Die drei ganz großen Verkäuferirrtümer

Wenn es im Verkauf nicht so klappt, dann sind die meisten Verkäufer wohl mindestens einem der drei größten Verkaufsirrtümer aufgesessen. Denn Kunden mögen es einfach, wertschätzend und strukturiert. Wie man die größten Verkäuferirrtümer vermeidet verrät Ihnen der Verkaufexperte Markus M. Schwenk.

Verkäuferirrtum 1: Der Kunde will große Auswahl!

Ein Kunde, der ein neues Produkt kaufen möchte, sucht in der Regel ein einziges Produkt und zwar ein ganz besonderes, nämlich genau das richtige für ihn. Er braucht keine fünf Waschmaschinen, keine drei Autos und auch nicht zwölf Kettensägen. Ein Produkt reicht ihm aus. Was erwartet  der Kunde also, wenn er sich auf ein Verkaufs-/Beratungsgespräch einlässt? Er möchte ein Produkt finden und zwar nur eins und zwar genau das richtige für ihn. Nicht 28 mögliche Alternativen, dazu noch 96 Varianten mit 103 individuellen Möglichkeiten, sondern nur ein Produkt. Ich wiederhole das gerne noch mal: Genau das richtige!

Leider bekommt er das aber nur selten. Was er oft in nahezu allen Branchen zu hören bekommt, ist Folgendes:

  • »Also da hätten wir zum Beispiel …«
  • »Da zeige ich Ihnen mal ein paar Möglichkeiten!«
  • »Als Alternative zeige ich Ihnen mal …«
  • »Was man nehmen kann, ist eventuell so was hier …«
  • »Da haben wir eine große Auswahl, ich zeig Ihnen mal was …«
  • und so weiter.

Warum nur? Der Verkäufer hat doch (hoffentlich) eine ausführliche Bedarfsanalyse gemacht, um herauszufinden, was genau der Kunde braucht. Hat er jetzt nicht den Mumm zu sagen, was er nun für passend hält? Traut er sich jetzt nicht, genau das Produkt zu präsentieren, das nach seinen Überlegungen einzig und allein infrage kommt? Warum hat er denn nicht von Anfang an alles gezeigt, was er hat, wenn er das jetzt sowieso (trotz seiner Bedarfsanalyse) macht? Da hätte er sich das blöde Gefrage doch sparen können!

Naja, so einfach ist es auch wieder nicht. Der Verkäufer hat schon einen Grund, warum er das macht: Er ist sich nämlich nicht sicher, was der Kunde wirklich will. Oder er hat die Bedarfsanalyse eben doch nicht so ausführlich gemacht. Oder er ist schüchtern. Oder er will sich alle Optionen offenhalten. Verständlich und nachvollziehbar, aber eben nicht wirklich zielführend.

Also, wie geht’s richtig?

Zunächst setzen wir natürlich eine ausführliche Bedarfsanalyse voraus, die dem Verkäufer eine ganz genaue Vorstellung von dem gibt, was der Kunde wirklich sucht. Und dann wünschen wir uns den selbstbewussten Verkäufer, der sich für ein Produkt entscheidet, das er dem Kunden verkaufen möchte. Dieses Produkt stellt er dann mit solchen oder ähnlichen Einleitungssätzen vor:

  • »Da hab ich genau das Richtige für Sie! Kommen Sie mal mit!«
  • »Jetzt weiß ich genau, was Sie suchen! Hier ist Ihr neuer XY!«
  • »Da empfehle ich Ihnen ganz klar den XY123! Schauen Sie mal hier!«
  • »Also wenn a, b und c, dann gibt’s für Sie nur den XY123!«

Das klingt doch schon ganz anders. Das klingt nach einem überzeugten Verkäufer, der sich sicher ist. Da gibt es keinen Zweifel am richtigen Produkt für den Bedarf des Kunden. Hier haben wir einen selbstbewussten Verkäufer, der mit dem Kunden auf Augenhöhe steht, weiß, was Sache ist, und dementsprechend auftritt. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Wahrnehmung des Kunden. Dieser erlebt einen Verkäufer, der ohne Zweifel hinter seinem Produkt steht, selbstbewusst und selbstsicher bestimmt, was er als Ultima Ratio anpreist, und seine Entscheidung auch noch gut begründen kann. Hier kann gekauft werden!

