Begeisterungsmanagement

Verkaufen Sie noch oder begeistern Sie schon? Nachhaltige Begeisterung und Loyalität entstehen, wenn Kundenerwartungen immer wieder deutlich übertroffen werden. Moderne Kunden sind gut informiert, haben realistische Vorstellungen von Preis und Leistung (die meistern zumindest). Die Marketingaufgabe ist es also, die Erwartungen der Kunden zu ermitteln und zu übertreffen. Nicht mehr und nicht weniger ….

Nachhaltige Begeisterung und damit auch Loyalität entsteht, wenn Kundenerwartungen immer wieder deutlich übertroffen werden. Erwartungen speisen sich aus den unterschiedlichsten Quellen und werden mit der erhaltenen Leistung verglichen. Dieser Prozess des Abgleichens ist immer subjektiv, er vollzieht sich meist unterbewusst und ist stimmungsabhängig. Eine positive Grundstimmung lässt das Ergebnis besser ausfallen, eine negative Grundstimmung beeinträchtigt es. Bei guter Laune kaufen wir mehr – und weniger (preis-)kritisch.

Jedes Ihrer (Werbe-)Versprechen ist eine unbezahlte Schuld. Die Kunden haben, von (unverschämten) Ausnahmen abgesehen, meist sehr realistische Vorstellungen darüber, was sie zu welchem Preis erwarten können. Von einem First-Class-Anbieter mit Spitzenpreisen werden ohne Ausnahme Spitzenleistungen erwartet. Im Discount- und Budget-Bereich ist man mit seinen Anforderungen deutlich großzügiger. In der Mitte ist es vage und damit schwammig.

Der Erwartungsabgleich umfasst sowohl Erlebnisse mit Ihren Leistungen als auch solche mit anderen Anbietern. Wer einmal beim Anpassen von Kontaktlinsen schlechte Erfahrungen gemacht hat, wird zunächst in jedem Brillenladen vorsichtig sein. Solange, bis er bei seinem neuen Optiker endlich Vertrauen schöpft. Image beinhaltet all das Wissen, das wir über die Marke, das Angebot beziehungsweise die Firma und deren Menschen – aus eigenem Erleben und/oder vom Hören-Sagen – abgespeichert haben.

Die Kernfrage, die zu stellen ist, lautet: „Welche Erwartungen haben unsere Kunden an uns? Und wie können wir diese (immer wieder, deutlich) übertreffen?“ Und nachdem Sie Antworten gefunden haben: „Wie können wir sicher sein, dass unsere Vermutungen stimmen?“ Dem Kunden kommt es womöglich gar nicht auf den ganzen Service-Schnickschnack an, der bei Ihnen eine Kostenexplosion verursacht. Für ihn müssen zunächst die Kernleistungen stimmen. Einfach, praktisch und schnell soll es gehen. Und die Mitarbeiter sollen zuvorkommend (im wahrsten Sinne des Wortes), freundlich, kompetent und hilfsbereit sein. Wer in einem Supermarkt immer ewig an der Kasse warten muss, wenn er es eilig hat, den kann der kostenlose Espresso auch nicht locken. Und wer ein Sonnenstudio schmuddelig findet, der geht selbst mit einem dicken Geschenk-Gutschein nicht dorthin. Bevor wir uns also an die Service-Extras machen, muss zunächst die Basisleistung stimmen.

