Konflikte klären ohne Machtwort

Konflikte sind unangenehm – weshalb wir versuchen, ihnen aus den Weg zu gehen oder sie am liebsten unter den Teppich kehren. Doch Konflikte sind für etwas gut. Sie sind essenziell für Gruppenprozesse und zur Entwicklung von Organisationen. Deshalb sollten Konflikte idealerweise im Sinne eine Win-Win-Situation gelöst werden – niemals mit einem Basta durch den Vorgesetzten. Denn so enwickeln sich Unmut und Unzufriedenheit, weil das Problem offiziell erledigt, aber nach wie vor ungeklärt ist.

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Allgemein werden Konflikte als unangenehm wahrgenommen. Sie regen auf, können richtig Stress verursachen und Menschen veranlassen zu hassen. Dennoch sind Konflikte wichtig. Sie sind ein förderliches Element in Gruppenprozessen und wichtig zur Entwicklung von Organisationen. Deshalb ist das Wissen über Konfliktklärung in Unternehmen wichtig. Denn eine Klärung von Konflikten durch einen Entscheid eines Vorgesetzten ohne Interessenklärung führt selten zu einer Win-win-Situation für die Betroffenen. Schlimmer noch, Entscheide dieser Art sind Machtworte, denen durch die Betroffenen Folge geleistet werden muss, während die eigentlichen Wünsche und Interessen unerwähnt bleiben. Es entwickeln sich Unmut und Unzufriedenheit, weil der grundlegende Konflikt, der die schlechten Gefühle bewirkt, weiterhin ungeklärt bleibt, obwohl er offiziell erledigt ist.

Auch Konflikte sind für etwas gut.

Ein kurzes Beispiel: Zwei Beschäftigte erhalten wegen schlechter Organisation ihrer Vorgesetzten dasselbe Prestigeprojekt, ohne dass sie davon wissen. Sobald sie voneinander erfahren, fangen beide an, sich gegeneinander schlechtzumachen und anzugreifen, damit sie dieses Projekt behalten können. Der Streit eskaliert in einem Meeting. Die Geschäftsführung spricht ein Machtwort und überträgt einem von beiden die Projektverantwortung. Die andere Person ist ohnmächtig gegenüber dem Entscheid und verliert die Chance auf Anerkennung und Aufstieg. Sie behält ab sofort ihre Expertise für sich und hofft, dass das Projekt ein Desaster wird.

Warum Konflikte in Unternehmen entstehen

Konflikte sind ein alltägliches Phänomen in Unternehmen, obwohl sich viele Menschen außerhalb dieser Strukturen möglicherweise nie in Konflikten wiederfinden würden, da sie sich schlichtweg nicht begegnen oder sich aufgrund fehlender Sympathie voneinander fernhalten würden. In Unternehmen jedoch kommen unterschiedlichste Menschen mit ihren individuellen Haltungen, Persönlichkeiten und Interessen zusammen. Sie werden oft auf Basis von Ausbildung, Qualifikation und Fachwissen zusammengeführt, was nicht unbedingt bedeutet, dass sie sich persönlich gut verstehen.

In einem Unternehmen werden diese verschiedenen Individuen durch gemeinsame Ziele und Arbeitsaufgaben miteinander verbunden. Dies führt fast zwangsläufig zu Konflikten, da die Personen ihre eigenen Vorstellungen, Erwartungen und Verhaltensweisen einbringen. Die zentrale Frage ist daher, wie effektiv mit diesen Konflikten umgegangen wird.

Es gibt einfache und offensichtliche Gründe, die zu Konflikten in Unternehmen führen können. Dazu gehören unter anderem widersprüchliche Interessen, unklare Zuständigkeiten und Kommunikationsprobleme. Solche Konflikte lassen sich in der Regel gut lösen, wenn ihre Ursachen erkannt und die zugrunde liegenden Probleme angesprochen werden. Oftmals genügt es, die Situation zu klären und Missverständnisse auszuräumen, um eine zufriedenstellende Lösung zu finden.

