So trainieren Sie Ihre Schlagfertigkeit

Schauspieler haben die Bühne, Politiker die Fernsehkameras und Mikrofone. Sportler die Arena und Vorstände die Hauptversammlung. Überall wird kommuniziert und immer wieder können Sie schlagfertige Antworten und geschickte Repliken ausprobieren und dabei beobachten, wie das Publikum reagiert. Ein Beispiel: Die Bayern stehen nach dem Sieg beim FC Schalke im Pokalfinale – und beschweren sich trotzdem. Und zwar über den Rasen in der Gelsenkirchener Arena. Der Vorwurf: Der sei extra so schlecht, um den Gastgebern einen Vorteil zu verschaffen. Magath verwies auf den “harten Winter”, in dem die Spielfläche wegen des Dauerfrostes meist in der Arena und nicht – wie sonst üblich – draußen lag. Kapitän Heiko Westermann reagierte mit Humor auf den Hoeneß-Vorwurf: “Vielleicht haben wir ja ein paar Schafe drauf geschickt, damit sie da ein bisschen rumwühlen.” Ein super Medienecho, dieser Spruch geht über die Ticker dieser Republik.

Was aber ist Ihr Publikum, wo können Sie sich ausprobieren? Darum soll es in diesem Artikel gehen. Sicher: es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Das gilt nicht zuletzt auch für eine hochkomplexe Fähigkeit wie die Schlagfertigkeit. Aber brauchen Sie die Bühne, die Fernsehkameras und Mikrofone, die Arena und die Hauptversammlung um sich auszuprobieren? Vielleicht ist es ja ausreichend und übrigens auch viel ungefährlicher, wenn Sie sich der kleinen Formate des Alltags bedienen, um Ihre Schlagfertigkeit zu trainieren.

„Bewegung ist Leben“, das sagt Ryan Bingham, gespielt von Ryan Bingham, in dem sehenswerten Film „Up in the Air. Und ein Boxkampf wird mit der Beinarbeit gewonnen. Soweit so klar. Aber wo spielt bei Ihnen die Musik? Wo können Sie ein stückweit Ihr Lebensskript umschreiben und wo ein wenig vom gewohnten Ablauf abweichen? Ich habe für diesen Artikel fünf typische Situationen zusammengestellt, die eigentlich alle von uns täglich erleben können, wenn sie nicht gerade als Königskind geboren wurden und sich so vom echten Leben fernhalten konnten.

Wir werden uns mit Begrüßungssituationen („Greeting“), mit Besprechungssituationen („Meeting“), mit Kulinarischem („Eeating“), mit Telefonsituationen („Phoning“) und nicht zuletzt mit Momenten des ersten Kennenlernens („Dating“) befassen. Los geht’s!

Greeting. „Na das freut mich aber Sie zu sehen, Herr Mauersegler, immer schön zurückhaltend wie es sich gehört!“ schmettert Ihnen Ihr Nachbar entgegen. Hier haben Sie nichts zu befürchten, wenn Sie locker in die Offensive gehen: „Guten Tag Herr Bundeskanzler, von der Möglichkeit der vornehmen Zurückhaltung können Sie in Ihrer Position ja nur träumen!“. Oder: „Boris Becker hat auch klein angefangen“. Oder wie würden Sie reagieren? Nicht vergessen, Hauptsache Sie reagieren überhaupt laut und vernehmlich! Das ist immer noch die halbe Miete. Das nächste Mal sind Sie der erste, der den Nachbar anspricht: „Und ich fragte mich gerade, wer kommt wohl her um die Ecke?“ Jetzt muss Ihr Nachbar sich was einfallen lassen! Wie können Sie noch besser werden: Kontern, schnell und unerwartet. Was lernen Sie daraus: Be quick!

Meeting

“Frau Schnörkel, jetzt sagen Sie doch auch mal was!“ bellt Sie der Werkstattleiter in der Sitzung an. Was ihn wohl dazu motiviert: Fürsorge oder versteckte Aggressionen? Wichtig ist, dass Sie das nicht auf sich sitzen lassen. „Im Gegensatz zu Ihnen habe ich eine ganze Menge zu sagen!“ Oder: „Reden ist Silber und Schweigen ist Gold. Und das allerbeste ist: wir kommen jetzt wieder zur Sache zurück!“ Oder wie könnten Sie noch reagieren? „Ich habe mir fest vorgenommen, Herr Kollege, für die nächsten zehn Jahre zu schweigen!“ Und das nächste Mal gehen Sie in die Offensive: „Wie läuft‘s denn bei Ihnen in der Werkstatt, Herr Kollege, immer noch außerordentlich Land unter wie in der letzten Woche?“ Tja, und wie können Sie noch besser werden: Humor zeigen, über sich selbst lachen können, selbstironisch sein. „Beim nächsten Vulkanausbruch in Island haben wir hier alle nichts mehr zu lachen, egal ob Sie Ihre Werkstatt im Griff haben oder eben nicht!“ Was lernen wir daraus? Be creative!