Noch ein Wort zur Verteidigung der Ein-Produkt-Strategie: Wenn Sie bei Produkt 1 eine Nutzenargumentation machen, die zum Beispiel drei besondere Vorteile des Produkts hervorhebt, dann brauchen Sie bei der Erklärung eines möglicherweise geforderten Alternativprodukts nur noch erwähnen, dass es sich dabei auch um ein gutes Produkt handelt, dass der Kunde allerdings auf A, B und C verzichten muss. Sie haben also schon das Tollste hergezeigt, was für den Kunden infrage kommt, und verstehen auch gar nicht so richtig, wieso er noch nach anderen Produkten fragt. Erklärungen wie »Der hat ebenfalls X, Y und Z…« sind nicht nötig. Sagen Sie dem Kunden lieber, was er bei der Alternative jetzt nicht mehr bekommt!

Verkäuferirrtum 2: Ich weiß immer sofort, was der Kunde will!

Viele Verkäufer fangen bereits während der Bedarfsanalyse an, Produktmerkmale zu erklären. Warum machen sie das? Nun, vielleicht sind manche Menschen einfach zu ungeduldig, andere glauben anhand einer Äußerung des Kunden gleich seinen Bedarf in allen Facetten zu erkennen. Das hört sich dann so an:

Beispiel: Verkauf einer Waschmaschine
V:    »Wie groß ist denn Ihr Haushalt?«
K:    »Wir sind fünf Personen, also wir und die drei Jungs.«
V:    »Dann brauchen Sie mindestens eine Sieben-Kilo-Maschine. Zum Beispiel unsere Miele W 5821 WPS«

Und schon sind wir bei der Warenpräsentation angelangt. Die Bedarfsanalyse wird abgebrochen und eine Zusammenfassung des Bedarfs und die Vollständigkeitsfrage ist auch gleich erledigt. Natürlich ist das ein Fehler, denn dieses Gerät kann ja aufgrund anderer Kriterien durchaus noch ausscheiden. Dann muss der Verkäufer zu einem anderen Produkt ausweichen. Das macht keinen professionellen und auch keinen sicheren Eindruck.

Wie geht’s also richtig? Verkaufen heißt Zuhören!

Machen Sie es wie die Jäger und Sammler! Das heißt viele Fragen stellen, Informationen (unkommentiert) bunkern und brav weiterfragen. Die Informationen vom Kunden müssen in der Bedarfsanalyse zunächst nicht kommentiert oder bewertet werden. Ein einfaches ›Aha‹, ›Hm‹ oder die kurze Wiederholung der Information (Sie sind also zu fünft!) reicht vollkommen aus. Dieses sogenannte aktive Zuhören vermittelt dem Kunden, dass seine Nachrichten ankommen und verarbeitet werden. Der Verkäufer ist also sehr konzentriert und am Kunden interessiert. Und sammelt, sammelt, sammelt! Er sammelt so lange, bis sein Körbchen voll ist und er wirklich genau weiß, was für den Kunden infrage kommt.

Die Bedarfsanalyse wird so zu einem Pulverfässchen, das mit jeder Frage immer voller und voller wird. Und wenn der Rand erreicht ist, kann der Verkäufer seine Breitseite abfeuern. Oder sein Feuerwerk, um es weniger kriegerisch auszudrücken. Der Effekt ist dann eben ein anderer, als wenn jedes Pulverscheffelchen separat angezündet wird und dann bestenfalls ›Puff‹ macht. ›Rrrrummms!‹ soll es machen und der Kunde soll im Anblick der Kanonenkugeln die Waffen (Einwände) strecken. Weiße Flagge hoch und kaufen!

