So werden Stellenanzeigen gemacht

Wer Stellenanzeigen liest, ist oft geneigt den Kopf zu schütteln. Man schöpft aus dem Vollen – so als sei man im Paradies. Die Eierlegende Wollmilchsau ist da noch eine Untertreibung. Doch wie kommen Personaler auf diese abstrusen Wunschlisten? Haben die schonmal einen Bewerber gesehen? Diana Roth wirft einen kritschen Blick auf die Machenschaften in den Personalabteilungen.

Die Neubesetzung hat zu klappen! Vorzugsweise sofort! Das ist die Forderung vieler Führungskräfte an die Mitarbeitenden im HR, wenn es um eine Neueinstellung geht.

Erfahrene Personaler gehen die Erstellung einer Stellenausschreibung überlegt und Schritt für Schritt an, strukturiertes und der Aufgabe angepasstes Tun bestimmt den gesamten Prozess. Zuerst muss dafür ein genaues Arbeitsplatz- und Bewerberprofil erstellt werden. Denn ein eisernes Gesetz der Personalerwelt lautet: Keine Stellenausschreibung ohne glasklares Profil. Weswegen die Personalabteilung zunächst einmal detaillierte Angaben des Vorgesetzten zur Idealbesetzung einholen muss und wird. Sind schließlich alle erforderlichen Daten gesammelt, geht es an die Königsdisziplin: das Erstellen des Stelleninserats.

Nimm doch mal eine Zeitung zur Hand und lies dir die Stellenbeschreibungen durch. Es ist zum Mäusemelken. Da wird regelmäßig in der Hauptsache PR betrieben und nach einer uralten Marketingformel die Ausschreibung mit Standardphrasen überfrachtet: Das Aufgabengebiet klingt nach gelobtem Land, die Formulierungen zu den Anforderungen triefen nur so vor ausgelutschten Worten – Teamfähigkeit, Flexibilität, Engagement, Motivation und so weiter.

So hat jedes Unternehmen seine Vorlagen irgendwo auf dem Rechner abgelegt. Ein Rahmeninserat, das bei Bedarf ratzfatz abgeändert wird und dann selbstredend den genialsten Kandidaten ever anziehen soll. Das kann einfach nicht funktionieren!

Die Suche geht in die nächste Runde – das Bewerberverfahren

Trotzdem wird es Bewerber geben. Leider werden diese vielleicht fünfzig Bewerbungen dann meist noch nach guter alter Personalerart mit der ABC-Triage selektioniert. Selektioniert – was für ein Wort! Ein Personalerwort aus der Personalerwelt. Bei dieser Art der Selektion werden die Unterlagen der Bewerber in drei Kategorien unterschieden: A, B und C.

Gesucht: ein(e) Finanzbuchhalter(in) mit Abschlusssicherheit. Eine Bewerberin ist gelernte Verkäuferin. Sie schreibt in ihrer Bewerbung, dass sie ein ausgesprochenes Faible für Zahlen hat. Diese Bewerberin ist eine C-Kandidatin. C-Kandidaten passen gar nicht. Was bedeutet, dass sie weder die Schlüssel- noch die Wunschkriterien des Vorgesetzten erfüllen. Sie erhalten grundsätzlich innerhalb von sieben Tagen eine Standardabsage.

Ein anderer Bewerber hat bereits in der Abteilung Finanzen gearbeitet, aber keinerlei Berührungen mit Abschlussarbeiten gehabt. Am Arbeitsfeld ist er sehr interessiert. Er ist ein B-Kandidat. B-Bewerber passen schon eher ins Stellenprofil, die eine oder andere Schlüssel- oder Wunschqualifikation ist allerdings nicht gegeben. Sie erhalten einen sogenannten Vertrösterbrief. Du weißt schon, diese Briefe, die dich als Bewerber gleichzeitig hoffen und bangen lassen. Denn darin heißt es meistens: »Vielen Dank für Ihre Unterlagen. Die Selektion wird noch eine Weile dauern. Bitte haben Sie Geduld. Wir melden uns …«

Bleibt als letzte Kategorie: die Unterlagen eines A-Bewerbers. Das ist der Bewerber, der der Eier legenden Wollmilchsau am nächsten kommt. Sorgfältig und bis ins kleinste Detail haben die Personaler seine Bewerbungsunterlagen mit den geforderten Parametern des Stellenvorgesetzten abgeglichen und reichen sie nun an den Chef zur weiteren Prüfung.

Es folgt eine weitere Selektion, die sogenannte Feinselektion – ich nenne sie die Boss-Selektion, denn sie setzt alles andere außer Kraft.

Hier setzt der geflügelte Spruch unter Personalern an: Pinguine wählen Pinguine. Soll heißen, dass Vorgesetzte dazu neigen, Mitarbeitende einzustellen, die ihnen sehr ähnlich sind oder aus irgendwelchen nicht nachvollziehbaren Gründen bevorzugt werden. Ich behaupte sogar, dass ein Vorgesetzter, wenn er will, jedes Haar in der Suppe findet. Nur vergisst er oft, dass es sein Haar ist, welches ihm beim dauernden Kopfschütteln in die Suppe gefallen ist.

