Die Psychologie der Kundenbindung

Es gehört zu den heiklen und zugleich spannendsten Themen in der Geschäftswelt: König Kunde. Noch vor zwanzig Jahren war es relativ einfach, ihn einzuordnen. Heute weiß der Unternehmer nicht mehr, woran er ist. Professionelle Kommunikatoren wie Werbe- und PR-Fachleute lassen darum immer öfter Untersuchungen über die Zielgruppe liegen und arbeiten aus dem Bauch heraus. Das ist aufgrund der Wechselhaftigkeit des Konsumenten zwar verständlich, minimiert aber die Erfolgschancen.

Wer nun trotzdem nicht alles nur seinem Magen überlassen will, kann sich auf Erkenntnisse der Psychologie stützen, die für alle Käufer gleichermaßen zutreffen und für einen ausgereiften Marketing-Prozess herangezogen werden sollten. Reziprozität – wer gibt, dem wird gegeben In der Apostelgeschichte des Lukas wird Jesus mit den berühmten Worten zitiert: „Geben ist seliger denn (als) nehmen.“ Ein zentraler Aspekt dieses Satzes konnte von der Sozialpsychologie eindrucksvoll belegt werden, nur heißt das Phänomen hier Reziprozität. Damit meint die Wissenschaft eine Erscheinung, der wir täglich ausgesetzt sind, aber kaum für unsere Kunden-Akquise oder gar -bindung nutzen. Im Kern bedeutet Reziprozität: Wenn Menschen etwas bekommen haben, entsteht bei den Beschenkten ein inneres Ungleichgewicht, welches sie gern wieder ausgleichen möchten; sie fühlen sich sogar dazu verpflichtet. Im Alltag sieht das so aus: Einer Einladung zur Party folgt eine Gegeneinladung, einem Geschenk ein mindestens gleichwertiges. Bei manchen Naturvölkern hat dies positive Folgen, denn der Tausch von z.B. Muscheln festigt die Bindung zwischen den Tauschenden. Selbst wenn wir unaufgefordert etwas bekommen oder annehmen, entsteht dieses Gefühl, welches nach tätigem Ausgleich drängt. Wie können wir Reziprozität im Geschäftsalltag nutzen? Berechnen Sie für die erste Leistung kein Honorar. Verschenken Sie etwas, was der Kunde nicht abschlagen kann. Überraschen Sie mit kostenlosen Informationen. Plaudern Sie kostenfrei aus dem Nähkästchen, verschicken Sie Informationen. Egal, mit welcher Leistung Sie zuerst in den Prozess des gegenseitigen Handelns treten, diese muss:

  • Teil der Kernkompetenz Ihres Unternehmens und nicht ohne weiteres zu erbringen sein und
  • einen wirklichen Mehrwert für den Beschenkten darstellen.

Konsistenz

In Kurzform beschreibt der Begriff folgendes Phänomen: Menschen haben das Bedürfnis, parallel zu früheren Aussagen, Entscheidungen und Taten zu handeln. Der Soziapsychologe Cialdini nennt diese Haltung ein „geradezu zwanghaftes Bestreben“, weil dieses in den meisten Fällen auch sinnvoll ist. Wer konsistent handelt, wird von anderen als stark, logisch, vernünftig und stabil angesehen, alles Eigenschaften, die wir als Unternehmer gern in unser Zielimage aufnehmen möchten. Wer also Geschäfte abschließen und dauerhaft Kunden gewinnen und binden möchte, sollte bestrebt sein, kommunizierte Inhalte in Broschüren oder auf der Internetseite auch einzulösen. Lassen Sie also Ihren Worten genau jene Taten folgen und versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können.

Knappheit

Obwohl es in einer Überflussgesellschaft fast unmöglich ist, dass Produkte oder Dienstleistungen knapp werden, funktioniert dieses Prinzip immer wieder. Ein letzter Bauplatz in einer attraktiven Wohnanlage, die knappe Öffnungszeit, die nur Wenigen mögliche Teilnahme am Unternehmer-Ball, die Uhr in limitierter Auflage. Knappheit bezieht sich auch auf den Faktor Zeit. Wer immer und überall erreichbar ist, wird uninteressant. Ein Tipp dazu: Drucken Sie auf Ihre Visitenkarten nur die notwendigen Informationen. Die Handy-Nummer schreiben Sie bei Bedarf per Hand auf die Rückseite („Ich gebe Ihnen mal meine Handy-Nummer…“)

Sympathie

Menschen schließen lieber Geschäfte ab mit solchen, die ihnen sympathisch sind. In der Konsequenz bedeutet dies nun nicht, uns anzubiedern, sondern Sympathie als wichtigen Faktor gezielt zu erzeugen. Verteilen Sie also ehrlich gemeinte Komplimente, denn wir alle hören diese gern. Achten Sie aber darauf, dass sie nicht aufgesetzt wirken und im Idealfall den Bereich betreffen, in dem sich der Angesprochene auch selbst als besonders gut, bedeutsam oder wichtig betrachtet. Nennen Sie in einem Gespräch den Namen eines gemeinsamen Bekannten und plaudern sie über diesen. Übernehmen Sie die Rolle des Fragenden und zeigen Sie vor allem Interesse für die Interessen Ihres Kommunikationspartners. Bauen Sie zugleich eine Gemeinschaft auf, indem gemeinsame Interessen, Ziele und Intentionen besprochen und hervorgehoben werden. Es hilft schon weiter, wenn das Pronomen „ich“ durch das inklusive „wir“ ausgetauscht wird.

Autorität

Das Milgram-Experiment hat es überdeutlich und auf erschreckende Weise gezeigt: Menschen folgen Autoritäten. Im Geschäftsleben lässt sich diese Erscheinung positiv und mehrfach nutzen, um Kunden zu gewinnen und langfristig zu binden. Zuerst muss die Kernkompetenz des Unternehmens definiert werden, mit der man sich möglichst von der Konkurrenz unterscheidet. Diese darf nun nicht verwässert werden. Es geht darum, sie auszubauen und parallel zu kommunizieren. Wer von potentiellen und bereits bestehenden Geschäftspartnern als kompetent eingestuft wird, ist eine Autorität. Von dieser kauft man, mit dieser macht man lieber Geschäfte, bei ihr hat man das wohlige Gefühl: da bekomme ich das Beste für mein Geld.

 

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