Gekonnt eskaliert – Wie man Konflikte auf die Spitze treibt

Alle reden immer davon, Konflikte zu vermeiden. Bloß keine Befindlichkeiten kränken, es gilt immer zu deeskalieren und Konflikte diplomatisch lösen. Aber warum lassen wir es nicht mal richtig krachen? So ein richtiges düsteres Drama mit netten Fiesiheiten? Es ist einfacher als Sie denken.

1. Die richtige Grundeinstellung: Das Feindbild

Je fundamentaler Sie Ihre dramatische und düstere Haltung im Konflikt einnehmen, desto erfolgreicher werden Sie bei den Details der konkreten Umsetzung sein. Daher ist es besonders wichtig, direkt am Anfang ein furchteinflößendes Feindbild Ihres Gegenübers zu erschaffen. Wenn Sie sich vor allem die negative Rolle konzentrieren, die Ihr Gegenüber möglicherweise bekleidet, anstatt die Person selber sehen, ist das sehrhilfreich. Der Fokus auf den Menschen selber könnte schließlich unerwünschte Hemmungen bei ungerechtfertigen Angriffen auslösen. Oder noch schlimmer: Sie könnten unbeabsichtigt mit Mitgefühl auf emotionale Reaktionen reagieren. Die Grundlagenarbeit ist also sehr, sehr wichtig. Folgende konkrete Schritte helfen, das richtige Feindbild zu erschaffen:

Denken Sie an alles, was ihr Gegenüber je Schlechtes, Inkompetentes oder Unfreundliches getan oder gesagt hat. Sammeln Sie großzügig alles, was im weitesten Sinne in diese Kategorie fallen könnte. Ihr Gehirn hilft Ihnen dabei sogar! Erinnerungen, die in der gleichen Gemütslage wie der aktuellen entstanden sind, können wir besonders leicht abrufen! Passen Sie deswegen gut darauf auf, in Ihrer düsteren Stimmung zu verweilen! Positive Ablenkungen wie angenehme Bilder auf dem Computer, kurze Kaffeepausen mit netten Kollegen oder sogar Gedanken an den nächsten Urlaub sind während des Konfliktgeschehens unbedingt zu meiden!

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Mindestens genauso wichtig: Falls Ihnen trotz dieser Warnhinweise doch irgendetwas Positives zu Ihrem Gegenüber einfallen sollte, müssen Sie das damit einhergehende aufkeimende freundliche Gefühl unbedingt sofort wieder loswerden. Besonders bewährt haben sich zwei Methoden:

  1. Verdrängen Sie es einfach. Sofortiges Vergessen oder aktives Ignorieren ist die einfachste Methode um mit unliebsamen Positiv-Informationen umzugehen.
  2. Finden Sie negative Interpretationsmöglichkeiten in dem Stil: „Das hat er ja nur gemacht, um das und das zu erreichen. Berechnend!“

Seien Sie kreativ! Nutzen Sie die freie Assoziation, um weitere negative Inhalte und damit möglichst unangenehme Gefühle zu erschaffen. Erinnert Sie Ihr Konfliktpartner nicht irgendwie an den Onkel, der immer so ungerecht zu Ihnen war? Der hatte doch auch einen Bart! Derjenige, der Ihren Geschwistern immer Schokolade mitbrachte, Ihnen aber nie? Können Sie sich an diese Gefühle von Neid, Einsamkeit und Wut noch erinnern? Bestens! Kleben Sie diese persönlichen Erinnerungen und Projektionen innerlich auf das Bild Ihres Konfliktpartners. Fortgeschrittene Konflikt-Eskalierer meistern diese Strategie sogar schon unbewusst.  Als Anfänger müssen Sie hier vielleicht noch etwas üben, aber mit etwas Geduld werden Ihnen sicher ein paar unerfreuliche Assoziationen einfallen.

