Die erste Frage, die sich bei einer Übersicht agiler Spiele stellt, ist sicherlich, ob klassische Spielkonzepte und Agile Spiele am Ende vielleicht dasselbe sind?
Die Antwort lautet »ja«, wenn wir die Wirkungsmechanismen betrachten. Klassische Spielkonzepte wie agile Games nutzen die Erkenntnis, dass in jedem Menschen ein Hang zum Spielen steckt. Spiele sind im agilen Kontext wie anderswo eine heute erprobte und bewährte Alternative zu klassischen Formaten wie Frontalunterricht oder die trainergestützte Gruppenarbeit.
Die Antwort lautet »nein«, wenn man sich die Anwendungsbereiche agiler Spiele vergegenwärtigt. Bei agilen Games hingegen gibt es einen deutlichen Fokus auf agile Framesets und den Umgang mit Veränderung und vor allem die Vermittlung von Fähigkeiten zur Selbstorganisation.
In agilen Arbeitswelten agieren Menschen eigenständiger und selbstständiger. Daher gibt es auch viel weniger Anlässe für Motivationsspiele, die sich bei klassischen Spielkonzepten recht häufig finden.
Agile Games wollen das agile Arbeiten unterstützen und geben daher Antworten auf Fragen wie:
- Was kann ich machen, um auch im dreißigsten Meeting der Woche doch noch die volle Aufmerksamkeit aller Teilnehmer zu haben? Und auch noch zu einem guten Ergebnis zu kommen?
- Was kann ich machen, damit die Teilnehmer in meinen Trainings komplexe Themen endlich mal wirklich verstehen – und dabei auch noch Spaß haben?
- Was kann ich machen, damit mein Team eine Retrospektive mal wieder so richtig feiert und im agilen Feuer der Begeisterung lodert?
Agile Spiele erfüllen für mich genau diesen Zweck. Seitdem ich 2013 das erste Mal mit ihnen in Berührung kam, hat sich für mich immer wieder bewiesen, dass man gerade im ernsten Business-Kontext eben auch spielerisch zum Ziel kommen kann. Manchmal klappt das sogar besser!
Mitunter trockene Themen werden greifbar und verständlich, Elefanten im Raum werden einfach über den Haufen gerannt und das agile Energiebarometer wird wieder aufgeladen. Das liegt vielleicht am Homo ludens, der in uns allen steckt. Auf Spielen hat (fast) jeder Lust! Ein großer Vorteil, um auch hartnäckige und passive Knochen mitzunehmen.
Ich bin immer wieder fasziniert davon, wie gut und einfach sich wahnsinnig komplexe Sachverhalte aufzeigen lassen. Wie sich Entscheidungsarten anhand eines Spaghetti-Marshmallow-Turms vermitteln lassen. Um wie viel besser Führungsstile mit LEGO sich üben lassen und wie wohltuend anders die Kommunikation mittels Stühlen oder Framesets wie Scrum durch das Werfen von Bällen verinnerlicht werden.
Agile Spiele machen Komplexes einfach und vor allem erfahrbar.
Die folgende Zusammenstellung ist eine bewusste Auswahl an Spielen, die ich selbst vielfach gespielt habe und daher auch guten Gewissens weiterempfehlen kann.
Und zu guter Letzt: Es gibt viele weitere agile Spiele, die sich nicht in diesem Buch finden. Das hat nicht nur den Hintergrund, dass ich irgendwann fertig werden wollte, sondern auch, dass ich nicht jedes der agilen Spiele, die ich schon gespielt habe, gut finde.
Kategorien oder Einsatzfelder für agile Games
Bei mir hat sich in den letzten Jahren die folgende Kategorisierung als nützlich erwiesen und daher habe ich auch das Buch entsprechend aufgebaut:
Agile Mindsets
Diese Spiele vermitteln die grundlegenden Prinzipien und Werte agilen Arbeitens.
Energizer
Diese Spiele lockern das Training auf oder dienen als Separator. Sie lassen sich als häufig als Einstieg in den nächsten Theorieblock gestalten.
Führung
Diese Spiele vermitteln Denk- und Verhaltensweisen sowie deren Auswirkungen rund um agile Leadership und situationsgemäße Führung.
Team und Kommunikation
Diese Spiele fokussieren auf die Vermittlung der Arbeit agiler Teams und die Kommunikation in agilen Organisationen.
Agile Frameworks
Diese Spiele beziehungsweise Simulationen vermitteln die Wirkungsweise ausgewählter Frameworks aus dem agilen Kosmos.
Veränderung
Diese Spiele vermitteln die Dynamik von Veränderungsprozessen in Menschen und Organisationen, welche mit fast jeder agilen Transformation einhergehen.
Kreativität
Diese Spiele lockern das Gehirn auf und fördern den Mut zur eigenen Kreativität.
Christian Böhmer schafft es, Komplexes einfach wirken zu lassen. Er ist spezialisiert auf agiles Arbeiten und dessen Einführung im skalierten Umfeld. Mit über zehn Jahren Trainings- und Coachingerfahrung versteht er es, Menschen nicht nur abzuholen, sondern mitzunehmen und zu begeistern.