 

Eating

„Was nehmen wir zum Entrée?“ – „Ich würde sagen ein Entrecote oder haben Sie vorab vielleicht noch ein Amuse guele für uns!“ „Das macht 28,30 Euro!“ – „Sie machen wohl Aprilscherze, so günstig kommen wir nie mehr weg!“ Oder: „Das erinnert mich ein bisschen an Fernsehen im Hochkantformat – Sie kassieren Ihre Gebühren und wissen gar nicht, ob es uns nicht vielleicht quer im Magen liegt!“. „Hat‘s geschmeckt?“ – „Die Sendung mit der Maus ist da im Vergleich sehr viel bekömmlicher!“ Und jetzt gehen Sie mal in die Initiative, schließlich sind Sie der Kunde und der darf auch mal einen provokativen Witz machen: „Gibt’s eigentlich auch leckere Speisen hier!“, hier bitte das breite Lächeln nicht vergessen, Ihre Äußerung könnte sonst Bestürzung ausläsen. Wie können Sie noch spitzzüngiger werden: noch mehr übertreiben, Dinge auch mal ins Gegenteil verkehren, Wortspiele aufgreifen und weiterführen. Was lernen Sie daraus? Be inspiring!

 

Phoning

Klar, im Büro dürfen Sie nicht alles was Sie wollten, schließlich könnte der nächste Auftrag, der nächste Kunde Ihren Scherz ganz und gar nicht lustig finden. Aber abends oder am Wochenende an Ihrem privaten Anschluss, da dürfen Sie eigentlich machen was Sie wollen, oder? Der einzige, der Sie davon abhalten kann, sind sie selbst. Und gute Freunde werden es Ihnen schon sagen, wenn Sie mal etwas nicht so witzig finden. Wie wäre es einmal mit „Hier ist das erste deutsche Fernsehen mit der Tagesschau“, oder „Hier spricht der Paris Hilton Fanclub, guten Abend!“, und warum probieren Sie es nicht einmal mit „Kaptn Blaubär hier, ich bringe einem Schwarm Heringen das Schachspielen bei, und was soll ich Ihnen beibringen?“. Die Frage ist nun, was kommt nach dem Spruch, wie reagiert Ihr Gegenüber? „Sie haben aber eine lange Leitung!“ – „Stimmt, ohne Leitung könnten wir gar nicht telefonieren!“ Oder Ihr Gegenüber sagt „Du hört Dich an wie der Regierungssprecher, da ist eine lange Leitung manchmal ganz hilfreich!“ Wie können Sie noch souveräner werden: den anderen nicht angreifen, Angriffe abprallen lassen, gekonnt kontern, denn nach dem Spiel ist vor dem Spiel! Was lernen Sie daraus: Be innovative!

 

Dating

„Wie kommen wir eigentlich von der Waagrechten in die Senkrechte?“ – „Ich habe 24 Stunden rund um die Uhr daran gearbeitet, Ihnen einen ganz besonderen Augenaufschlag machen zu können. Und jetzt sowas!“ oder „Sie gehören für mich in die Kategorie Leichtmatrose mit Auszeichnung und Sternchen!“ oder „Wenn ich ehrlich bin: das was ich hier sehe, ist ganz großes Kino!“ Und warum nicht selbst in die Offensive gehen. „Beindrucken Sie mich doch einmal und machen Sie mir ein Kompliment, das die Welt noch nicht gesehen hat!“ Wie können Sie noch raffinierter werden: Bilder aufgreifen, mutige Gegenpositionen einnehmen, den Gegenüber fordern. Was lernen Sie draus: Be brave!

 

Fazit

Ein amerikanischer Ratgeber zum Thema Networking ist überschrieben mit dem Titel: „Gehen Sie nie alleine Mittagessen“. Ich möchte Ihnen ans Herz legen: Seien Sie nie um Widerworte verlegen, egal ob Sie begrüßt werden, in einer Besprechung mehr oder minder freundlich von Kollegen adressiert werden, ob sich zum Essen verabredet haben, eine Rechnung zu begleichen haben, oder ob Sie den Telefonhörer in die Hand nehmen. In den Momenten, wo es wirklich drauf ankommt, beim ersten Treffen mit Ihrem Traumpartner, in einer wichtigen Gehaltsverhandlung oder in einem Akquisetermin werden sie dann dankbar sein, wenn Sie auf die in den Alltagssituationen trainierten Fähigkeiten zurückgreifen. Wenn Sie jeden Tag drei Mal schlagfertig sind, können Sie binnen eines Jahres sage und schreibe auf 1.095 schlagfertige Formulierungen zurückgreifen. Und aus Erfahrung wissen Sie, welche davon besonders gut angekommen sind. Ein Rucksack voller Möglichkeiten. Nutzen Sie Ihn!

 

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