Wer beispielsweise mit der Bahn fährt, möchte vor allem pünktlich ankommen. Die Pünktlichkeitsoffensive der Bahn wird ja auch immer wieder gerne vollmundig propagiert. Allein, uns geplagten Bahnreisenden fehlt der Glaube. Was sollen wir etwa hiervon halten: Der Pendolino, ein Zug mit Neigetechnik, durfte infolge eines Unfalls diese Technik auf einer Strecke in den Neuen Bundesländern nicht länger benutzen. Deshalb hatten alle Züge dort 30 Minuten Verspätung. Die Fahrpläne wurden aber nicht korrigiert. Und auch die Online-Zugauskunft gab keine entsprechenden Hinweise. Vier Monate lang ging das so. Täglich saßen also jede Menge nichts ahnende Menschen im Zug, die ihre Anschlüsse verpassten. Und die Zugbegleiter hatten jede Menge Reklamationsgespräche zu führen. Am Schluss gingen sie nur noch mit Gutscheinen rum. Eine Zumutung für beide Seiten. Es geht auch anders, wie folgendes Beispiel zeigt: Wegen einer defekten Weiche war die Einfahrt in den Hauptbahnhof Augsburg gesperrt und alle Züge saßen für drei Stunden fest. Anstatt nun die Gäste warten zu lassen, beorderte ein beherzter Zugführer kurzerhand Busse, die den Pendeldienst nach Augsburg übernahmen.

Gerade Werbeabteilungen und –agenturen produzieren gerne vollmundige Werbeversprechen, ohne sich richtig zu überlegen, wie sich diese im wahren Leben einlösen lassen: We try harder. – You rent a lot more than a car. – Expect more. – Besser ankommen. – Wir machen den Weg frei. … Solche Slogans sind gefährlich wie eine nach oben offene Richter-Skala. Was soll man sich darunter auch vorstellen? (Kunde: „Sie heißen ‚Der wunderbare Waschsalon‘. Was ist eigentlich daran so wunderbar? Mitarbeiter: „Keine Ahnung.“) Die Erwartungshaltung der Kunden wird künstlich hochgeschraubt, Enttäuschungen sind vorprogrammiert und vom Mitarbeiter auszubaden. Ein hausgemachtes Problem! Also: Lieber weniger versprechen und mehr erfüllen. Vor allem aber muss im Vorfeld einer Kampagne mit den Mitarbeitern erarbeitet werden, wie sie welchen aufkommenden, vagabundierenden Kundenerwartungen entsprechen können. Hierzu benötigen sie Vorlauf, Freiräume und Kompetenzen. Und Trainings!

Einer meiner Kunden, der einen ganz bestimmten Wagen kaufen wollte, versuchte es bei mehreren Autohäusern dieser Marke. „Bei einem“, so erzählt er, „wurden meine Frau und ich um 12 Uhr 03 hinaus komplimentiert; man wolle Mittagspause machen und wir könnten ja um 14 Uhr wiederkommen. Beim zweiten hatten wir vorher auf der Webseite nachgesehen – Öffnung samstags bis 15 Uhr. Angekommen, fanden wir ein Schild am Eingang: Samstag geöffnet bis 13 Uhr. Beim nächsten war auch abgeschlossen, aber kein Schild an der Tür. Vierter Versuch: Im Show-Room, voll gestellt wie eine Tiefgarage, war nur mit Mühe ein Verkäufer aufzutreiben. Dessen mangelnde Produktkenntnis wurde nur noch von seinem mangelnden Interesse an einem Verkauf unterboten. Ein Vorführwagen für eine Probefahrt war nicht aufzutreiben.“ Da gewinnt der Slogan ‚Nichts ist unmöglich‘ eine ganz neue Dimension!

Neue Dimensionen gewinnen auch die immer mehr in Mode kommenden englischen Werbesprüche. Viele davon verwirren den Konsumenten völlig und sorgen damit für Unsicherheit und Vertrauensdefizite. Die Kölner Agentur Endmark machte dazu einen Test und konfrontierte über 1000 Verbraucher mit zwölf englischen Slogans deutscher Firmen. Das Ergebnis: Die meisten Kunden verstanden diese Werbung nicht. So versickern Marketing-Millionen wirkungslos, sorgen im schlimmsten Fall sogar für ein negatives Image – und für Loyalitätsverluste.


