Anleitung zum Unmut

Wie können wir ein mutiges, couragiertes Leben unbedingt vermeiden? Wie stellen wir sicher, niemals die Komfortzone zu verlassen? Wie können wir beweisen, das Nichtstun die bessere Lösung ist? Es ist einfacher als wir denken …

Der Sinn

Falls Sie den großen Fehler gemacht haben, etwas über Mut zu lesen, dann sollten Sie es spätestes jetzt vergessen. Nichts mehr sollte Sie an das bekloppte Thema Mut erinnern, denn es lohnt sich sowieso immer nur, über Mut nachzudenken, wenn man auch die ganz großen und bombastischen Veränderungen herbeiführen kann.

Das Gap

Immer wenn wir neues Wagen, aber das Ergebnis nicht kennen, entsteht ein Gap. Am besten nehmen Sie die ganze Sache mit dem Gap nicht ernst. Fangen Sie nicht an, darüber nachzudenken, ob es in Ihrem Leben Gaps gibt, die Sie meiden. Kommen Sie ja nicht auf die Idee, sich den Ängsten und Überzeugungen, die Sie in Ihren Automatismen festhalten, zu stellen. Das viele Nachdenken und Reflektieren bringt ohnehin nichts. Meiden Sie alle Situationen, in denen das Gap nur auftauchen könnte. Halten Sie immer ein paar gute Begründungen bereit, warum es auf keinen Fall Sinn macht, ins Handeln zu kommen.

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Der Preis

Auf keinen Fall sollten Sie darüber nachdenken, ob und was Sie gelegentlich ins Gap werfen. Ihre Integrität? Ihre Freude? Ihre Selbstwirksamkeit? Gehen Sie lieber davon aus, dass Ihr Gefühl, mehr Zuschauer als Darsteller im eigenen Leben zu sein, nichts aber auch gar nichts mit Ihnen und Ihrem Verhalten zu tun hat.

Die Brücke

Übergehen Sie konsequent Ihre innere Stimme, die an der einen oder anderen Stelle darauf hinzuweisen versucht, dass etwas nicht passt. Es gibt viele erprobte Strategien, der inneren Stimme aus dem Weg zu gehen. Richten Sie Ihren Blick konsequent nach außen. Vergleichen Sie sich mit anderen. Denken Sie viel darüber nach, was andere über Sie denken. Wenden Sie den Blick auf keinen Fall nach innen. Nicht nur der Blick nach außen hilft, sich konsequent aus dem Weg zu gehen, auch viel Lärm und Ablenkung stellen eine gute Möglichkeit dar. Halten Sie am besten niemals inne und lassen Sie keine Stille zu. Lenken Sie sich lieber dauerhaft ab. Mit Alkohol, wenn die Welt sich gerade etwas trüber anfühlt, mit Fernsehen, wenn Sie die innere Leere überdecken wollen, mit Surfen im Internet, wenn Sie die Stille nicht aushalten. Es gibt so viele wunderbare Arten, sich selbst aus dem Weg zu gehen. Sie werden Ihre eigenen Favoriten finden.
Falls Sie doch auf die irrwitzige Idee kommen sollten, an der einen oder anderen Stelle mutiger zu sein, verknüpfen Sie den Mut auf keinen Fall mit Ihren inneren Werten und Bedürfnissen. Seien Sie mutig, weil andere es von ihnen erwarten, weil Sie damit Bilder und Klischees erfüllen, denen Sie gerne gerecht werden wollen. Je unbewusster und unklarer Ihnen ist, warum Sie mutig sein wollen, desto besser. Je mehr Ihre Motivation von außen geleitet ist desto hilfreicher.
Am besten haben Sie keine Idee, was Sie im Neuland wirklich erwarten könnte und wofür Sie das Gap überwinden wollen, sondern Sie stolpern ohne Bewusstheit in das neue Land hinein.