Problematischer wird es, wenn diese Konflikte nicht rechtzeitig erkannt oder bearbeitet werden. Mit der Zeit können sich die Fronten verhärten, und die Beteiligten beginnen, den anderen als Gegner oder sogar Feind wahrzunehmen. In solchen Fällen kann es sich anfühlen, als ob jede Handlung und Kommunikation weitere Mauersteine auf eine immer höher werdende Mauer zwischen den Parteien setzt. Diese Mauern können so fest zementiert werden, dass ein friedlicher Austausch oder eine Lösungsfindung kaum noch möglich ist. Besonders schwer lösbare Konflikte entstehen, wenn grundlegend unterschiedliche Weltanschauungen, Ziele oder Ideale aufeinandertreffen. Auch tiefgehende persönliche Abneigungen, oft als Sich-nicht-riechen-Können beschrieben, können solche Konflikte verschärfen. In solchen Fällen kann der Hass so groß werden, dass rationale Gespräche und Lösungsversuche scheitern.

Um solche schwerwiegenden Konflikte zu vermeiden, ist es entscheidend, frühzeitig zu intervenieren und eine offene Kommunikationskultur zu fördern. Eine klare Strukturierung der Verantwortlichkeiten, regelmäßige Kommunikation und der Einsatz von Mediation können dazu beitragen, Missverständnisse zu klären und eine Eskalation von Konflikten zu verhindern.

Konflikte in Unternehmen

Wir konzentrieren uns hier auf prinzipiell lösbare Konflikte und nicht auf bewusst oder absichtlich herbeigeführte Konfliktsituationen. Für ein besseres Verständnis werden Konflikte wie folgt definiert:

Konflikte liegen vor, wenn widersprüchliche Interessen zwischen Einzelnen oder Gruppen bestehen, die aufeinander angewiesen sind.

Zur Veranschaulichung sollen einfache Beispiele dienen:

  • Zwei Beschäftigte möchten zur gleichen Zeit Urlaub nehmen, was jedoch aufgrund der betrieblichen Anforderungen nicht möglich ist.
  • Ein Unternehmen hat nur eine begrenzte Fläche zur Verfügung. Die Produktionsleitung möchte dort ein Gefahrstofflager errichten, während die Forschungsabteilung ihr Labor erweitern möchte.
  • Eine Neueinstellung steht an. Das Team bevorzugt eine andere Person als die Abteilungsleitung und die Personalabteilung.
  • Der geplante Firmenausflug beinhaltet eine Wanderung, aber einige Mitarbeitende möchten nicht wandern.

Solche Konflikte entstehen aufgrund widersprüchlicher Interessen und sind oft unvermeidlich. Sie haben ihren Sinn und Zweck und können gelöst werden. Es gibt jedoch auch Konflikte, die bewusst durch Beschäftigte oder Führungskräfte verursacht werden. Dies fällt unter Schikane oder sogar Mobbing und stellt eine Störung des Betriebsfriedens dar. Solches Verhalten sollte von allen Beteiligten erkannt, angesprochen und an die Beschwerdestelle gemäß Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz, an eine Führungskraft oder gegebenenfalls an die Unternehmensleitung gemeldet werden.

Beispiele für solche bewusst verursachten Konflikte sind:

  • Ein Beschäftigter kann seine Führungskraft nicht leiden und verunglimpft sie.
  • Ein Team empfindet einen neuen Kollegen als überlegen und schließt ihn daraufhin aus.
  • Eine Führungskraft möchte eine ältere Mitarbeiterin loswerden, die sich nicht gut in neue EDV-Systeme einarbeiten kann. Da eine Kündigung nicht möglich ist, setzt die Führungskraft die Mitarbeiterin massiv unter Druck, damit sie selbst kündigt.

Es gibt auch Mischformen dieser Konflikte, bei denen beispielsweise ein fairer Konflikt durch bösartige Handlungen verschärft wird. In jedem Fall sollte da-rauf geachtet werden, den Betriebsfrieden zu wahren und Störungen zu unterbinden.