Beispiel RWE: Deren reichlich egozentrisch anmutender Spruch lautet: ‚One Group. Multi Utilities‘. Dahinter steckt folgende Botschaft: RWE bietet Kunden alle Energien aus einer Hand. Nur acht Prozent der Befragten verstanden dies. Die ungewöhnlichsten Übersetzungen der Verbraucher:

  • Ohne Gruppe, multi?
  • Viele Werkzeuge für eine Gruppe
  • Eine Gruppe viele Stämme
  • Ohne Gruppe Multi Kulti
  • Eine Musikgruppe (Die “Multi Utilities”)

Die gute Nachricht: Es gibt Hoffnung. Einige in dieser Untersuchung vorgeführten Firmen, wie beispielsweise Douglas, haben ihren Slogan inzwischen eingedeutscht.

Begeisterung ist ein Turbo für den Erfolg

Und womit kann man begeistern? „Make your Customers Wow“, sagen die Amerikaner. Begeisterung sind die Ahs und Ohs Ihrer Kunden. (“Kaum zu glauben!” “Das man das für mich tut!“) Es gibt Begeisterungsfaktoren, die kosten Geld und es gibt sehr viele, die kosten keinen Cent, so dass sich diese jeder leisten kann. Es sind oft die kleinen, achtsamen, unerwarteten Dinge, die begeistern und damit emotionale Verbundenheit auslösen. ‚Every little helps‘, heißt der Slogan der sehr erfolgreichen britischen Supermarkt-Kette Tesco, die trotz schwierigster Marktbedingungen zweistellige Umsatzzuwachsraten schafft. Wer begeistert ist, zahlt gerne in die Firmenkasse ein. Und: Wer begeistert ist, verzeiht auch kleine Fehler.

Im folgenden Kasten finden Sie eine ganze Reihe von Aktivitäten, die Begeisterungspotenzial haben. Sie bringen den Käufer dazu, Pluspunkte in die Waagschale zu werfen. Sie können womöglich sogar bereits angesammelte Minuspunkte wieder ausmerzen. Sie lassen sich, je nach Loyalitätsstufe und Kundentyp, individuell und dosiert einsetzen, so dass nicht gleich das ganze Loyalisierungspulver verschossen wird.

Nicht jeden Begeisterungsfaktor wird der Kunde sofort honorieren. Aber das Nichtvorhandensein wird er bestrafen. Indem er sich auf die Suche nach Besserem macht. Am Ende sind es kleine magische Momente und eine Vielzahl von Details, die begeistern, ja geradezu süchtig machen. Mit viel Kreativität und einer Fülle von guten Ideen lässt sich das meist einfach und kostengünstig gestalten.

Kunden-Begeisterungsfaktoren

  • Ah‘s und Oh‘s, Wow‘s
  • Zuverlässigkeit: Versprechen einhalten beziehungsweise sogar übertreffen
  • aktives Begrüßen
  • ein authentisches Lächeln
  • Privilegien gewähren
  • kleine Geschenke
  • angenehme Überraschungen
  • Humor
  • Großzügigkeit
  • Kulanz walten lassen
  • Wiedergutmachung
  • hilfsbereit sein
  • ehrlich sein
  • Vorfreude
  • Vertrauen
  • dicke Dankeschön‘s
  • Wiedererkennen
  • Wertschätzung
  • ein Nr.1-Gefühl geben
  • der Chef kümmert sich persönlich
  • sich an persönliche Details erinnern

Ein Wermutstropfen: Was heute noch für Überraschungen sorgt, ist morgen ‚basic’, man gewöhnt sich daran. Während Ihre Mitbewerber also damit beschäftigt sind, Sie zu kopieren, lassen Sie sich bereits Neues einfallen. Neues heißt nicht: Mehr vom Gleichen und damit teurer, sondern: Deutlich anders und damit nicht vergleichbar. Sichern Sie einen permanenten Ideenfluss durch regelmäßige Kreativsitzungen und sorgen Sie für konsequente Umsetzung. Es gibt so viele Möglichkeiten, Ihren Kunden eine ganz persönliche Freude zu machen, Wertschätzung zu zeigen, Begeisterung zu erzeugen. „Der ist immer für eine Überraschung gut“, werden Ihre Kunden dann anerkennend sagen. Oder aber nach dem dritten Paar Herrensocken: „Denen fällt auch gar nichts mehr ein!“

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