Öffentlich reden lernt man an einem Tag!

Reden kann jeder. Sagt Gottfried Hoffmann, Sprechtrainer aus Hof in Bayern. Da man es grundsätzlich kann, braucht man es auch nicht neu zu erlernen, sondern nur wieder freizulegen. Und das geht relativ schnell und wirkt nachhaltig. Es klappt in der Regel in einem Tag, behauptet Hoffmann. Er ist Experte für Sprechen und Kommunikation und vermittelt den faszinierenden Zusammenhang zwischen Entwicklung der Persönlichkeit und Verbesserung der Stimme und des Sprechens.

Wer möchte nicht als brillante Rednerin / als brillanter Redner glänzen! Also fasst man ein Training ins Auge. Man recherchiert im Netz, schaut in die Zeitung, geht zu Bildungsträgern. Aber wer garantiert Ihnen, dass Sie nach aktuellen Methoden trainiert werden? Und wer sorgt dafür, dass die Qualität stimmt und vor allem, dass sie schnell und effizient lernen? Denn viel Zeit haben sie natürlich nicht und das folgende Szenario wünscht man sich ja nun wirklich nicht.

Wenig Fortschritt für die viele Zeit

Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen! Damit werden langwierige Trainingseinheiten, unendliche Wiederholungen und viel zu viele Übungstermine gerechtfertigt. Immer wieder repetieren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Texte, machen wieder und wieder diverse Übungen, aber es bewegt sich nur wenig. So erleben es viele, so habe ich es auch erlebt. Wenig Fortschritt für die viele Zeit. Zuerst wird einem klar gemacht, dass man nichts kann. Man fühlt sich klein und unendlich weit vom Ziel entfernt. Das unausgesprochene Versprechen des Trainers kennen wir: wenn du alles so machst, wie ich sage, wirst du auch so gut werden wie ich. Und das wollen wir ja. Gut werden. So gut wie er. Deshalb arbeiten wir engagiert. Machen alles was er sagt, kopieren und imitieren ihn. Nach einem langen Weg sind wieder schließlich alle kleine Klone des Trainers, mit denselben Gesten, derselben Mimik, derselben Stimme, Sprache und Rhetorik. Je nach Eifer sind wir fast so gut wie er, aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nie besser.

Wie kommt meine Begeisterung rüber?

Und – wir sind nicht wir selber. Das wird einem schmerzlich bewusst, wenn man nach dem Training wieder öffentlich redet. Man glaubt, nur mit den Hilfen und Tricks des Trainers könne man erfolgreich sein, und bemüht sich (viel zu) sehr darum, alles richtig zu machen. Man ist perfekt vorbereitet, kann die Rede auswendig. Und versucht dauernd, die Anweisungen des Trainers zu berücksichtigen, die man perfekt gelernt im Kopf hat. Wie soll ich hier betonen, da welche Geste machen, wo soll ich hinschauen und so weiter. Man ist so sehr damit beschäftigt, den Redner darzustellen, dass für seine eigene Sache wenig Energie übrig bleibt.

Dabei geht es doch gerade darum. Wir wollen, wenn wir vorne sprechen, die Menschen begeistern, für unsere Idee, für ein Projekt, für eine große Vision. Und was kommt rüber? Ein gekünstelter, nicht ganz präsenter Redner, der sich um Begeisterung und Authentizität bemüht. Das merken die Zuhörer. Selbst, wenn man nahezu perfekt ist, werden sie das Gekünstelte wahrnehmen, vielleicht auch nur unterbewusst. Und der Funke wird nicht überspringen.    

Wo ist mein eigener Weg?

Aktuelle Trainings gehen andere Wege, die zudem auch sehr viel zeitsparender sind. Da sich im Außen nur das zeigt, was im Innern des Menschen lebt, wird – neben dem traditionellen Stimm- und Artikulationstraining – auch die innere Einstellung des Menschen betrachtet. Je besser der Mensch sich selbst kennt und eine innere Ordnung gefunden hat, um so freier und engagierter wird er sprechen. Parallel zur Entwicklung der sprecherischen Fähigkeiten wird sich in gegenseitiger Wechselbeziehung die Persönlichkeit entfalten. Eines geht ohne das andere nicht. Eine sprecherisch und rhetorisch perfekte Person, die nichts zu sagen hat, ist ebenso wirkungslos wie ein engagierter Mensch mit den höchsten Idealen, dem die sprecherischen Möglichkeiten fehlen.

Hinzu kommt, dass der nonverbale Anteil in der Kommunikation häufig unterschätzt wird. Untersuchungen zeigen, dass der sachliche beziehungsweise fachliche Anteil nur circa 20 bis 30 Prozent ausmacht, während das gesamte Nonverbale, also Stimmklang, Blickkontakt, Gestik, Mimik und Körpersprache 70 bis 80 Prozent ausmacht. Umso wichtiger ist es also, das im Auge zu haben, was direkt und ohne bewusste Kontrolle unseren Körper beeinflusst: die innere Einstellung.

