Vorsicht Feedback: Modebegriff und Machtdemonstration

Führungskräfte und Vorgesetzte geben es gerne: Feedback. Neben der Machtdemonstration solle es Maßregeln oder motivieren. Doch Vorsicht! Der Modebegriff mit den angenehmen Assoziationen lädt zum inflationären Gebrauch – gar zum Missbrauch ein. Denn nicht überall wo Feedback draufsteht, ist Feedback drin.

Um möglichst präzise zu verstehen, was mit einem Begriff gemeint ist, hilft die Abgrenzung zu anderen Begriffen. Feedback als Modebegriff mit durchaus angenehmen Assoziationen lädt zum inflationären Gebrauch ein. Dadurch wird der Begriff unscharf und alsbald weiß man nicht mehr, was nun genau Feedback ist und wann etwas zwar Feedback genannt wird, während es sich in Wahrheit um etwas anderes handelt.

Vorsicht Feedback: Was also ist keinesfalls Feedback (und wird häufig verwechselt):

  • Anweisungen
  • Lob    
  • Komplimente
  • Kommentare
  • Vorwürfe

Anweisungen sind niemals Feedbacks

Anweisungen sind etwas grundsätzlich anderes als Feedbacks, dennoch werden Anweisungen gerne als Feedback getarnt. In Anweisungen steckt nur der Wunsch zur Ausführung eines Verhaltens.

Dabei ist der Wunsch hier eher eine berechtigte Forderung, die nicht sinnvoll diskutierbar ist. Anweisungen sind etwas grundsätzlich anderes als Feedbacks. Es ist gefährlich, hier die Verwechslung nahezulegen. Wir erleben nicht so selten in Führungstrainings oder Coachings, dass simple Dienstanweisungen vermeintlich menschenfreundlich als Feedbacks getarnt werden. Dadurch wird indes viel Konfusion erzeugt. Dies tut keiner der beiden Kommunikationsformen gut. Es gibt tatsächlich Dienstanweisungen, die berechtigt und sinnvoll sind, und bei denen kommunikativer Aufwand à la Feedback kontraproduktiv ist und außerdem die Anweisung weichspült. ›Dienstanweisungen‹ mag als Begriff schroff und preußisch klingen, es gibt jedoch einfach Absprachen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die bindend sind. Nicht selten stehen diese auch mindestens sinngemäß im Arbeitsvertrag. Diskussionen von solchen Selbstverständlichkeiten binden sinnlos Zeit und Energie. Daneben hat eine solche Diskussion auch unglückliche Auswirkungen auf die Beziehungsebene, weil Diskussionsspielräume gewährt werden, wo tatsächlich keine sind. Es ist bisweilen auch in der Erziehung gar nicht so abwegig, über diese Abgrenzung nachzudenken, bevor Diskussionen mit kontraproduktiven emotionalen und sachlichen Ergebnissen entstehen.

Beispiel: Die getarnte Dienstanweisung: Die Information, dass ein Mitarbeiter grundsätzlich auf E-Mails zeitnah antworten möge, kann eine Dienstanweisung darstellen. Die Beobachtung, ob dieses bislang erfolgt ist oder nicht, ist dabei zunächst völlig unerheblich. Eine Verkleidung in ein Feedback gaukelt hier eine Chance der Darlegung unterschiedlicher Wahrnehmungen vor und die Freiheit, der Dienstanweisung zu folgen, wenn es einem denn genehm ist. Dies ist der Situation nicht angemessen. Es erfordert Mut, hier klar zu sein, und es erspart in der Folge sinnlose, zeitraubende und beziehungsgefährdende Diskussionen.

Lob: Wertschätzung und Vereinnahmung?

Wenn jemand einen anderen Menschen lobt, dann wertet er Verhalten. Diese Koppelung ist zwangsläufig gegeben. Daraus folgt, dass der Lobende sich in der Lage sieht oder wähnt, werten zu können und zu dürfen. Dies drückt ein Machtgefälle aus und der Gelobte findet sich just am unteren Ende des Gefälles wieder. Das klingt recht genau nach dem, was Eltern in der Kommunikation bisweilen mit Kindern tun: Wenn die Kleine etwas fein gemacht hat, wird ihr nett das Köpfchen getätschelt. Das ist haargenau das Geschmäckle, das entsteht oder doch entstehen kann, wenn man lobt. Es wird (auch wenn man das ungern einräumen mag) Macht genutzt.

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Beispiel: Ich lobe zu wenig! Ein krasses Beispiel haben wir vor einer Weile erlebt: Eine Führungskraft informiert ihre Mitarbeiter während einer Konferenz, dass ihr von der nächsthöheren Führungsebene aufgetragen worden sei, ihre Leute öfter zu loben. Sie wolle deren Rat befolgen und würde daher nun ihren Leuten einmal applaudieren.

So etwas erzeugt langandauerndes Kopfschütteln bei uns und hinterlässt Berater und Gelobte not amused, auch wenn eine unfreiwillig-komische Komponente nicht zu leugnen ist.

Beispiel: Gut gemacht! »Wow, das haben Sie wirklich toll gemacht. Da haben Sie wirklich schnell dazugelernt. Wenn ich daran denke, wie die gleiche Arbeit vor ein paar Wochen aussah … Weiter so!!«

Damit wir hier nicht missverstanden werden: Ein freundlich ausgesprochenes Lob kann gut wirken. Vor allem, wenn man spürt, dass der Lobende es ernst meint und dass er einem wohlgesonnen ist. Feedback aber ist deutlich mehr. Und ganz schlimm wird’s, wenn Vorgesetzte frisch aus dem Seminar mit dem Appell aufgeladen ›Sie müssen mehr loben!‹ und auf ihre Mitarbeiter losgelassen, artifizielle Statements produzieren.

