Buzz-Marketing – Guerilla-Marketing im digitalen Raum

Bei der recht jungen Disziplin Buzz-Marketing sind sich die Fachleute nicht ganz einig, was dazu gehört und was nicht. Für die einen ist Buzz-Marketing Guerilla-Marketing im digitalen Raum andere rechnen es eher dem Viral-Marketing zu. Anne M. Schüller verrät Ihnen, losgelöst vom Streit der Gelehrten, wie Sie Buzz-Marketing einfach einsetzen …

Im Buzz-Marketing spielen sogenannte Buzz-Agents, auch Buzzer genannt, eine wichtige Rolle. Sie haben die Aufgabe, Produkte oder Dienstleistungen in ihrem sozialen Umfeld oder an öffentlichen Plätzen auf ungezwungene Weise ins Gespräch zu bringen und bei Gefallen geeignete Empfehlungen auszusprechen. Dabei wenden sie sich – als Konsument und nicht als Werber – gezielt genau an die Personen, die sich für diese Sache auch interessieren. Hierdurch gelangen Produkte relativ kostengünstig und ohne Streuverluste direkt an ihr Zielpublikum. Besonders bei Neueinführungen im Konsumgüterbereich, bei denen es Flopraten von bis zu 90 Prozent gibt, ist dieses Vorgehen sehr effizient, und im Vergleich zu klassischen Kampagnen auch günstig. In der breiten Öffentlichkeit sind viele der so promoteten Produkte oft nicht einmal bekannt. Zumindest zunächst. Denn sobald sich der Erfolg einstellt und Geld zu sprudeln beginnt, wird mit Massenkommunikation nachtariert, um die Bekanntheit zu pushen. So kann der Eindruck entstehen, das Produkt sei über Nacht populär geworden. Dabei hatte das Buzz-Marketing im Vorfeld den Weg geebnet.

Wie Buzzer dem anvisierten Markt ein Produkt im wahrsten Sinne des Wortes schmackhaft machen können, wurde bei einer neuen Wurstsorte der Marke Al Fresco deutlich. Dem produzierenden Unternehmen Kayem Foods war es mit herkömmlichem Marketing nicht gelungen, ihr Produkt auf die Teller der amerikanischen Verbraucher zu bekommen. So wurde eine Truppe von Buzz-Agenten angeheuert. Sie organisierten Grillfeste, priesen die neue Wurst in Supermärkten und Grillstuben, erzählten Freunden und Verwandten davon, fragten nach der Wurst in allen möglichen Läden und beschwerten sich, wenn sie dort nicht im Regal lag. So setzte eine glühende Nachfrage ein, die Verkaufszahlen schossen in die Höhe und der Umsatz stieg unmittelbar nach der Kampagne um 1,2 Millionen Dollar. Dave Balter, Gründer der Agentur BzzAgent, der diese pfiffige Kampagne initiiert hat, ließ verlauten, dass er im Schnitt einen Erfolgsquotienten von eins zu fünfzehn erzielt. Das heißt, jeder Buzzer überzeugt fünfzehn zusätzliche Verbraucher, die die Botschaft dann im Schneeballverfahren weiter verbreiten.

Es ist eine Kombination aus energiegeladener Neugier, gesundem Selbstvertrauen und dem Bedürfnis nach Wertschätzung oder Geselligkeit, die Menschen treibt, sich für andere zu engagieren. Ihr Produkt ist brandneu, exklusiv, frech oder cool? Dann stehen Ihre Chancen gut, dass man sich dafür interessiert. Entscheidend für den Erfolg einer Kampagne ist die Auswahl passender Teilnehmer, sowohl in Bezug auf das Themenfeld als auch mit Blick auf deren Aktivitätsgrad. Interessierte Personen müssen sich also für eine Aktion bewerben und dabei erläutern, warum sie für diese geeignet sind. Im Fachjargon nennt man das Casting. Das Interesse an solchen Aktionen ist in vielen Fällen sehr hoch. So hatten sich für einen Produkttest der Babypflege-Marke Penaten um die 10.000 Mütter beworben. 2.500 Testpersonen wurden schließlich ausgewählt.