Nonverbales bestimmt die Kommunikation viel mehr als wir glauben

Wenn wir vorne sprechen, spielen drei Faktoren eine Rolle: ob wir ohne Lampenfieber in uns ruhen, ob wir vorbereitet sind und unsere Kompetenz sichtbar werden kann und schließlich, ob wir wissen, was  wir wollen, ob wir ein klares Ziel haben. Wenn diese drei Faktoren geklärt sind, werden wir mit unserem Anliegen überzeugen, werden authentisch sein und die Menschen erreichen. Und es ist nicht so kompliziert und langwierig, diese drei Punkte vorzubereiten.

Die innere Einstellung entscheidet alles

Beginnen wir beim letzten Punkt. Wenn wir wissen, warum wir die Rede halten, wenn wir für unsere Vision glühen, werden unser Engagement und unsere Zielstrebigkeit sichtbar werden. Beim zweiten Punkt geht es um die fachliche Seite des Vortrags. Das ist der Bereich, den wir üblicherweise mit 99 Prozent unserer Zeit vorbereiten. Ergänzend kann man noch die zu erwartenden kritischen Fragen samt Antworten notieren, dann ist der fachliche Bereich nahezu perfekt. Am schwierigsten ist der erste Punkt. Lampenfieber und Nervosität lähmen uns häufig so sehr. Was steht dahinter? Wenn wir mit einzelnen Menschen sprechen, beruflich oder privat, gibt es das Problem nicht. Da können wir es. Warum sind wir dann so neben uns, wenn wir öffentlich reden? Fehlt vielleicht einfach der Kontakt? Probieren Sie es beim nächsten Vortrag aus. Nehmen Sie Kontakt auf mit den Personen, zu denen Sie sprechen. Nehmen Sie die Menschen einzeln wahr. Was geht von ihnen aus, welche Ausstrahlung haben sie? Denn vermutlich ist die Nervosität Ausdruck unseres Gefühls der Einsamkeit vor der Gruppe. Und das können wir verändern indem wir konkret Kontakt aufnehmen und das wahrnehmen, was von den Menschen ausgeht. Wir fühlen uns dann schon viel ruhiger, sicherer. Die Augen tun das, wofür sie uns unter anderem gegeben sind, sie schaffen Kontakt. Und das beruhigt.

Gute Vorbereitung schafft innere Ruhe

Und noch etwas kann zu unserer Beruhigung beitragen, auch das gehört zur inneren Vorbereitung. Schaffen Sie sich einen Ablauf. Sie gehen nach vorne, kommen an, nehmen Kontakt auf und beginnen erst dann mit der Rede. Das darf man üben, denn üblicherweise ist man hier viel zu schnell und bekommt nichts mit. Hören Sie also auf Ihre Schritte, während Sie nach vorne schreiten, richten Sie in Ruhe das Rednerpult oder den Tisch her. Dann bauen Sie Kontakt auf und genießen die Ausstrahlung der verschiedenen Persönlichkeiten, die Ihnen gleich zuhören werden. Wenn Sie dann Ihre Rede beginnen, halten Sie den Blickkontakt mit den Menschen. Oder wollen Sie etwa Wort für Wort vorlesen?

Immer noch nervös? Sie kneten ihre Hände? Dann lassen Sie auch diese etwas tun, was sie können. Nehmen Sie einen Stift, ein Papier oder einen Präsenter in die Hand. Sie werden eine Beruhigung Ihres ganzen Körpers beobachten. Ihre Sinne, Augen und Tastsinn, sind beschäftigt und strahlen keine Nervosität mehr aus. Sie können voll und ganz bei Ihrer Vision und den Inhalten der Rede sein. So einfach ist das.

Drei Übungen, die Ihr Sprechen verändern

Dieser Ausflug in die Details soll Ihnen, lieber Leser, zeigen, dass es in der Tat soo schwierig nicht ist, den guten Redner in Ihnen freizulegen. Und es braucht bei weitem nicht so viel Zeit, wie uns immer weisgemacht wird. Im Grunde können Sie reden, wir alle können es. Denken Sie nur an die Situationen im Freundeskreis, wenn Sie begeistert von Ihrem aktuellen Hobby, dem neuen Haus oder … berichten. Da klappt’s doch prima.

Das ist doch auch im beruflichen Umfeld möglich, oder? Probieren Sie es aus. Bereiten Sie sich mit den dargestellten Übungen und Arbeitsschritten vor. Und dann bringen Sie noch Ihre Artikulation in Schwung, indem Sie den Anfang der Rede mit einem Korken zwischen den Zähnen sprechen. Üben Sie drei wichtige Aspekte wie Blickkontakt beim Sprechen, etwas in den Händen halten und mit Korken zwischen den Zähne sprechen vor Freunden oder Verwandten. Die werden viel Spaß haben! Wenn Sie das überstanden haben, sind Sie fit für jedes Publikum. Schaffen Sie diese Übungsschritte an einem Tag? Selbstverständlich, oder? – Und dann viel Spaß mit Ihrem Publikum!

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