Souveränität – Vom Abstrakten zum Konkreten

Das Wesen der Souveränität wurde inzwischen von vielen Forschern, Philosophen, Soziologen und Geisteswissenschaftlern aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Dennoch ist der Begriff der Souveränität für viele eine unverständliche Abstraktion. Der Grund dafür ist offensichtlich seine mehrdeutige Definition: Das ihn Umfassende bleibt immer größer als das Umfasste. Der Umfang der interdisziplinären kultur-wissenschaftlichen Diskurse bestätigt diese Problematik. Was dieser Begriff mit einem Staat und einem Individuum zu tun hat, erläutert Managementtrainer Stéphane Etrillard.

 

 

Albert Metzler: Herr Etrillard, in den bislang zum Thema Souveränität vorhandenen und überwiegend philosophischen Schriften trifft man den Begriff der Souveränität im engen Kontext der Politikwissenschaft. Oft ist dabei die Rede von der „Souveränität“ eines Staates bezogen auf seine Regierung, was in etwa eine gewisse Unabhängigkeit im politisch-wirtschaftlichen Sinne bedeutet. Wie definieren Sie Souveränität? Welche Bedeutungsnuancen hat dieser Begriff im Kontext der Persönlichkeitsforschung?

 

 

Stéphane Etrillard: Der Begriff Souveränität beschreibt ein Phänomen, das in verschiedenen Grundformen in Erscheinung tritt: Im Bereich des Völkerrechts bezeichnet Souveränität die prinzipielle Eigenständigkeit eines Staates, der unabhängig von anderen Staaten die Belange seiner inneren Verfassung selbstbestimmt gestaltet. Auf dem Gebiet des Staatsrechts und der politischen Theorie beschreibt Souveränität die Macht ausübende Instanz im Inneren des Staates, die sowohl die Staatsform und die Regierung bestimmt als auch den staatlichen Machteinsatz legitimiert. Souveränität ist überdies ein Bestandteil der klassischen Definition des Staates, nach der sich ein Staat zusammensetzt aus den drei Elementen Staatsvolk, von anderen Staatsgebieten abgegrenztes Staatsterritorium und eben Souveränität.

Eine weitere Bedeutung von Souveränität findet sich außerhalb der staatlich-politischen Zusammenhänge: Sie betrifft die Persönlichkeit eines Menschen und charakterisiert Souveränität als bestimmte Eigenschaft einer Person, die Ausdruck von Selbstbestimmung und Eigenständigkeit ist.

Albert Metzler: Wie definieren Sie eine souveräne Persönlichkeit? Welche Eigenschaften setzt eine souveräne Persönlichkeit voraus?

Stéphane Etrillard: Souverän zu sein und persönliche Souveränität auszustrahlen, scheint einem Königsweg im eigenen Dasein zu entsprechen. Doch ist damit weder erklärt, was Souveränität nun überhaupt ist, noch wie man selbst zu einer souveränen Persönlichkeit werden kann. In meiner Forschungsarbeit widme ich mich daher ganz der Souveränität als menschlicher Eigenschaft, die sich wie ein Puzzle mit vielen Einzelteilen aus den individuellen Facetten eines Individuums zusammensetzt. Was genau verbirgt sich nun hinter Souveränität, wenn wir dieses Wort mit Blick auf die Persönlichkeitsmerkmale eines Menschen gebrauchen? Hier sind ebenso viele Missverständnisse wie Falschaussagen im Umlauf, und meist wimmelt es vor Ungenauigkeiten, wenn versucht wird, den Begriff konkret zu definieren. Genau genommen bleibt eine echte aussagekräftige Definition sogar ganz aus. So wird uns Souveränität bspw. als Erfolgsfaktor nahe gelegt oder Souveränität wird zu einem Attribut, einer nicht sehr genau bestimmten Größe erklärt, über die man doch bitteschön verfügen sollte. Auch wird der Begriff zuweilen gerne synonym verwendet mit Charisma, Ausstrahlungskraft, Integrität, Selbstsicherheit oder auch Durchsetzungsvermögen usw.

Souveränität gilt gemeinhin als etwas Gutes, Erstrebenswertes, als etwas, das eine echte und wahre Persönlichkeit erst ausmacht. Doch nicht einmal dies ist klar, denn zuweilen vermittelt der Begriff beinahe egozentrische Momente, womit dann die Grenze zur Überheblichkeit und zur versnobten Arroganz überschritten wäre.

