Wie Sie die Zeichen der »Macht über« erkennen

Ganz gleich ob in der Familie, Beziehungen, der Schule oder Unternehmen: »Macht über« wird heute kaum noch über Drohungen oder gar physische Gewalt ausgeübt. Archaische Muster haben längst ausgedient – Machtausübung Erfolg subtil. Die Kommunikationsexpertin Angela Dietz verrät Ihnen, welche Formulierungen, Sprachmuster und Verhaltensweisen wichtige Indizien für die manipulative Machtausübung sind.

Ob bei Ihnen persönlich, in Ihrem Unternehmen, in Ihrer Familie oder in anderen Beziehungen die Strategie »Macht über« die Oberhand hat, können Sie relativ leicht feststellen, indem Sie auf Formulierungen und Verhaltensweisen achten, die Sie und Ihr Umfeld an den Tag legen.

Die meisten Machtworte sind Sprachmuster, die sich einer irgendwie gearteten moralischen Argumentation von Schuld und Scham bedienen, oftmals führt der Sprecher mehr oder weniger versteckt bestimmte Verpflichtungen oder moralische Wertvorstellungen ins Feld, um Menschen dazu zu bewegen, die Dinge zu tun, die er gerne hätte. Drohungen sind eine nächste Stufe, die ein Machthabender insbesondere dann nutzt, wenn sich jemand gegen die »Verantwortungskeule« immun zeigt. Absolute Aussagen, die keinen Spielraum für Argumentation lassen, sind ebenfalls ein Mittel autoritärer Kommunikation, wie die meisten sie aus ihrer Kindheit oder Jugendzeit kennen – denn dort, in unseren Schulen, Familien und Ausbildungsstätten werden wir auf das machthierarchische Denken programmiert. Sehr viele sind systematisch im weiteren Verlauf ihres Lebens zu Ja-Sagern geworden, die lieber nichts hinterfragen und sich Macht lieber unterordnen, als sie sich zu nehmen (Sie wurden zu den X-Menschentypen, die ich eingangs beschrieb).

Beispiele für Machtworte (also Macht-über-Formulierungen):

  • »Sie sollten sich schleunigst um das Chaos in Ihrem Team kümmern.«
  • »Sie müssten dringend mal Ihre Prioritäten überdenken.«
  • »Kümmern Sie sich nur um Ihre Aufgaben«
  • »Dich hat niemand gefragt.«
  • »Wir haben beschlossen, das ab morgen so zu machen. Halten Sie sich bitte daran.«
  • »Es interessiert mich nicht, wie andere das machen.«
  • »Sparen Sie sich Ihre Worte, wir haben bereits festgelegt, dass wir es so machen.«
  • »Ihre Abteilung übernimmt ab sofort den Aufgabenbereich XY.«
  • ––– Schweigen –––
  • »Frag nicht andauernd – halt mal die Luft an und mach einfach.«
  • »Sie arbeiten ab dem nächsten Ersten in einer neuen Abteilung.«
  • »Das Gespräch ist jetzt beendet.«
  • »Ich habe diesen Monat keine Zeit für ein Gespräch mit Ihnen.«
  • »Seien Sie doch nicht immer so empfindlich!«
  • »Keine Diskussion – das wird jetzt so gemacht!«
  • »Wenn Sie das Problem nicht lösen können, dann muss ich Ihnen das Projekt entziehen.«
  • »Herr Wiedemann hat das in seiner Abteilung besser gemacht.«
  • »Wenn man nicht alles selbst macht, geht hier nichts voran.«
  • »Verhandeln hatte ich Ihnen gesagt, nicht verschenken!«

Neben solchen Äußerungen zählen selbstverständlich eine ganze Reihe körpersprachlicher Ausdrücke – Mimik, Gestik – zu den Zeichen einer Macht-über-Kultur.

Nichtsprachliche Signale der Macht (also Macht-über-Kultur). Dazu gehören:

  • abwertende Handbewegungen,
  • Augenrollen,
  • Stirnrunzeln,
  • Wegdrehen,
  • Wegsehen – fehlender Augenkontakt,
  • energisches Verlassen des Raumes,
  • Kopfschütteln …

Kommunikation aus der Macht-über-Haltung heraus bedient sich also vorwiegend manipulativer Mittel: Der Angesprochene soll dazu bewegt werden, sich unterzuordnen und ein gewünschtes Verhalten an den Tag zu legen. Belohnungen (Beförderung, attraktive Aufgaben, Lob vor allen, Geld …) und Bestrafungen (Ausschluss von Informationen, anderes Büro, vorenthalten anspruchsvoller, interessanter Projekte oder Aufgaben, Zusatzaufgaben, die keiner gerne macht …) verdeutlichen, welches Handeln erwünscht ist. Beweggründe – also den Sinn, die Absichten oder Ziele – hinter Anweisungen und Bitten, legt der Führende nicht offen, er drückt sich vielmehr um eine Selbstklärung, um wertschätzende Sprache und einen Umgang auf Augenhöhe, solange er sich für verschleiernde, manipulative Ausdrucksweisen entscheidet. Bitten werden zwar freundlich und als Frage formuliert, doch ein Nein wird nicht akzeptiert! Mögliche Potenziale der Mitarbeiter bleiben ungenutzt. Der Führende bleibt übrigens oftmals schmerzlich allein mit seinen Machtmöglichkeiten.

In Unternehmen, Schulen, Familien oder Gruppen, in denen Formulierungen wie die oben genannten an der Tagesordnung sind, gibt es unter den Mächtigen bestimmte Denkmuster, die auf eine Macht-über-Haltung hinweisen und darauf hindeuten, dass die Führung in diesen Unternehmen auf die hierarchische Unterordnung und Kontrolle von X-Typen ausgerichtet ist.

Bevor Sie die folgenden Beispiele betrachten, bitte ich um Vorsicht: Geraten Sie hier nicht ins sofortige Verurteilen und Bewerten! Auch hinter diesen Äußerungen steckt der Versuch, sich ein Bedürfnis erfüllen zu wollen – nur machen sich die allerwenigsten das klar und können somit nicht konkret ansprechen, was sie stört oder was sie gerade brauchen. Deshalb tragen solche Überzeugungen oder Aussprüche zur Trennung statt zur Verständigung bei.

Innerhalb des Kreises der Machthabenden wird über die Untergebenen in dominanzhierarchischen Unternehmen zum Beispiel so gesprochen oder gedacht: Typische, wertende Äußerungen von »Machthabenden« in Dominanzhierarchien

  • »Besser, wenn die am Telefon/in der Produktion/in der Fläche die Politik nicht kennen.«
  • »Du bist zu jung, zu unerfahren, zu alt für …«
  • »Die brauchen das gar nicht zu wissen.«
  • »Die bekommen gutes Geld, die sollen etwas leisten und müssen nicht alles verstehen.«
  • »Das können die nicht begreifen – das ist viel zu komplex.«
  • »Die wollen das doch gar nicht genau wissen.«
  • »Bis wir denen das alles erklärt haben … – entscheiden wir das lieber jetzt schnell ohne sie.«
  • »Man muss sie immer wieder kontrollieren, sonst tun sie einfach zu wenig.«
  • »Mancher drückt sich, wo es nur geht.«
  • »Mitdenken ist Glücksache.«
  • »Die wollen doch gar nicht wirklich wissen, was los ist.«
  • »Wir können da nicht alle einbeziehen, das führt doch zu weit und lähmt uns.«
  • »Die haben doch gar nicht den Blick für das große Ganze.«

All diese Äußerungen sind nicht frei von mir erfunden. Ich habe sie tatsächlich gehört.

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