Produkte und Dienstleistungen haben oft viele Girlanden. Sie werden herausgeputzt. Designmäßig optisch, technisch oder werblich usw. mit Rüschen versehen, um die Aufmerksamkeit sowie Attraktion zu erhöhen und den Verkauf weiter zu steigern. Ein Paradigma in vielen Unternehmen. „Früher war mehr Lametta“, sagte Loriot. Heute schmücken wird den Tannenbaum mehr und mit vielen buntere Kugeln. Die Weltanschauung des Produkt-pimpen lebt weiter. Alles wird poliert wie Edelchrom.
Ein völlig anderes Paradigma beschäftigt sich mit dem No-frills-Geschäft. Es wird jeder Schnickschnack am Produkt und an der Dienstleistung weggelassen. Alles was nicht zur Kernleistung gehört, gehört eliminiert. Ein neues Segment tut sich auf.
Nicht sehr viele haben dieses Konzept strategisch eingesetzt – jedoch wenn, dann hat es die Branche verändert. Aldi als einer der ersten Lebensmittel-Discounter, Ryanair im Billigflugsegment, in dem man sogar darüber nachdachte, bei Kurzflügen die Toiletten wegzulassen, Mobilfunkdiscounter oder Budget-Hotels sind sehr erfolgreiche Beispiele. Manche sind singuläre Marken und Marktveränderer, andere Zweitmarken von Premiumangeboten.
Lametta Paradigma durchbrechen
Vielen Unternehmen fehlt die Inspiration und Tatkraft, ihr Lametta-Paradigma zu brechen. „Verbraucher denken nicht so, im BtoB geht das nicht“, sind die Sätze der Bedenkenträger. Wenn es nur diese komischen Beispiele nicht gäbe. Die Digitalisierung ist jedoch ein Beförderer des Ansatzes. E-Books lassen grüßen.
Doch wie sähe es aus, ein(e) no frill:
- Print-Taschenbuch
- Auto
- Fahrrad
- Straßenbahn oder Zug
- Business-Kongress
- Haus
In vielen etablieren Unternehmen ist damit in der Zeit der Neu-Entwicklung ein großer Kulturwandel notwendig. Dieser ist geprägt durch:
- Iteration vor Durchbruchsrevolution
- Einfachheit vor Komplexität
- Kundenzentrierung vor Jedermann-Fokus
Oft basiert das yes frills-Paradigma in Unternehmen nicht auf Wissen, sondern auf Silo-Rollen: Wenn in Unternehmen Vertriebler („Wir sind die Front und wissen was der Kunde will“) auf Marketeers („Wir wissen welche Produkte und Dienstleistungen der Kunde will“) treffen, dann ist das ein Kampf nicht nur im kleine Details. Wenn Entwickler dazukommen, so wissen auch diese zu oft genau, „was der Kunde technisch will“. Finanzinvestoren und Familienunternehmen vertreten völlig unterschiedliche Ansichten, die als ein jeweils kurzfristiges und ein langfristiges Modell beschrieben werden können.
No Frill-Konzepte und –Umsetzungen beginnen darum selten von unten. Sie sind eine top down Aufgabe. Dafür sind Leader gefragt – vielleicht sogar auch Cheerleader.
Malte W. Wilkes ist Management Consultant, zigfacher Buchautor und hat an die 1.000 Reden und Präsentationen gehalten, Moderationen und Interviews geführt – auf Konferenzen, Unternehmens- und Verbandstagungen und Business-Roadshows. Der Ehrenpräsident des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU) ist Herausgeber von „Speak to Lead“ und hat Redner des Redeclubs „Düsseldorfer Toastmasters“ gebeten, als Autoren ihre Erfahrungen und Analysen in knallharte Tipps und Tricks zu fassen, die zeigen, wie man gewinnt.