Albert Metzler: Wie könnte ein Erklärungsversuch aussehen?

Stéphane Etrillard: Wie auch immer Erklärungs- und Deutungsversuche aussehen, oft reichen sie nicht sehr weit, und meist wird Souveränität wieder nur als Phrase eingesetzt, die irgendein Klischee bedient. Hier kommen dann mit Vorliebe schwammige Formulierungen zum Einsatz, manchmal sind es auch nur Anhäufungen beliebiger und austauschbarer Schlagwörter, mit denen man sich geschickt wieder aus der Affäre ziehen kann.

Der Begriff Souveränität klingt erst einmal ganz gut, so gut, dass weitere Erklärungen gar nicht weiter notwendig erscheinen. Allenfalls heißt es manchmal recht lapidar, Souveränität sei ein Zustand von Eigenständigkeit und Selbstbestimmtheit. Dem wollen wir absolut nicht, zumindest nicht leichtfertig, widersprechen.

 

Albert Metzler: Doch was heißt das nun genau? Was ist Souveränität außerdem, und was nicht?

Stéphane Etrillard: Souveränität zählt zu jenen schicken Wörtern, die wir gerne hören, die wir auch gerne verwenden – Souveränität ist zugleich ein Begriff, der, eben aufgrund seiner weit dehnbaren Spannbreite und weil sich unter seinem Deckmantel so viele positive Eigenschaften versammeln, mit einer gewissen Nachlässigkeit eingesetzt wird. Weil es in der Literatur noch immer an einer eingehenden Untersuchung zum Thema Souveränität mangelt, ist es in den letzten sechs Jahren mein Anliegen gewesen, diese Lücke zu schließen. Hierbei wurden Missverständnisse aufgeklärt und neue, bisher nur selten bedachte Aspekte berücksichtigt. Ich will gar nicht erst versuchen, Souveränität – oder besser eine souveräne Persönlichkeit – auf eine schlichte Formel zu bringen und diese Formel dann als omnipotentes Patentrezept zu propagieren. Auch lässt sich gelebte Souveränität ganz gewiss als zweckdienliches Mittel für den beruflichen und privaten Erfolg, gar als Mittel zur bewussteren, erfüllten und somit zufriedeneren Lebensführung empfehlen, sie lässt sich jedoch nicht einfach verordnen. Niemand kann sich Souveränität wie einen neuen Hut einfach überstülpen und sich dann zu einer souveränen Persönlichkeit erklären.

Albert Metzler: In welcher Verbindung steht der Begriff der Souveränität zum modernen Management?

Stéphane Etrillard: Es gibt einen Faktor, der in unserer heutigen Welt zur unverzichtbaren Größe geworden ist: die Fähigkeit und Bereitschaft, Eigenverantwortung zu übernehmen. Eigenverantwortung ist eines der wichtigsten Stichworte für Beschäftigte im Unternehmen geworden. Die strukturellen Veränderungen in der Unternehmenswelt, die gleichfalls eindimensionale Ordnungen und ausgeprägte lineare Hierarchien zugunsten komplexer Beziehungssysteme mit flachen Hierarchien hinter sich lassen, haben zur Folge, dass es immer mehr auf jeden Einzelnen als Teil des Systems ankommt. Das Ganze kann nur funktionieren, wenn der Einzelne selbstständig und eigenverantwortlich handelt, da das dynamische Zusammenspiel der Teile das Ganze zusammenhält und vorwärts bringt.

Dieser Umstand bedeutet für den einzelnen Beschäftigten einen deutlichen Zuwachs an Möglichkeiten – zugleich jedoch auch eine Steigerung der Anforderungen und zunehmende Unsicherheit. Denn Arbeitsleben und Karriereverläufe haben sich mit diesen Entwicklungen grundlegend verändert. Herkömmliche stringente Lebensläufe gibt es nur noch in den seltensten Fällen. Kaum ein Beruf bietet noch die Sicherheit, ihn in ein und derselben Firma bis zum Rentenalter auszuüben. Der althergebrachte berufliche Aufstieg über die einzelnen Hierarchiestufen innerhalb des Unternehmens verliert immer mehr an Bedeutung.