Die Unsicherheit

Geben Sie beim ersten Gefühl von Unsicherheit und Unangenehmem möglichst schnell auf. Bekämpfen Sie alle Gefühle von Unsicherheit. Nehmen Sie diese als ein deutliches Zeichen für die Nichtmachbarkeit. Seien Sie ordentlich enttäuscht, wenn es Ihnen nicht gelingt, vollständig ruhig, klar und souverän in das Neuland zu gehen. Was soll das Ganze bringen, wenn Sie die Ameisen im Bauch noch immer spüren?

Der Körper

Lassen Sie auf keinen Fall zu, dass Sie sich stärker und selbstbewusster fühlen. Neigen Sie Ihren Blick, lassen Sie Ihre Schultern nach vorne hängen und gehen und stehen Sie mit krummem nach vorne geneigtem Oberkörper. Vermeiden Sie einen festen und symmetrischen Stand, verlagern Sie Ihr Gewicht von einem Bein auf das andere und scheuen Sie den Kontakt zum Boden. Machen Sie sich so klein wie möglich, am liebsten wären Sie gar nicht da. Können Sie sich vorstellen, wie Ihre Körperhaltung jetzt ist? Schlapp, kraftlos und ohne Blickkontakt zum Gegenüber.

Die Kommunikation

Wenn Sie sprechen, sprechen Sie viel und lang. Lassen Sie keine Pausen und eiern Sie, wenn möglich, lange um den Kern der Sache herum. Zeigen Sie wenig eigene Gefühle und Beteiligung. Was geht es die anderen an, wie Sie sich fühlen? Entschuldigen Sie sich immer wieder für das, was Sie gesagt haben und relativieren Sie es. Seien Sie stark beim anderen, erklären Sie ihm genau, was er alles falsch macht und warum man mit ihm nicht auskommen kann. Auf keinen Fall sollten Sie über sich sprechen und was für Sie wichtig ist.
Erwarten Sie sofort eine positive Reaktion Ihres Gegenübers. Sie können wirklich erwarten, dass dieser von Ihren Gedanken und Ideen begeistert ist, dass er sofort einsichtig ist und sich entschuldigt, und dass er sofort versteht, worum es Ihnen geht.
Falls der andere nicht sofort positiv reagiert, haben Sie die Bestätigung dafür, dass es sich ohnehin nicht lohnt, mutiger zu sein. Am besten ziehen Sie sich beleidigt in Ihr altes, vertrautes Terrain des Nichthandelns zurück.

Der Systemcheck

Suchen Sie nach wirklich ungeeigneten Momenten, in denen Sie mutig sein wollen. Beispielsweise wenn der andere gerade sehr gestresst oder emotional belastet ist oder wenn möglichst viele andere Unbeteiligte zuschauen.
Leben Sie Ihre Emotionen voll aus. Lassen Sie ohne Rücksicht auf andere alles raus. Viel zu lange haben Sie sich untergeordnet und angepasst. Jetzt sind Sie mal dran.

Im Neuland

Wenn Sie sich wider Erwarten entschieden haben, mutig zu handeln und im Neuland angekommen sind: Erwarten Sie sofort einen deutlichen Erfolg im Neuland. Falls dieser nicht eintritt, suchen Sie intensiv nach Spuren dafür, dass es schief gegangen ist. Lassen Sie Ihr überalarmiertes Gehirn möglichst viele negative Geschichten schreiben, bei denen die beteiligten Personen inklusive Sie selbst ordentlich schlecht wegkommen. Nehmen Sie sich Zeit, diese Geschichten bis ins Detail zu formulieren. Erzählen Sie sich das Gedachte immer und immer wieder. Auf keinen Fall sollten Sie Ihre Geschichten mit der Realität abgleichen.

Die Wirkung

Bisher haben Sie sichergestellt, dass es wenig bis gar keine Ernte gibt, die Sie einfahren könnten. Falls Ihnen blöderweise doch etwas gelungen ist, einfach weil Sie mutiger waren, schreiben Sie es dem Zufall zu. Das nächste Mal klappt es sicher nicht.
Falls es wie erwartet schiefgegangen ist, nutzen Sie Ihre Niederlage, um ein abschließendes Resümee zu ziehen: Mut lohnt sich nicht, Mut macht unglücklich und Menschen können sich nicht ändern.

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