Die Firmen-DNA

Sicherlich weißt du, das USP Unique Selling Point heißt. Nach ihm suchen Werber, Marketer und Verkäufer. Denn damit grenzt ihr euch – so ihre Annahme – von eurem Wettbewerb ab. Das ist ein Kernelement von Erfolg im Vertrieb. Im Außenbild. Doch wie sieht es im Innern aus. Was soll Firmen da erfolgreich machen?

Im dritten Teil meiner Reihe von Denkwerkzeugen für ein Unternehmen mit gesundem Verstand geht es um eure Firmen-DNA.

Anhand von drei veränderten Verhaltensmustern zeige ich dir in diesem Artikel, wie eure Firma ihre Einzigartigkeit für komfortables Überleben nutzt. Maßgeblich ist dafür die Frage: Was davon sind wir? Wann diese Frage wichtig und wie sie zu verstehen ist, verdeutlichen beispielsweise die Herausforderungen der Digitalisierung.

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KI, Automatisierung, IOT, digitale Prozesse sind nur einige Plastikwörter, die auf Unternehmer seit Jahren einprasseln. Zusammen hinterlassen sie den Eindruck: „Wir verpassen etwas.“ Also geht ihr auf Kongresse, Tagungen, Fachvorträge bei IHK, Fraunhofer und Co.. Dort lernt ihr Best Pratices kennen. Softwarefirmen stellen euch die Vorteile von standardisierten Paketen vor. Sie geben das Gefühl, von den Besten zu lernen oder sogar an ihrem Erfolg teilzuhaben. Schnell seid ihr fasziniert. Erwartet, in kürzerer Zeit und einfacher zum gleichen Ergebnis zu kommen. Es hilft dabei, die kritischen inneren Stimmen zu übertönen. Die, die sagen: „Das sind wir nicht. Da verbiegen wir uns zu sehr.“ Stattdessen sagt ihr euch: „Wenn so viele es machen und damit Erfolg haben, muss schon was Wahres dran sein.“ Ich will von euch, dass ihr auch nach innen eure USPs erkennt und daran sinnvoll festhaltet. Wie das geht? Am Anfang liegt sicher der Verhaltensmusterbruch …

Menschen gestalten Firmen …

und nicht umgekehrt. Ich startete in den späten Neunzigern und frühen Nuller Jahren als Organisationsentwickler. Die prägenden Annahmen, auf die ich damals traf, gelten vielerorts noch heute. Eine ist, dass sich die Leute schon anpassen. Sprich, Führung gibt eine (sinnvolle) Organisation vor und die Mitarbeitenden stellen sich darauf ein. Das stimmt sogar. Doch allzu oft optimieren sie halt ihre persönliche Situation. Zum Wohl der Firma denken und handeln – wenn überhaupt – nur wenige mit. Das ändert sich grundlegend, sobald wir die Verantwortung für die Ausgestaltung des Unternehmens an die gesamte Belegschaft übergeben. Und zwar in völliger Konsequenz. Das, für diesen Fall, vielfach beschworene Chaos bleit aus. An seine Stelle rückt eine Struktur, mit der zum einen alle klar kommen und die zum anderen die Interessen der Firma vertritt. Das gelingt gerade dann besonders gut, wenn wir einen weiteren Musterbruch in den Prinzipien zum Erfolg von Unternehmen akzeptieren.

Bindungsfreiheit geht über abhängige Beschäftigung

An dieser Stelle denke ich an verschiedene Dimensionen. Zum einen an die Materielle. Die meisten Menschen sind wirtschaftlich von auf ihre Firma angewiesen. Davon, dass die nächste Lohnzahlung wieder pünktlich kommt. Daneben sollten sie ihren weisungsbefugt Vorgesetzten gefallen. Daran ist ihre kommende Beförderung oder die Kulanz bei spontanen privaten Notfällen geknüpft, wie etwa kranken Kindern. Noch eine Weitere ist, dass die Ergebnisse ihrer Arbeit der Firma gehören. Genauer, deren Eigentümer:innen.