Erfolg zeigt sich inzwischen weniger in dem Erreichen einer bestimmten Position, sondern eher in dem Grad der Zufriedenheit, Eigenständigkeit und Verantwortlichkeit, den die Arbeit mit sich bringt. Die Erfüllung solcher Kriterien gestaltet sich überaus vielfältig und eröffnet schier unendliche Möglichkeiten. Diese Wahlmöglichkeiten liegen allerdings ebenfalls auf Seiten der Arbeitgeber, denn für ein und dieselbe Aufgabe gibt es inzwischen oft verschieden qualifizierte Anwärter, die auf ihre spezifische Weise die Aufgabe gleichwertig erfüllen können. Nicht selten entwickeln z. B. so genannte Quereinsteiger derartige Qualitäten, dass sie einem ausgewiesenen Experten durchaus das Wasser reichen können.

Die Arbeitsstellen werden überdies heutzutage viel häufiger gewechselt als in der Vergangenheit, und so fehlt es an Sicherheit, Vertrauen und Förderung, die durch jahrelange Zusammenarbeit und Beziehungspflege zwischen Vorgesetztem und Beschäftigtem entstehen. Viel mehr als früher liegt es jetzt in der Hand des Beschäftigten selbst, wie er sein Arbeitsleben gestaltet. Die Vielzahl der Möglichkeiten erfordert von ihm, Eigeninitiative zu zeigen und für seine Arbeit selbst Verantwortung zu übernehmen.

Die persönliche berufliche Entwicklung, die Aktualisierung des notwendigen Wissens und der erforderlichen Fertigkeiten sowie die Motivation zu hohen Leistungen werden meist von keinem Vorgesetzten mehr angeregt, sondern unterliegen allein der Verantwortung des Beschäftigten selbst.

Wie in der Berufswelt zeigen sich in beinahe allen Bereichen unseres Lebens die Auswirkungen der drastischen Veränderungen und Entwicklungen, die unsere Gegenwart kennzeichnen. Und wenn der Mensch sich nicht auch verändert, wird er sich früher oder später nicht mehr zurechtfinden in der Welt, die ihn umgibt. Die Frage ist nur: In welche Richtung soll sich der Mensch eigentlich verändern, wenn es in unserer komplexen Welt immer mehr Richtungen gibt, denen man folgen kann?

Gleichermaßen aussichtslos wie auch unsinnig ist der Versuch, so vielen Richtungen und Aspekten wie nur möglich zu folgen und der größtmöglichen Anzahl von Herausforderungen oder Anforderungen, die unsere Zeit bereithält, gerecht zu werden. So etwas kann nicht gelingen. Es braucht einen generellen Weg, sich den neuen Bedingungen in der Welt anzupassen. Und dieser kann letztlich nur in der vorläufig einzig uns verbleibenden Konstante liegen: in uns selbst.

Albert Metzler: In Ihren Seminaren und Coachings haben Sie eine enorme Vielfalt an unterschiedlichsten Persönlichkeiten. Zu Ihren Klienten gehören sowohl Politiker, Unternehmer, Manager als auch Redner, Berater und Coachs. Wie lässt sich Souveränität überhaupt trainieren?

Stéphane Etrillard: Wer aufmerksam, offen und mit echtem Interesse seinem Leben begegnet – seiner Umwelt, seinen Mitmenschen und sich selbst –, wer fähig und bereit ist, über sich selbst und die eigene Lebensführung zu reflektieren, wer anderen Menschen und den eigenen Erfahrungen aufgeschlossen gegenübertreten kann und sein Leben bewusst, aktiv und im Einklang mit seinem Inneren gestaltet – der beschreitet bereits den Weg zu einer souveränen Persönlichkeit. Und wer diesem Weg dann beharrlich folgt, sich auch von Widrigkeiten nicht beirren lässt, wird früher oder später nicht nur über wirkliche Souveränität verfügen können, sondern auch ein Leben führen, das Zufriedenheit, Erfüllung, Sinn und persönliches Glück bereithält.