Komplimente: Einfach nett!

»Ein Dutzend verlogener Komplimente ist leichter zu ertragen als ein einziger aufrichtiger Tadel.« (Mark Twain, Autor, *1835 †1910)

Komplimente sind nett. Und genau dafür sind sie nützlich. Allerdings erschöpft sich der Nutzen darin dann auch: Man kann Beziehungen durch Nettigkeit fördern. Komplimente zeigen einem, dass der andere einen mag oder sich zumindest darum bemüht. Bisweilen sind Komplimente wirksam, obwohl man sich nicht ganz sicher ist, ob der Inhalt des Komplimentes wahrhaftig ist. So kann man sehr häufig mit dem Kompliment: ›Oh! Sie haben abgenommen! Super!‹ bestens punkten, auch wenn die Beobachtung möglicherweise keine rechte Entsprechung in der Realität finden mag. Komplimente funktionieren dennoch natürlich am besten, wenn sie ehrlich und zutreffend sind sowie spontan und authentisch formuliert. Komplimente haben jedoch tatsächlich einfach nur den Sinn, Beziehungen zu regulieren, und nicht, Informationen zur Verfügung zu stellen.

Das ist der Grund, wieso Teilnehmer in Seminaren so gut wie immer Komplimente machen, wenn wir sie um Feedbacks zur Performance anderer Teilnehmer bitten. Komplimente sind einfach und haben eine simple Funktionalität: Sie sind harmlos und unschädlich. Was sie jedoch (noch) nicht sind: Feedbacks!

Beispiel: Ein Kompliment – kein Feedback »Ah, Ihre Präsentationen sehen einfach immer so schön aus. Macht Spaß! Kompliment!«

Es fehlt vor allem der klar dargestellte Wirkungsaspekt und meist auch die präzise Beschreibung der Wahrnehmung. Wenn wir mit Teilnehmern basal am Feedbackgeben arbeiten, nutzen wir bisweilen häufig gehörte Formulierungen wie: ›Das hat mir gut gefallen! Das war gut und man hat sich auch gut angenommen gefühlt. Also, ich fand es gut!‹ als Negativbeispiele in der Instruktion zum Feedbackgeben, um mehr Präzision attraktiv zu machen.

Kommentare: Gefahr der verbalen Inkontinenz

Menschen reden meist und am liebsten von sich selbst, auch wenn es oft genug verschleiert daher kommt. Wer dies bezweifelt, möge eine beliebige Social-Media-Seite im Internet nutzen und eine beliebige Frage stellen, zum Beispiel die Frage danach, welche Hunderasse für einen selbst als Haustier geeignet sei. Sekunden später wissen Sie unvermeidlich vieles darüber, welche Hundearten irgendwelche Leute, gerne auch Wildfremde, haben oder hatten und was sie mit diesen Tieren erlebt haben. Häufig erfährt man auch, wie und wann der fragliche Hund traurigerweise verstorben ist. (Daher nennen wir dies das ›Toter-Hund-Phänomen‹.) Menschen haben offenbar das drängende Bedürfnis, zu vielen Themen die eigene Senftube einmal zu öffnen und den eigenen Senf dazuzugeben.

Kommentare können nett oder weniger nett sein, positiv oder negativ getönt, konstruktiv oder destruktiv … Immer schwingt natürlich nebenläufig Information über die Beziehung zwischen Kommentator und Kommentiertem mit.

Beispiel: So geht das nicht! Man hält eine Präsentation auf eine ungewöhnliche Art und Weise und ein selbst ernannter Experte kommentiert, dass das so gar nicht gehen könne! Was fehlt, ist die Erklärung, welcher Anteil des Verhaltens des Präsentators nicht passt und welche, vermeintlich ungünstige, Reaktion dieses bei den Zuhörern auslöst. Zusätzlich wäre es auch nett, wenn es eine Empfehlung für ein alternatives Präsentationsverhalten gäbe.

Der Kommentar als Kommunikationsform liefert eine schnelle Information, die jedoch völlig ungerichtet ist. Dadurch gibt sie Raum für verbale Inkontinenz. Es ist möglich, wertende Informationen einfach so rauszuhauen. Kommentare kann man zur Kenntnis nehmen und nutzen. Sie scheinen in der Natur des Menschen zu liegen und sie sind gewiss nicht immer kontraproduktiv. Als Kommunikationsmittel mit Fokus auf Wirkung empfehlen sie sich indes weniger. Und sie sind nicht einmal weitläufig verwandt mit echtem Feedback.

Vorwürfe: Dem anderen seine Fehler vor die Füße werfen

Der Vorwurf stellt eine extreme Unterform des Kommentars dar. Hier wird hemdsärmelig und sorglos das aus der Senftube herausgeschleudert, was heraus muss und was dem anderen seine Unzulänglichkeiten offenkundig macht. Vorwürfe lösen so gut wie immer Widerstand aus und damit ungünstige Emotionalität im Gesprächspartner, vor dessen Füßen das Vorgeworfene landet. Mit dieser Kommunikationsform ist keine sinnvolle Wirkung zu erzielen außer der schnellen Emotionsabfuhr beim Vorwerfenden.

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