Die Rolle der Personaler in diesem Prozess

Es sind eher die Anfänger, die jede Bewerbungsmappe von A bis Z lesen, um sie dann dem B- oder C-Stapel zuzuordnen. Effiziente Personalerarbeit sieht anders aus. Professionelle Personaler schauen bei der Selektion insbesondere auf den Lebenslauf. Das heißt auch, dass alle Liebe und Kreativität, die du für dein Schreiben anwendest, hier noch keine Pluspunkte generiert. Es ist tatsächlich so: Einzig der Lebenslauf ist es, der Personaler veranlasst, dich dem Chef vorzuschlagen.

Grund dafür ist: Personaler haben nie Zeit und Rekrutierung ist nur eine von vielen Arbeiten, die ein Personaler zu bewältigen hat. Meine Kollegen in kleinen und mittelständischen Unternehmen zeigen jeden Tag, dass sie auf der ganzen Klaviatur des Personalmanagements mit Bravour spielen. Dafür bedarf es eines konzentrierten Vorgehens. Leider ist es immer noch so, dass zu wenig Stellenprozente für diese wichtige Funktion bereitgestellt werden – zumindest in den meisten kleinen und mittleren Unternehmen und bezogen auf mittelständische Unternehmen.

Und mit noch einem Gerücht möchte ich aufräumen: mit dem, dass viele meinen, ein Personaler würde entscheiden, wer ins Bewerbungsgespräch kommt. Der Personaler wählt lediglich die A-Bewerbungen nach den Kriterien, die der Vorgesetzte vorab abgegeben hat, sorgsam aus und stellt sie vor. Er kann empfehlen, aber er entscheidet nicht, wer eingeladen wird. Das macht immer der Vorgesetzte der Stelle.

Was bedeutet das für dich als Bewerber?

Natürlich kannst du dich als Verkäufer mit Zahlenfaible auf die Stelle als Buchhalter bewerben. Diese Idee will ich dir hier nicht ausreden. Wenn der Arbeitnehmermarkt gut ist, hast du vielleicht eine echte Chance, zu einem Gespräch eingeladen zu werden.

Der Arbeitsmarkt ist und bleibt allerdings entscheidend. Gefühlt seit 2016 erhalten wir Personaler auf kaufmännische Berufe mindestens doppelt so viele Bewerbungen wie auf handwerkliche oder technische. Aber die Menge macht es nie, vielmehr gilt: Qualität vor Quantität. Und die Qualität ist selten ersichtlich – was nicht heißt, dass sie nicht da ist.

Daher: Sei mutig und dir im Klaren darüber, dass Firmen meistens Mitarbeiterideale suchen, die es nicht gibt. Das zu wissen, ist ein großer Vorteil für dich als Bewerber. Denn jetzt kannst du deine Bewerbungsunterlagen entsprechend aufbereiten – nämlich so, dass die Entscheider auf einen Blick erkennen, dass du zumindest siebzig Prozent der gesuchten Fähigkeiten hast. Damit ist viel mehr möglich, als du denkst.

Die Crux mit der Arbeitserfahrung

Du hast soeben eine tolle Stellenanzeige im Internet entdeckt. Die Aufgabenbeschreibung lässt dein Herz höher schlagen. Die Anforderungen, die ersichtlich sind, sind wie auf deine Person zugeschnitten. Du jubilierst innerlich – und dann fällt dein Blick auf einen Satz, der da lautet:

»Idealerweise bringen Sie bereits mehrjährige Erfahrung in der Branche mit.«

»Idealerweise« und »bestenfalls« sind Wörter, die Personaler in Stellenanzeigen nutzen, um Wünsche auszudrücken. Wenn du keinerlei Erfahrung in der Branche hast, bewirb dich trotzdem! Es gibt Branchen, da ist der Fachkräftemangel eklatant und jeder Quereinsteiger, der wirklich Interesse hat, wird mit Freude begrüßt.

Viele Stelleninserate halten mit solchen Formulierungen gute Leute ab. Dabei kannst du nur gewinnen – entweder eine weitere Bewerbungserfahrung oder die Eintrittskarte zu einem Bewerbungsgespräch. Wichtig ist nur, dass du in deinen Bewerbungsunterlagen jegliche Art von Erfahrung herausarbeitest. Das ist der häufigste Fehler vieler Bewerber. Sie denken, dass man alles herauslesen kann. Weit gefehlt. Personaler verwenden in der ersten Grobselektion nur wenige Sekunden auf die Bewerbungsunterlagen.

Fazit

In Inseraten werden Mitarbeitende gesucht, die es nicht gibt. Ein professionelles Bewerbungsverfahren läuft nach klaren Regeln ab – da es jedoch viele Amateure auf dem Arbeitsmarkt gibt, kann dir hier alles passieren.

Das Wichtigste: Bereite deine Unterlagen so auf, dass die Entscheider in wenigen Sekunden sehen, dass du eingeladen werden musst. Lege hier besonders großen Wert auf den Lebenslauf.

Teilen

Dieser Artikel kann nicht kommentiert werden.