Diese Möglichkeit eines entfalteten, authentischen und selbstbestimmten Lebens steht letztlich jedem Menschen offen, denn sie ist tief in der eigenen Persönlichkeit verankert, und die Verwirklichung dieser Möglichkeit vollzieht sich in einem ganz individuellen Prozess, der auf den persönlichen Gegebenheiten und Voraussetzungen basiert. Da der Weg zu einer souveränen Persönlichkeit und zu einem erfüllten Leben immer dem eigenen Selbst entspringt, steht dieser Weg wirklich jedem Menschen offen. Es ist zwar ein Weg, der nicht immer einfach zu bewältigen ist und in dessen Verlauf auch Schwierigkeiten und echte Herausforderungen zu erwarten sind, sodass manch einer ihn vielleicht nicht gehen wird. – Doch jeder, der sich bewusst und entschlossen dazu entscheidet, kann diesen Weg beschreiten.

Albert Metzler: Die Souveränität jedes Einzelnen steht in einer unmittelbaren Verbindung mit den persönlichen Wertesystemen und dem Charisma eines Individuums zusammen. Kann man Souveränität ausstrahlen ohne sie zu besitzen?

Stéphane Etrillard: Eine souveräne Persönlichkeit braucht für ihre Entstehung einen klaren Ausgangspunkt. Dieser liegt in der eigenen Identität. Denn die Identität ist der Schlüssel zum persönlichen Wachstum. Unter Identität versteht man in der Psychologie die als Selbst erlebte innere Einheit der Person. Sie beinhaltet die Überzeugungen und persönlichen Charaktereigenschaften, aufgrund derer wir uns von anderen Menschen unterscheiden und als Individuum erkennen.

Identität lässt uns begreifen, wer wir sind und wo wir im Verhältnis zu unserer Umwelt und unseren Mitmenschen stehen. Unsere diesbezüglichen Auffassungen bestimmen – auch wenn sie nicht der Wahrheit entsprechen – über unser Entscheiden und Handeln, denn normalerweise streben Menschen danach, in Übereinstimmung mit ihrem Inneren zu agieren und so Konstanz in ihrem Leben zu erhalten und Widersprüche zu vermeiden.

Albert Metzler: Ist Souveränität dann auch mit Authentizität eng verbunden?

Stéphane Etrillard: Natürlich, denn jede Verhaltensweise, die im Widerspruch zum eigentlichen inneren Dasein eines Menschen steht, wirkt aufgesetzt, gekünstelt und erzwungen. Immer wenn zwischen Schein und Sein ein deutliches Missverhältnis besteht, geht dies zu Lasten der persönlichen Authentizität. Der Terminus umfasst die miteinander verquickten Begriffe Echtheit, Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit. Die besondere Relevanz hinsichtlich der Souveränität ergibt sich allein schon daraus, dass eine unecht wirkende, unglaubwürdig auftretende oder unzuverlässig erscheinende Person sicher niemals den Status einer souveränen Persönlichkeit erreichen kann. Entsteht auch nur bei einem dieser Bereiche ein deutliches Manko, geht damit immer ein Reputationsverlust einher, der kaum mehr kompensiert werden kann.

Echtheit im Verhalten resultiert aus einer möglichst großen Übereinstimmung von Selbst- und Fremdbild. Sobald Eigenschaften vorgetäuscht, simuliert oder einzig aus Kalkül eingesetzt werden, bleiben sie doch immer nur ein Abklatsch eines echten Daseinszustandes. Hier verhält es sich ganz so wie zum Beispiel bei einem Filmstar und seinem Doppelgänger: Das Imitat wird, was es auch immer tut, niemals die Ausstrahlungskraft des Originals erreichen. Durch mangelnde Authentizität geht nicht nur ein großer Teil der Ausstrahlungskraft verloren, jede Selbstinszenierung – so geschickt sie in einigen Fällen auch sein mag – stellt die Glaubwürdigkeit einer gesamten Person infrage.

Wer in eine Rolle schlüpft, wird von dieser stark vereinnahmt, wodurch zwangsläufig wichtige Spielräume verloren gehen: Natürlichkeit und Gelassenheit bleiben schließlich auf der Strecke. Wo immer etwas gekünstelt und angestrengt wirkt, bleibt der Weg in Richtung Souveränität versperrt. Und die Außenwelt hat oft einen sehr analytischen Blick dafür, ob sie es mit einem Original oder mit einer Fälschung zu tun hat. Authentische Personen ernten dort Vertrauen, wo andere auf Skepsis und Argwohn stoßen. Ein überdehnter Spagat zwischen Schein und Sein bringt die eigene Persönlichkeit ins Wanken, während der souveräne Mensch in sich gefestigt und kaum aus dem Gleichgewicht zu bringen ist.

