Das Spiel der Wahrnehmungen: Entscheidungen und ihre Realitäten

Entscheidung als abstrakter Begriff steht in einer unmittelbaren Verbindung mit unserem Selbst. Jede getroffene Entscheidung eines Individuums besteht aus vielfältigen rationalen, emotionalen und geistigen Verknüpfungen. Wenn Sie eine Entscheidung treffen, ist es rational kaum möglich, bis in die letzten Gründe für diese Entscheidung zurückzudenken. Das gilt schon für eine banale Entscheidung wie beispielsweise die für Schokocreme auf das Frühstücksbrot.

Spielen plötzliche Kindheitserinnerungen beim Anblick der Schokocreme eine Rolle? Eine Frustration, die „Schokolade“ braucht? Die Nähe des Schokocremeglases, während der Käse zu weit weg steht? Die gleiche Entscheidung eines Gegenübers? Ist die Wahl nur die tägliche Wiederholung eines Rituals? Hängt die Wahl mit dem Zeitpunkt zusammen? Mit dem Ort, an dem gefrühstückt wird? Mit Ihrem Alter? Mit Ihrer mitteleuropäischen Vorstellung von einem „vernünftigen“ Frühstück? — Dies sind nur wenige Andeutungen von Möglichkeiten, die Grund für eine Entscheidung sein können. Unzählbar viele Realitäten in uns beeinflussen fortwährend unsere Auswahl.

Ist es notwendig, alle Realitäten hinter den Entscheidungen zu kennen?

Hier zeigt sich die Wichtigkeit der Intuition. Denn rational völlig auslotbar ist keine Entscheidung, leicht kann ein Stammbaum von Gründen bis in universale Ausmaße wachsen und auch zahlreiche Paradoxien enthalten. Eine bewusst geöffnete Intuition, durch Selbst-Coaching vermittelt, zeigt zwar auch nicht alle Gründe auf, lässt aber sehr viele davon ins Bewusstsein treten und vor allem das Gefühl entstehen, wie weit die Gründe überhaupt reichen. Intuitiv kann die unermessliche Vielfalt der Realitäten erfasst werden, die unsere Entscheidung erstens beeinflussen und zweitens uns zur Verfügung stehen, um Entscheidungen zu treffen. Rationalität hilft bei dem Erfassen möglicher Entscheidungen, der gegebenen Hintergründe und den zu erwartenden Folgen schon sehr weit, eine offene Intuition ermöglicht aber eine spielerische Kreativität, die noch mehr verknüpft, als es rationalem Denken möglich ist.

Intuition ist zusätzliche Vielfalt, weil Intuition tiefer nach Innen und allumfassender auf das Außen schaut. Intuition bringt Realitäten in einen Fluss, in dem Entscheidungen mitfließend entstehen. Es ist wie in einem Spiel: Irgendwann treten die rational erlernbaren Abläufe und Regeln in den Hintergrund, die Spielenden geraten in einen Spielfluss, handeln nur noch intuitiv, je intuitiver sie bleiben, desto sicherer handeln sie sogar. Je intuitiver in einem Spiel die Handlungen der Spieler ablaufen, desto schöner wird dieses Spiel von den Spielenden selbst empfunden und desto schöner wirkt dieses Spiel auch auf die Zuschauer.

Selbst-Coaching leitet also zu einer spielerischen Verknüpfung von Realitäten, um zu einem Flow zu kommen?

Der Philosoph Hans-Georg Gadamer definiert in seinem Werk „Die Aktualität des Schönen“ das Spiel als „eine Selbstbewegung, die durch ihre Bewegung nicht Zwecke und Ziele anstrebt, sondern die Bewegung als Bewegung, die sozusagen ein Phänomen des Überschusses, der Selbstdarstellung des Lebendigseins, meint.“

Spiel ist also Erzeugung von Überschuss, Genuss von Bewegung. Und wenn Sie Ihr Dasein spielerisch angehen — das heißt nicht unernst, sondern mit den Mitteln des Spiels — dann gehen Sie den leichteren Weg, den Weg der größeren Auswahl, den Weg der Bewegung, nicht den Weg eines bedenklichen Einhaltens.

Die Mittel des Spiels zu verinnerlichen und nach einem erfolgreichen Selbst-Coaching „automatisch“ bei seinen Denkprozessen und in „fließenden“ Handlungen anzuwenden, ist lediglich eine Änderung der Wahrnehmung — wie im Spiel die Spielenden „vergessen“, dass sie spielen.

 

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