2. Die Chance ergreifen: Auf keinen Fall Zögern!

Die richtige Grundeinstellung haben Sie bereits gefunden! Jetzt geht es schon los: Ihr Gegenüber hat etwas gesagt, woraufhin Sie eine kleine Wut in sich spüren. Jetzt müssen Sie dieses Feuer als erstes anfachen! Wenn Sie warten, bevor Sie auf das Gesagte reagieren, könnte es bereits wieder erloschen sein. Pausen nach (vermeindlichen) Angriffen führen häufig zu einer Beruhigung der Gemüter und manchmal sogar zu unerwünschtem Verständnis für den anderen. Um die Chance des Konfliktes zu ergreifen, müssen Sie auf jeden Fall so schnell wie möglich reagieren. Ganz nach dem Motto: Besser kurz und schmerzhaft als lang und angenehm. Spüren Sie die Wut und machen Sie auf keinen Fall den Fehler etwas Ehrliches zu sagen wie: „Ich merke gerade, dass ich mit Wut auf Deine Aussage reagiere.“ Das machen nur hoffnungsvolle Optimisten, die Menschen mögen. Sie konzentrieren sich bitte verbissen auf Ihr Feindbild und schießen möglichst schnell und unerwartet zurück. Eine treffende Beleidigung oder mindestens ein satter Vorwurf ist ein guter Einstieg in das Konfliktgeschehen.

3. Authentisch beleidigen

Damit Sie authentisch beleidigen können, muss Ihre Grundhaltung tiefe Beleidigung ausdrücken.
Machen Sie sich einmal schnell bewusst, was in Ihrem Leben alles schief läuft. Und hat Ihr Gegenüber nicht mindestens an einem dieser Punkte eine Mitschuld? Ach, was sage ich? Wenn Ihr Gegenüber anders wäre, anders gehandelt hätte, andere Dinge sagen würde, umsichtiger wäre,… wären Sie doch gar nicht in dieser Misere! Besonders bei Menschen, mit denen Sie häufig zutun haben, könnte dieser Punkt gut funktionieren. Spüren Sie, wie sehr Sie ein Opfer dieser Person sind? Sie haben doch jedes Recht, die beleidigte Leberwurst zu spielen! Finden Sie am besten auch eine Körperhaltung, welche dieses Gefühl von Beleidigung festigt und auch nonverbal deutlich kommuniziert. Dann wirkt der nächste Schritt umso authentischer. Kommen wir jetzt zu den Inhalten.

4. Mit Recht: gekonnt sticheln

Als Opfer Ihres Gegenübers haben Sie natürlich das Recht, zum Präventiv-Schlag auszuholen. Wer weiß, ob Ihr Gegenüber sich nicht bereits die nächste Gemeinheit ausdenkt! Aber so läuft das nicht! Diesmal werden Sie schneller sein! Jetzt hilft Ihnen Ihre schnelle Vorbereitung von Punkt 1. Haben Sie schon Inkompetenzen Ihres Gegenübers sammeln können? Könnten Sie diese jetzt noch mit einer konkreten Situation aus der Vergangenheit würzen, die Ihrem Gegenüber im optimalen Fall auch noch peinlich ist? Einen Misserfolg? Eine Niederlage? Wie war das noch mit dem gescheiterten Projekt oder dem verärgerten Kunden?

Oder noch besser: Gibt es vielleicht etwas Persönliches, was Sie Ihrem Gegenüber unversöhnlich vorhalten könnten? Was ärgert Sie vielleicht schon länger, aber der richtige Zeitpunkt für eine Aussprache hatte sich einfach nicht ergeben? Jetzt im Konflikt können Sie das gleich als zusätzliches Zündholz nutzen.

Merke: Das Sammeln von Ärgernissen kann sich lohnen. Auf keinen Fall zeitnah ansprechen! Sonst könnte Ihr Gegenüber noch etwas wieder gut machen oder ändern!

Finden Sie nun eine anscheinend passende inhaltliche Einleitung, um Ihre Beleidigung oder Stichelei einzuwerfen. Hilfreich sind Formulierungen wie: „Wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen! Sie haben ja Nerven, mich hier anzugreifen. Letzte Woche beim Kunden haben Sie doch selbst…“
Eine schicke Einleitung ist aber nicht notwendig. Hauptsache Sie treffen Ihr Gegenüber. Was macht es schon, wenn andere denken, Sie seien aggressiv, trotzig und irrational? Hauptsache dagegen feuern! Irgendwann musste das doch mal gesagt werden! Man soll aus seinem Herzen schließlich keine Mördergrube machen.

Ist Ihre Beleidigung gut angekommen, ist der weitere Verlauf leicht dramatisch zu gestalten. Was ist aber, wenn Sie einen von diesen Gut-Menschen vor sich haben? Einen, der nach dieser Beleidigung trotzdem noch nett und verständnisvoll auf Sie eingeht? Da hilft nur: dranbleiben und die weiteren Tipps anwenden!