Die Bedeutung und der Sinn von Konflikten

Konflikte erfüllen eine wichtige und sinnvolle Aufgabe in Unternehmen. Ihr Hauptzweck besteht darin, durch das konstruktive Austragen von Differenzen eine Klärung der unterschiedlichen Interessen zu erreichen. Sobald die Interessen der beteiligten Parteien offengelegt sind, kann ein tieferes Verständnis füreinander entstehen. Dieses Verständnis bildet die Grundlage für die Entwicklung optimaler Lösungen, da die beteiligten Parteien besser nachvollziehen können, worum es dem jeweils anderen geht. Die Austragung von Konflikten erfordert zwar Anstrengung und Engagement, doch ohne das Anhören und Zulassen anderer Meinungen und Interessen bleibt eine echte Klärung aus. Stattdessen wird möglicherweise eine suboptimale oder drittklassige Lösung durchgesetzt, die nicht die besten Ergebnisse für das Unternehmen liefert.

Wie werden Konflikte am besten geklärt?

Der Umgang mit Konflikten fällt den meisten Menschen schwer, was die Lösung solcher Situationen oft kompliziert macht. Eine strukturierte Vorgehensweise kann jedoch helfen, Konflikte effektiv zu klären. Hier sind einige bewährte Schritte:

#1 Zuhören und Verstehen
Der erste Schritt zur Konfliktlösung besteht darin, den anderen Parteien zuzuhören. Dabei ist es wichtig, nicht zu unterbrechen, anzugreifen, abzuwiegeln oder sich zu verteidigen. Ziel ist es, die Beweggründe und Gefühle der anderen Seite zu verstehen.

#2 Positive Haltung einnehmen
Konflikte müssen nicht als Kampf gesehen werden. Eine positive Grundhaltung zum Gegenüber hilft, die Situation zu deeskalieren. Es ist wichtig zu erkennen, dass eine andere Person, die eine unterschiedliche Sichtweise hat, nicht automatisch gegen uns ist.

#3 Unterschiede akzeptieren
Es geht darum, die Interessen der anderen zu erkennen und zu verstehen. Dabei ist es hilfreich, den Gesprächspartnern durch eine Zusammenfassung ihrer Aussagen mit eigenen Worten zu signalisieren, dass man sie verstanden hat.

#4 Eigene Sichtweise darstellen
Sobald sich die anderen verstanden fühlen, kann die eigene Sichtweise vorgestellt werden. Es ist dann wahrscheinlicher, dass die anderen bereit sind, zuzuhören. Gegebenenfalls kann dies freundlich eingefordert werden.

#5 Zusammenfassung der Unterschiede
Eine Zusammenfassung der unterschiedlichen Standpunkte kann helfen, das gegenseitige Verständnis zu vertiefen.

#6 Ich-Form nutzen
Es ist ratsam, in der Ich-Form zu sprechen und Schimpfworte sowie Du-Botschaften zu vermeiden. Dies erleichtert den anderen das Zuhören und reduziert die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation.

#7 Aggressives Verhalten ignorieren
In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, über aggressives Verhalten hinwegzusehen, wenn dies die Chancen auf eine Lösung erhöht.

#8 Dialog als Basis für Lösungen
Ein konstruktiver Dialog schafft die Grundlage für das Klären, Verhandeln und Ringen um die beste Lösung.

Sollten alle Lösungsansätze erfolglos bleiben, ist es ratsam, den nächsthöheren Vorgesetzten einzubeziehen, um eine weitere Zuspitzung zu verhindern und eine Lösung zu finden. Wenn eine Konfliktlösung schwierig ist, die anderen Beteiligten nicht zur Klärung bereit sind oder die Situation eskaliert, kann eine neutrale Vermittlungsperson unterstützen.

Folgen von Machtgebrauch bei der Konfliktlösung

Die Anwendung von Macht zur Lösung von Konflikten sollte unbedingt vermieden werden, unabhängig davon, ob ein Geschäftsführer, Vorgesetzter oder Mitarbeiter sein Machtwort einsetzt. Machtgebrauch führt oft dazu, dass die Konfliktbeteiligten oder die verlierende Partei ein Gefühl der Machtlosigkeit verspüren, das in manchen Fällen Rachegelüste hervorruft, die den Betriebsfrieden stört. In anderen Fällen kann dies dazu führen, dass die Betroffenen die Zusammenarbeit verweigern – sei es durch offenen Widerstand oder durch versteckte Verweigerung. Es ist daher essenziell, Konflikte nicht durch Macht aus der Welt zu schaffen, sondern durch Verständnis, Kommunikation und Verhandlung.

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