Albert Metzler: Dann ist es kein Wunder, dass viele so unglaubwürdig kommunizieren?

Stéphane Etrillard: Glaubwürdigkeit und das Kommunikationsverhalten sind untrennbar miteinander verwoben. Eine souveräne Persönlichkeit wird kaum mit Lippenbekenntnissen um sich werfen, sondern vielmehr ihren Worten auch Taten folgen lassen. Jeder Gesprächspartner weiß es sehr wohl zu schätzen, wenn sein Gegenüber nicht nur heiße Luft produziert, sondern explizit zu dem steht, was er sagt. Vertrauen entsteht immer erst dann, wenn ein Mensch für vertrauenswürdig befunden wird und diese Vertrauenswürdigkeit auch unter Beweis stellen kann. Nicht umsonst sind es vorzugsweise die charakterstarken Menschen, denen wir unser Vertrauen schenken, weil wir hier zu Recht davon ausgehen können, dass eben diese das in sie gesetzte Vertrauen nicht missbrauchen.

Die Fähigkeit, Vertrauen zu erwecken, nimmt eine Schlüsselrolle ein, weil erst aus einer Vertrauensatmosphäre heraus die Dinge gedeihen können. Dem glaubwürdigen Menschen wird geradezu automatisch mit einer gewissen Hochachtung begegnet, allein, weil man hier weiß, dass es sich um eine ausgewogene Persönlichkeit handelt, bei der Worte und Taten übereinstimmen. Es sind Menschen, an die man sich halten und an denen man sich orientieren kann, die weder durch ein sprunghaftes Hin und Her irritieren noch mit ihrer Überzeugung hinterm Berg halten und die, wenn es darauf ankommt, auch kein Blatt vor den Mund nehmen.

Souveräne Persönlichkeiten, die zugleich immer auch vertrauenswürdige sind, zeichnen sich dadurch aus, dass sie allen Intrigen, Klatsch und Tratsch sowie Schuldzuweisungen und Anschwärzungen mit größter Zurückhaltung begegnen. – An solchen Stellen ist grundsätzlich Vorsicht geboten, begibt man sich doch schnell in Gefilde, die eine Vorstufe zum Vertrauensverlust markieren. Die Kommunikation ist der Maßstab, mit dem die Glaubwürdigkeit eines Menschen gemessen wird. Eine Person, die Intrigen schmiedet, sich allzu oft zu unbedachten Äußerungen hinreißen und die Gerüchteküche brodeln lässt, hat zwar immer etwas zu erzählen, wird von anderen jedoch sicher niemals große Vertrauenswürdigkeit attestiert bekommen.

Albert Metzler: Welche Rolle spielt Souveränität aus der Perspektive der Globalisierung und der stetig wachsenden Komplexität?

Stéphane Etrillard: Die Wichtigkeit persönlicher Souveränität scheint in unserer Zeit stetig anzuwachsen. Ein Grund dafür sind die rasanten Entwicklungen und Veränderungen in der Welt, denen der Mensch angemessen begegnen muss, um an den immer neuen Bedingungen und steigenden Herausforderungen des Lebens nicht zu scheitern. Denn der Mensch sieht sich konfrontiert mit ungeheuren Mengen an Informationen und Handlungsmöglichkeiten bzw. -spielräumen sowie den gewaltigen Fortschritten in Wissenschaft und Technik. Diese Phänomene haben Dimensionen und Qualitäten erreicht, auf die sich der Mensch neu einstellen muss.

Eine wesentliche Eigenschaft, die solche Phänomene und unser gesamtes Leben in immer höherem Maße prägt, ist die zunehmende Komplexität der Welt. Das Leben der Menschen vollzieht sich heutzutage in zum Teil hochkomplexen Systemen, die mit althergebrachten Denk- und Herangehensweisen kaum noch zu bewältigen sind. Der einzelne Mensch droht von der Dynamik und Beschleunigung solcher Zusammenhänge hin und her gerissen zu werden, ohne noch selbst bestimmen zu können, was mit ihm geschieht. Die eigene souveräne Persönlichkeit avanciert hier zum notwendigen Ankerpunkt.

 

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