5. Verwirren Sie Ihr Gegenüber: Streulichter werfen

Ist Ihr Gegenüber immer noch positiv sollten Sie jetzt zur nächsten Eskalationstaktik greifen: Streulichter werfen! Es hat sich bewährt, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Probleme, Vorwürfe und Ärgernisse gleichzeitig auf den Tisch zu bringen. Können Sie Ihr Gegenüber verwirren, gewinnen Sie kostbare Zeit, um sich weiter in negative Phantasieren und Gefühle hineinzusteigern. Und denken Sie vor allem immer daran, dass Sie Recht haben! Das hilft von Irrwegen des Verständnisses abzulenken!
Sie werden Ihren Erfolg daran bemerken, dass Ihr Gegenüber gar nicht mehr weiß, worum es Ihnen eigentlich geht. Noch gekonnter wirkt das Ganze, wenn Sie das auch nicht wissen!

Darum sollten Sie immer und unbedingt jegliches Hinterfragen Ihrer Beweggründe oder negativen Emotionen vermeiden. Besonders wichtig ist auch, dass Sie mit niemandem darüber sprechen, wenn Sie sich über Ihr Gegenüber ärgern. Unbeteiligte finden es oft zu leicht, auch die andere Perspektive zu sehen und könnten Ihnen diese näher bringen. Und wie schnell könnte dann dieses fies wohlige Gefühl der Verbundenheit mit Ihrem Gegenüber aufkommen. Auf jeden Fall meiden!
Außerdem haben Sie für reflektierende Gespräch ohnehin keine Zeit, wenn Sie die volle Energie des akuten Konfliktes nutzen wollen.

Während der Phase des Streulichterwerfens können Sie auch gut noch ein paar pikante Generalisierungen einwerfen: „Nie verstehen Sie mich!“ – „Immer haben Sie etwas an meinen Vorschlägen zu kritisieren.“ Oder auch: „Den Tag, an dem Sie das erste Mal nett zu mir sind, werde ich mir rot im Kalender anstreichen. Aber das wird ja ohnehin nicht passieren!“
Das verführt meist auch die geduldigsten Zeitgenossen zu wehrhaftem Verhalten.

6. Brechen Sie jegliche Benimmregeln

Sie kennen sicher diese Langeweiler, die andere ausreden lassen und Rücksicht nehmen. Vor solchen Verhaltensweisen sollten sie sich auf jeden Fall in Acht nehmen. Die Gefahr, dass bei geduldig ertragenen Ausführungen Ihres Gegenübers Einsichten entstehen, die Ihnen jeglichen Wind aus den Segeln nehmen ist viel zu hoch! Beachten Sie deshalb unbedingt folgende Regeln, die Sie vor zuviel Verständnis und Freundlichkeit schützen:

  1. Unterbrechen Sie Ihr Gegenüber. Je häufiger, desto besser. Sie wollen schließlich auf keinen Fall Gefahr laufen, seine Seite zu verstehen.
  2. Werden Sie laut. Wer lauter ist, hat schließlich Recht. Das weiß doch jedes Kind. Und Ihre Argumente wirken so natürlich viel stärker.
  3. Schauen Sie Ihrem Gegenüber möglichst wenig in die Augen. Wie sollen Sie sonst stur Ihre feindliche Distanz halten können, wenn Ihr Gegenüber so menschlich wirkt? Außerdem soll beim Gegenüber schließlich auf keinen Fall der Eindruck entstehen, Sie würde sich für ihn interessieren. Es geht schließlich nicht um ihn. Es geht um Sie!

Risiken und Nebenwirkungen

Ob Sie diese Tipps beherzigen bleibt Ihnen überlassen. Vielleicht geht es Ihnen so wie vielen anderen: Wir amüsieren uns an Stellen, an denen wir uns erwischt fühlen. Und falls Sie sogar noch im nächsten Konflikt an diesen kurzen Text denken müssen, ist das doch ein wunderbarer Einstieg für den Ausstieg! Wenn wir bemerken, dass wir gerade wenig hilfreiche Verhaltensmuster zeigen, können wir eine neue Entscheidung treffen.

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