ihrem Sinne beeinflussen können. Überprüfen Sie also Ihre Kontrollüberzeugungen, es lohnt sich!

Ein starker innerer „Locus of Control“ wird übrigens von Angreifern auch gerne als Schwäche genutzt. Wenn Sie einen starken inneren „Locus of Control“ haben, dann kann dazu führen, dass Sie eine Kritik an Ihrer Person ernst nehmen und übersehen, dass damit Ihr Gesprächspartner nur von eigenen Schwächen ablenken möchte oder eine Niederlage in der Sachebene vermeiden will.

Selbstsicherheit mobilisieren und Attacken meistern

Wie können Sie über mehr Selbstsicherheit verfügen und was können Sie tun, wenn andere Ihnen Ihr Selbstvertrauen nehmen wollen? Die folgenden Techniken funktionieren besonders gut:

  1. Ich könnte, wenn ich wollte-Technik
    Diese Technik macht sich das geflügelte Wort von Gerhard Schröder zunutze, welches er immer wieder, auch gern im Beisein von Journalisten, formulierte: „Wenn ich jetzt sage würde was ich denke, dann hätten wir alle etwas zu lachen“ …
  2. Glaubenssätze formulieren
    Glaubenssätze sind in einem Wort zusammengefasste Überzeugungen oder Grundannahmen wie beispielsweise: „Geld verdirbt den Charakter“. Bei dieser Technik formulieren Sie die Äußerungen Ihres Gegenübers oder die Merkmale einer Situation in Form eines solchen Glaubenssatzes …
  3. Fokus auf den anderen
    Die Technik „Fokus auf den anderen“ ist ein Umkehrung der Perspektive“. Nicht Sie, sondern der andere steht nach Ihrer Äußerung im Mittelpunkt. Eine beliebte Formulierungen um dies zu erreichen ist beispielsweise „Ja, interessant, bei Ihnen zum Beispiel ist mir aufgefallen“…
  4. Gefühle unterstellen
    Es gibt viele Definitionen von Gefühlen. Wir sagen in Trainings immer, dass in dem Moment, wo Gefühle da sind, etwas für jemanden so wichtig ist, dass es eine körperliche Entsprechung hat. Das gleiche Prinzip lässt sich nun als Schlagfertigkeitstechnik anwenden…
  5. Siegmund Freud sein
    Sigmund Freud und die insbesondere über ihn bekannt gewordene Methode der Psychoanalyse hat eine grundlegende Annahme über die Natur des Menschen gemacht. Freud ist tot und die Spekulation über Motive des Unbewussten ist nicht verboten. Also, nehmen Sie sich die Freiheit, auch einmal Sigmund Freud zu sein …

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