Power of Ownership

Wie beschreibst du eine, über ein paar Jahrzehnte gewachsene, Firmenorganisation? Ich hab da einen Vorschlag, wie wäre es mit: «Mutig, einfach, schlank, offen, flach und frei» Oder ist es doch eher: «schwerfällig und amtsmüde»? 

In meinem vorletzten Lichtblick unternahmen wir einen Spaziergang durch den gesunden Menschenverstand. Am Ende stellte ich Denkwerkzeuge vor, die sich daraus für sinnvolle Organisationen ableiten. Heute schauen wir uns davon den Hausverstand an. 

Hinter den später vorgestellten neuen Verhaltensmustern steht die Idee, dass wir die Kraft des Eigentums – The Power of Ownership – in der ganzen Firma freilegen.

Ich traf mal einen Unternehmer in seinem Eckbüro am südöstlichen Rand des Verwaltungsgebäudes. Er erklärte mir: „Wissen Sie Herr Borck, die Leute sollte so arbeiten, als ob es ihr Laden wäre.“ Der Austausch ging fünf Minuten weiter und dann bekam ich die Feststellung zu hören: „Wenn einfach nur alle das täten, was man ihnen sagt.“ Ihm glitt das ohne Hintergedanken über die Lippen. Doch uns ist klar, was hier schief läuft. Menschen, die tun, wozu man sie anweist, fehlt Information. Meisten will das ihre Führung genauso. Dahingegen sollten die, die sich wie Eigentümer verhalten, alles wissen, was es zu wissen gibt. Das ist auch schon unser erster Musterbruch …

Kassentransparenz

New Work feiert Transparenz oft wie einen heiligen Gral. Ich kann damit wenig anfangen. Doch in einem Punkt stimmt es. Mit Bezug auf die Wirtschaftlichkeit brauchen wir rigorose Offenheit. Nur wenn Du Einnahmen und Ausgaben gut kennst, kannst Du sinnvolle Geldentscheidungen treffen. Dabei kommt es auf mehr, als nur den Zugang zu den Informationen an. Sie sollten so aufbereitet sein, dass sie von Deinen Kollegen und Dir schnell vernünftig verstanden und angewandt werden können. Das heißt, das Controlling wechselt seinen Kunden. Anstatt Analysen für die Spitze zu machen, erklärt sie künftig dem Fußvolk, wie es um die Firma steht. Gelingt das, braucht es auch keine Planung mehr. Was stattdessen ansteht, ist der zweite Musterbruch im Hausverstand.

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Ergebnisoffenes Erwartungsmanagement

Bis heute ist es in praktisch allen Firmen, die mich engagieren, gang und gäbe, dass die Führung über ihre Planung ansagt, wohin es geht. Steht der Plan, ergibt sich richtig und falsch, aus dem Check gegen die Vorgabe. Da Leben das ist, was passiert, während wir planen, hängt an diesem Muster ein ganzer Rattenschwanz von Arbeit. Ständige Planrevisionen. Regelmäßige Konflikte in der Differenz zwischen Plan und Wirklichkeit. Mitarbeiter:innen, die politisch ihre Interessen optimieren, da sie wissen, dass die Planung auf Dauer eh keinen Wert hat. Jourfixes, um die Planerfüllung zu prüfen. Sitzungen, um Plananpassungen (Richtungswechsel) zeitnah hinzubekommen. Aufhebung von Weisungsbeziehungen, um Task Forces ihren Weg zu bereiten. Du kennst es aus Deinem Alltag vermutlich noch viel besser als ich. Das tun wir, obwohl es eine ganz unkomplizierte Alternative gibt: «Alles, was mit einer unsicheren Zukunft zu tun hat, formulieren wir als Erwartungen und prüfen anschließend mit Istzahlen, ob diese Eintreffen.» So ersetzen wir die falsche Sicherheit der Planung durch natürlich gegebene Ungewissheit. Toll daran ist, dass wir biologisch genau auf den Umgang damit bestens vorbereitet sind.