Doch die drei Dimensionen sind häufig alles andere als sinnvoll. Denn so entsteht ein psychologischer Wettbewerb zwischen Arbeitgeberinnen und -nehmern. Dem gesunden Menschenverstand folgende Firmen etablieren eine davon abweichende Vereinbarung. Sie bieten eine freiwillige Teilhabe an der Gestaltung der Firma an und halten sich an das, was ihre Belegschaft dort entscheidet. Führung hat in ihnen kein Vetorecht mehr. Keinen übergewichtigen Einfluss. Kein exklusives Bestimmungsrecht, was mit den Früchten ihrer Arbeit passiert. In diesem Verständnis binden Firmen ihre Mitarbeitenden über Sinn, anstatt sie in einseitig dominierte Abhängigkeiten zu zwingen. In diesen Unternehmen endet ein weiteres gängiges und doch sehr unbeliebtes Verhaltensmuster, das vielen bekannt ist als …

„Das ist historisch so gewachsen“

Du kannst Dir kaum vorstellen, wie oft Außenstehende wie ich das von den Eigentümerinnen oder Geschäftsführenden hören, wenn wir die Frage stellen: „Und warum macht ihr das so?“ Doch was steckt dahinter. Oftmals sind es offensichtlich unnötige, unpraktische und/oder wenig sinnvolle Verhaltensweisen. Bei einem meiner Kunden gab es beispielsweise die Eigenart, dass ein Auftrag, der als digitale, zertifiziert manipulationsfreie Akte bestand, dennoch für das Ablagearchiv auszudrucken war. Und mehr noch. Jedes Blatt war vom ausdruckenden Mitarbeiter handschriftlich zu unterzeichnen. Dies diente der völlig unnötigen Gewissheit, dass sämtliche Seiten vorhanden und von ihm/ihr nochmals angeschaut wurden.

Eine weitere Eigenart historisch gewachsener Handlungsweisen ist: Sie halten sich trotz ihrer nachweislichen Sinnlosigkeit hartnäckig. Das liegt daran, dass wir uns ungern von etwas trennen, an das wir uns gewöhnt haben. Deshalb brechen Firmen mit einem gesunden Verstand das Verhaltensmuster, Einflüssen unreflektiert zu folgen. Die meisten historisch gewachsenen Strukturen beginnen als unhinterfragter Aktionismus. Aus Situationen, in denen sich die Firma gezwungen sah, aus der Hüfte heraus zu handeln und im Anschluss einfach dabei blieb. Genau dieses Muster gilt es zu durchbrechen. Wie gut das gelingt, erkennt eine Organisation daran, wie oft sie der Frage: „Warum macht ihr das so?“ Noch mit Antworten wie: „Das haben wir schon immer so gemacht.“ Oder „Da müssen wir den Erwin fragen, der ist schon seit 30 Jahren da.“ Oder „Keine Ahnung.“ Entgegnen.

Mit drei Musterbrüchen zum besten Selbstverständnis

Diese drei veränderten Verhaltensweisen geben deiner Firma einen stabilen inneren Kompass als zuverlässiges Richtungsinstrument in stürmischen Zeiten:

  • Die ganze Belegschaft ist eingeladen die Firma zu gestalten, nicht umgekehrt
  • Die Zusammenarbeit beruht auf unabhängig frei gewählter Mitverantwortung
  • Historisch gewachsene Strukturen ersticken im Keim

Uns so frage ich: „Wollt ihr eure Firma weiterhin wie ein Fähnlein in den Wind hängen?“ Ich weiß: „Zusammen seid ihr der innere Kompass, den eure Firma braucht, um in unsicherer Zukunft verlässlich zu bestehen.“

Den zu diesem Text einleitenden Lichtblick sowie alle anderen, findest Du hier.

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