Wie Buzz-Marketing funktioniert

Aus den USA schwappen ganz neue Formen der Mundpropaganda zu uns herüber. Sie entstehen nicht aus dem ‚Good-will’, den zufriedene Kunden ihrem Anbieter mehr oder weniger uneigennützig entgegenbringen, sondern sie werden durch spezialisierte Agenturen planmäßig initiiert und müssen bezahlt werden.

So bietet beispielsweise die PR-Agentur Ketchum ein ‚Influencer Relationship Management Programm’ an, bei dem die jeweiligen Meinungsmacher für eine Branche identifiziert und Programme entwickelt werden, wie diese bei öffentlichen Auftritten ein Produkt empfehlen können. Man denke dabei nur an die Einfluss-Möglichkeiten, die etwa Gesundheits-, Schönheits- und Wellness-Experten haben. Die Kosten für solche Werbeprogramme können in die Millionen gehen.

Weit über die US-amerikanischen Landesgrenzen hinaus wurde der Fall des Studenten Andrew Fisher aus Omaha, Nebraska, bekannt, der sich für den satten Betrag von 37.000 Dollar für 30 Tage das Logo seines Auftraggebers auf die Stirn tätowieren ließ. Auch Sportler haben sich so schon Werbegelder gesichert. Da können wir wohl künftig auf Kopfballtore in Zeitlupe besonders gespannt sein.

Amerikanische Agenturen haben inzwischen hunderttausende so genannter ‚Buzzer’ (to buzz = ausschwärmen) in ihrer Datenbank, die vorgegebene Produkte zwar gezielt, aber dennoch zwanglos in ihrem Umfeld ins Gespräch bringen. Die ausgewählten ‚Agenten’ bekommen Produktmuster und Anleitungen für die Kundenansprache. Sie arbeiten unentgeltlich und unterliegen keinem Zwang. Sie tun und sagen, was sie wollen.

‚Buzzen’ ist für sie eine Chance, Spaß zu haben, an einen Informationsvorsprung zu kommen, ihr Geltungsbedürfnis zu nähren, anderen zu helfen oder Einfluss zu nehmen. Das bringt Selbstbewusstsein und Prestige. ‚Buzzer’ sind also in aller Regel Selbstdarsteller und Vorreiter, ihre ‚Opfer’ sind Leute, die dazugehören wollen oder Angst haben, den Anschluss zu verlieren. Außerdem können ‚Buzzer’ neue Produkte testen, bevor sie auf den Markt kommen und so an deren Entwicklung Anteil nehmen. Oder gar noch notwendige Änderungen anschieben. Den Auftraggeber kostet eine dreimonatige Buzzmarketing-Kampagne etwa 95.000 Dollar.

Wie Buzz-Agenten den anvisierten Kunden ein Produkt im wahrsten Sinne des Wortes schmackhaft machen können, wurde bei einer neuen Wurstsorte der Marke Al Fresco deutlich. Dem produzierenden Unternehmen Kayem Foods war es mit herkömmlichem Marketing nicht gelungen, ihr Produkt auf die Teller der amerikanischen Verbraucher zu bekommen. So wurde eine Truppe von Buzz-Agenten angeheuert.

Sie organisierten Grillfeste, priesen die neue Wurst in Supermärkten und Grillstuben, erzählten Freunden und Verwandten davon, fragten nach der Wurst in allen möglichen Läden und beschwerten sich, dass sie dort nicht im Regal lag. So setzte eine glühende Nachfrage ein, die Verkaufszahlen schossen in die Höhe und der Umsatz stieg unmittelbar nach der Kampagne um 1,2 Millionen Dollar. Dave Balter, Chef der Agentur BzzAgent, der diese pfiffige Kampagne initiiert hat, ließ verlauten, dass er im Schnitt einen Erfolgsquotienten von 1 zu 15 erzielt. Das heißt, jeder Buzzer überzeugt 15 zusätzliche Verbraucher, welche die Botschaft dann im Schneeballverfahren weiter verbreiten.

Buzz Marketing in Deutschland

Die in München ansässige Agentur trnd (www.trnd.de) hat diese neue Form der Mundpropaganda, die auch als ‚peer-to-peer-Werbung’ (peer = der Gleichrangige) bekannt wurde, nach Deutschland gebracht. Inzwischen sind weit über 7000 Partner, die bei trnd Mitglieder heißen, aus dem deutschsprachigen Raum bei trnd eingeloggt: Menschen, die sich als Avantgarde, als Insider, als Meinungsführer und Multiplikatoren sehen und vor allem über das Internet extrem vernetzt sind.

Entsprechend dem zu bewerbenden Produkt wählt trnd die passenden Partner, informiert sie über den Auftrag und lädt zu einer Mundpropaganda-Kampagne ein. Wer an der Aktion teilnehmen will, erhält das Produkt des Unternehmens und ein Starter-Kit mit den notwendigen Details, jedoch keine Bezahlung. Während der Kampagne berichten die Partner regelmäßig über ihre Aktivitäten. Sie besprechen das Produkt in ihren Weblogs, stellen Bilder ein, verteilen Gutscheine und führen Blitzumfragen durch. Trnd kommuniziert täglich mit den Aktionisten, um Ergebnisse abzufragen und Tipps für weitere Maßnahmen zu geben. Am Ende der Kampagne erstellt jeder Teilnehmer einen Abschlussbericht, der in den Gesamtbericht für den Auftraggeber integriert wird. Eine sechs- bis achtwöchige Kampagne kostet diesen zwischen 50.000 und 100.000 Euro.

Die Einführung des Wellness-Drinks Carpe Diem fresh wurde von einer solchen Kampagne unterstützend begleitet. Hierzu wurden aus dem Mitglieder-Pool von trnd in einer gezielten Umfrage 150 passende Personen selektiert. Sie erhielten jeweils 36 Flaschen Carpe Diem fresh in allen drei Geschmacksrichtungen zum Kennenlernen und Weitergeben. Nach vier Wochen waren über 2000 direkte Produktkontakte erreicht. Drei Umfragen und 250 Testberichte gingen als Feedback an den Auftraggeber zurück. Elf Mitglieder haben in ihren eigenen Weblogs über das neuartige Getränk berichtet. Die Kampagne hat in zahlreichen weiteren Weblogs und Foren Verbreitung erfahren.

Abzuwarten bleibt bei diesen neuen Formen der Mundpropaganda, ob die jeweiligen Zielpersonen die aktivierten Werber wirklich als uneigennützig und glaubwürdig erleben und den mehr oder weniger gut gemeinten Ratschlägen vertrauensvoll folgen werden. Oder aber ob sie darin einen neuen subversiven Versuch sehen, mit Tricks und Tücken insgeheim getäuscht und verführt zu werden.

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