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Die passend zum Thema ausgewählten Personen bekommen Produktmuster und Anleitungen für die Interessentenansprache. Sie tun und sagen, was sie wollen, arbeiten unentgeltlich und unterliegen keinerlei Zwang. Buzzen ist für sie eine Chance, neue Produkte zu testen, bevor sie auf den Markt kommen und an deren Entwicklung Anteil zu nehmen. Und so ganz nebenbei können sie sich amüsieren, Prestige aufbauen, einen Informationsvorsprung gewinnen, ihr Geltungsbedürfnis nähren und anderen helfen. Buzzer sind also vor allem Avantgardisten, Trendsetter, experimentierfreudige Networker und nicht selten auch Selbstdarsteller. Wo solche Personen zu finden sind? In themenspezifischen Communitys, über Werbeagenturen mit Buzz-Expertise, auf WOM-Plattformen und auch in den eigenen Netzwerken.

Zum Beispiel sind bei der Buzz-Agentur trnd (the real network dialogue) allein im deutschsprachigen Raum weit über 700.000 Personen (Stand Februar 2015), sogenannte Mitglieder, registriert. Diese haben im Vorfeld mittels Fragebogen ein genaues Interessenprofil abgeliefert. Angeworben werden sie so: »Hilf mit, deine Lieblingsprodukte im Freundeskreis bekannt zu machen und beeinflusse große Unternehmen und Marken mit deiner Meinung.« Wer bei einer Aktion mitmachen will und passt, erhält ein Starter-Paket mit allen notwendigen Details. Während der Kampagne berichten die Protagonisten regelmäßig über ihre Aktivitäten. Sie besprechen das Produkt in ihren eigenen Blogs, stellen Bilder und Videos ein, verteilen Gutscheine oder Rabattcoupons und führen Blitzumfragen durch. Über das Projekt-Blog kommunizieren Moderatoren täglich mit den Aktionisten, um Ergebnisse abzufragen und Tipps für weitere Maßnahmen zu geben. Denn nur bei intensiver Betreuung funktioniert alles gut. Am Ende der Kampagne wird für den Auftraggeber ein Gesamtbericht erstellt. Und der ist nicht selten richtig erfreulich.

So hatten rund zweitausend Mitglieder des Empfehlungsportals Konsum-goettinnen.de ein Sechserpack des Erfrischungsgetränks Schwip Schwap ohne Koffein zum Ausprobieren, Kommentieren und Weiterempfehlen erhalten. Diese luden im Schnitt über zwanzig Personen zum Probetrinken ein, womit der Kreis auf 43.000 Tester stieg. Die wiederum sprachen über 125.000 Onlineempfehlungen aus und initiierten beinahe 270.000 persönliche Gespräche über das neue Getränk.

Auch über eine eigene Facebook-Seite können Marken ihre Fans als Produkttester gewinnen. Die Kräuterbonbon-Herstellerin Ricola nutzt diese Variante vor allem, um ihrer Facebook Community ein exklusives Erlebnis zu bieten, aber auch, um Buzz zu neuen Produkten zu erzeugen. So konnten sich Ende 2013 zur Lancierung der neuen Ricola Sorten Apfelminze und Lakritz 7.500 Ricola Fans via Facebook App an einer Tester-Kampagne beteiligen. Die Ricola Fans erzeugten bei ihren Freunden über 50.000 Probiererlebnisse, sprachen mit mehr als 55.000 Personen und sorgten mit ihren Onlineberichten für eine Reichweite von mehr als zwei Millionen Onlinekontakten.

Bloß, was passiert, wenn die Buzzer ein Produkt gar nicht mögen oder sogar öffentlich kritisieren? Deren durchaus auch kritische Auseinandersetzung mit dem Kampagnengut kann den Anbietern helfen, etwaige Minderleistungen in einem sehr frühen Stadium auszumerzen. Und völlig unbrauchbare Erzeugnisse können gestoppt werden, bevor sie größeren Schaden anrichten. »Word-of-Mouth-Marketing ist kein Problemlöser, sondern furchtbar ehrlich – es macht (versteckte) Probleme sichtbar. Als Initiator eines Empfehlungsmarketing-Projektes sollte man deshalb überzeugt davon sein, dass das als Neuheit präsentierte Produkt wirklich Neues, Ungewöhnliches leistet und nicht nur ein Abklatsch dessen ist, was es im Markt schon seit langem gibt«, sagt David Eicher, Inhaber der Agentur Webguerillas. Jede Form von Mundpropaganda läuft immer unkontrolliert ab. Es braucht also auch einen Plan für den Fall, dass die Aktion floppt.

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