Verkäuferirrtum 3: Wortloses Dahingelatsche

Oft entstehen Situationen im Geschäft, bei denen Kunde und Verkäufer zum Zwecke der Warenpräsentation ein Stückchen zu gehen haben. Dabei ist es ganz wichtig, dass der Verkäufer den Kunden auch mitnimmt, ihn nicht stehen lässt.

Wie oft ist es mir schon passiert, dass ich im Supermarkt gefragt habe, wo ich ein bestimmtes Produkt finden kann, und der Mitarbeiter dreht sich wortlos auf dem Absatz um und stiefelt einfach los!

Nun agieren wir beim beratungsintensiven Verkauf natürlich nicht im Supermarkt, aber auch in anderen Handelsbereichen gibt es solche Situationen. Bei zahlreichen Testkäufen im Automobilhandel wird die Frage nach Prospekten und Preislisten genauso quittiert. Der Verkäufer dreht sich um und marschiert in Richtung Einbauschrank.

Was soll der Kunde jetzt tun? Warten? Mitgehen? Auf alle Fälle fühlt er sich jetzt ein bisschen unwohl, weil er nicht genau weiß, was er machen soll, weil er einfach kommentarlos stehen gelassen wurde. Das geht besser. Geben Sie dem Kunden eindeutige Direktiven, was jetzt passiert und was er tun soll.

Wie geht es richtig?

Wenn der Verkäufer etwas holen möchte und dann damit wieder zurückkehrt, dann hilft folgender Satz:

V:    »So, dann hol ich mal schnell die Musterbücher. Warten Sie hier bitte einen kleinen Moment, ich bin gleich wieder bei Ihnen.«

Schon weiß der Kunde, was von ihm erwartet wird, und wartet brav die Rückkehr des Verkäufers ab. Noch schöner ist es natürlich, wenn der Verkäufer ihm zum Zeitvertreib eine Beschäftigung anbietet:

V:    »Sie können in der Zwischenzeit schon mal auf der Farbskala prüfen, was am besten zu Ihrer Garnitur passt.«

Jetzt langweilt sich der Kunde nicht, sondern hat etwas Sinnvolles zu tun, bis der Verkäufer wieder bei ihm ist. In anderen Situationen gehen Verkäufer und Kunde von einem Bereich im Geschäft zu einem anderem Bereich, weil dort zum Beispiel das zu präsentierende Produkt steht. In diesem Fall lädt der Verkäufer den Kunden verbal ein und zeigt ihm mit einer einladenden Geste zusätzlich noch, wo es langgeht.

V:    »So, dann darf ich Sie mit mir um die Ecke bitten. Dort wartet Ihr neuer Kühlschrank auf Sie.«

Ein Arm zeigt dabei die Richtung an, der andere »umarmt« – natürlich in gebotenem Abstand (mindestens ein halber Meter) – den Kunden. Wenn die Breite der Gänge es zulässt, gehen beide nebeneinander, wenn nicht, geht der Verkäufer vor und verbalisiert dies auch:

V:    »Ich darf kurz vorgehen – es wird ein bisschen eng hier.«

Der Weg kann nun weiter kommunikativ genutzt werden. Reden Sie mit dem Kunden. Es sind bestimmt noch ein paar Fragen offen (»Wie war das denn bisher mit Ihrer Teichpumpe?«) oder der Verkäufer kann eine kleine Geschichte erzählen (»Ich hatte mal …«) oder er betreibt einfach nur Small Talk, um die Kundenbeziehung weiter zu festigen. Jetzt können dicke Sympathiepunkte gemacht werden. Nichts ist schlimmer als ein wortloses Dahingelatsche, das ja auch eine Aussage über die Motivation des Verkäufers darstellt und beim Kunden die entsprechende Wirkung hinterlässt.

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