Doch was fällt dann weg? Nun, hier eine Liste, die Du beliebig ergänzen kannst: Strategieklausuren, Budgetierung, Umsatzvorgabe, Marktdurchdringungsziele, Absatzquote usw. Ich mach einmal ein Beispiel mit der Ansage einer Umsatzsteigerung. Anstatt also zu sagen: «Im kommenden Jahr steigern wir unseren Produktumsatz bei Zahnrädern um 20%.» Formuliert man: «Wir sehen im Markt für Zahnräder aufgrund folgender Zusammenhänge (…) die Chance, eine deutliche Steigerung des Umsatzes hinzubekommen.»

Ganz klar, die Faktoren, auf die wir uns begründen, sollten transparent sein (siehe oben). Und dann kommt die Wischiwaschi-Aussage von wegen und „deutliche Steigerung“. Genau das ist der Clou. Jetzt brauchen wir nur noch regelmäßige Updates – etwa in einer 14-tägigen oder vierwöchigen Taktung – was da passiert und schon läuft der Laden. Warum? Weil es kein eindeutiges „richtig“ mehr gibt. Wo ich mir unter deutlich fünf Prozent vorstelle, sieht eine andere Fünfundzwanzig. Wir versuchen automatisch, die Zukunft sicher zu bestehen. Der Schlüssel: Gemeinschaft. In ihr finden wir die geistige Stabilität, um mit Unsicherheit umzugehen.

Die Zugabe ist, sollte sich herausstellen, dass unsere Erwartungen oder Annahmen falsch sind, können wir super schnell unser Verhalten ändern, denn wir wollen ja gar keinen Plan mehr erfüllen. Soweit so gut, doch was passiert mit Strategien, die Durchhaltevermögen von uns verlangen? Hier vollzieht sich der wohl radikalste Musterbruch, da es wissenschaftlich sinnvoll ist, für diese Aufgabenstellungen zu …

Wetten anstatt zu investieren

Ja, du liest richtig. Jetzt geht es auf die Rennbahn. Wo uns Investitionen vorgaukeln, dass wir die Welt beherrschen, ist in der Wette von Beginn an das Risikomanagement einbezogen. Du kannst Dir vermutlich vorstellen, wie oft ich schon erlebt habe, dass Investitionsvorhaben «überraschend» gescheitert sind. Nein? Na ja – ich sag mal, deutlich häufiger, als dass sie eintraten, wie gewollt. 

Beim Wetten ist die Mentalität eine andere. Es gibt riskante, überlegte, hoffnungsfrohe und skeptische Menschen. Lasse ich eine Menge von allen auf dieselben Alternativen wetten, zeigt sich in verschiedensten Experimenten, dass ihre Gruppeneinschätzung, sehr gut ist. Oft deutlich besser, als die Annahmen und Vorhersagen von Experten oder Verantwortlichen. Natürlich nur, wenn sie sich auf das konzentrieren, was herauskommen soll, anstatt auf die Wette selbst. Dennoch finden sich in den Büchern von Surowiecki und Bregman einige Nachweise, wie viel sinnvoller die Wette im Umgang mit Unsicherheit ist, als das vorwegnehmende Investieren. Und so wird ein Schuh aus Eurem Hausverstand.

Dreimal neues Verhalten für Euren Erfolg

Stabile Gesamtwirtschaftlichkeit entsteht, indem ihr:

  1. Informationen darüber transparent teilt und so aufbereitet, dass jede:r sie für ihren/seinen Alltag versteht.
  2. auf die Planung der Zukunft weitgehend verzichtet und stattdessen lernt, mit ihrer Unsicherheit menschlich wie professionell umzugehen.
  3. Strategien als das anerkennt, was sie sind «hoffnungsfrohe Wetten auf eine bessere Zukunft».

Solltest Du jetzt einen Funken Wirklichkeit in meinem Text gefunden haben, frage ich mich: „Willst Du weiterhin darauf vertrauen, dass irgend ein BWL-er das schon richtig machen wird?“ Ich weiß: „Du kannst es mindestens genauso gut. Nein, mehr noch, zusammen mit Deinen Kolleg:innen sogar besser!“. Den zu diesem Text einleitenden [https://www.businessvillage.de/blog/aktionismus-ist-die-autobahn-zum-misserfolg-denken-hilft-dagegen-anzugehen/] sowie alle anderen Lichtblicke findest Du hier [https://www.businessvillage.de/blog/category/kolumnen/borcks-lichtbblicke/

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