Neugierige Schnüffler

Neugierige Schnüffler gibt es überall und sie agieren ganz offen und brauchen nicht einmal eine Detektivausrüstung. Ihre Vorgehensweise ist trivial. So trivial, das wir immer wieder darauf reinfallen. Gottfried Hoffmann verrät Ihnen die Tricks der Schnüffler …

Ich erinnere mich ganz genau, obwohl es viele Jahrzehnte her ist. Während meines Musikstudiums leitete ich ein Laienensemble. Die Vorsitzende des Ensembles verwickelte meine Mutter in ein Gespräch über die kürzlich erfolgte Trennung von meiner damaligen Freundin, worüber ich mit niemandem gesprochen hatte. Wie meine Mutter mir nachher erzählte, leitete sie das Gespräch ein mit der Formulierung: »Da geht es dem Gottfried jetzt aber schlecht, wo er sich von seiner Freundin getrennt hat.« Meine Mutter war beeindruckt von dem Mitgefühl der Vorsitzenden und erzählte ihr die ganze Geschichte haarklein. Mein Kommentar war, sehr zum Ärger meiner Mutter: »Reingefallen!« Die Vorsitzende hatte meine Mutter ausgehorcht.

Schmeicheln, loben, umgarnen

So etwas kann uns allen jederzeit passieren. Menschen wollen von uns oder über uns etwas wissen, fragen aber nicht direkt, sondern versuchen, uns auszuhorchen. Was sie dafür auf jeden Fall brauchen, ist unser Vertrauen, unsere Arglosigkeit und die Ausschaltung unserer normalen Vorsicht anderen gegenüber. Das können sie erreichen durch Einschmeicheln, Lob, das Unterstreichen von Gemeinsamkeiten, Vorspiegelung von Verständnis und Mitgefühl oder in Sicherheit wiegen durch Ausplaudern von (unbedeutenden) Informationen über sich oder ihre Firma. Beliebt ist auch, jemandem das Gefühl zu geben, sie/er sei eine wichtige und bedeutende Persönlichkeit. Eine weitere Möglichkeit ist es auch, zu verunsichern. Unklare Fragestellungen, bei denen man nachhaken muss, Suggestivfragen oder Provokationen sind hier die Mittel. Verunsicherung entsteht auch dadurch, dass eine eigene Aussage durch das Gegenüber teilweise oder komplett korrigiert wird. Ganz geschickte Spione testen auch ihre Opfer, indem sie beobachten, wie diese zum Beispiel auf die Korrektur einer Aussage reagieren. Lassen sie die Korrektur des Spions so stehen oder bekräftigen sie ihre Meinung?

Erkennen und Grenzen setzen

Wie können wir uns schützen? Das erste und Wichtigste ist, zu erkennen, ob wir uns im Bereich des lockeren Small Talks bewegen, oder ob die Absicht zugrunde liegt, uns auszuhorchen. Beobachten Sie Ihr Gegenüber, nehmen Sie alle Einzelheiten mit Ihren Augen und Ohren und mit Ihrem Gefühl auf. Dann haben Sie schon viel gewonnen. Bleiben Sie allgemein, wenn Sie sich unsicher sind, und verweilen auf der Ebene des unverbindlichen Small Talks. Und nutzen Sie Ihre Möglichkeiten. Stellen Sie Fragen, ergreifen Sie die Initiative. Wenn Sie Handelnder sind, muss die Person reagieren. Möglicherweise genügt dies schon, um den unlauteren Lauschangriff abzuwehren. Im beruflichen Umfeld haben Sie dann noch die Möglichkeit, die Person an einen weiteren, kompetenteren Gesprächspartner zu verweisen, oder Sie können sie bitten, ihr Anliegen per Mail zu schicken. Hier können Sie natürlich auch fragen, wie die Person sich die zukünftige Zusammenarbeit zwischen den Firmen vorstellt. Im schlimmsten Fall bitten Sie um Verständnis dafür, dass Sie an dieser Stelle nicht weiter antworten können oder Sie machen unmissverständlich klar, dass Ihr Gegenüber mit der letzten Frage doch wohl ein wenig zu weit gegangen ist. Vorgetragen mit lächelndem Gesicht wird es keine nachhaltige Verstimmung erzeugen, aber klarmachen, wo Ihre Grenzen sind.

Tipp: Üben Sie im Spiel beide Seiten. Der Lauscher zieht ein Kärtchen mit einem Stichwort und muss der anderen Person die Information entlocken. Sie werden viel Spaß haben!

Beispiel: Arrogante Grenzziehung
Mit meinem Freund Andreas saß ich in der Bar des Manne Pahl in Kampen/Sylt. Neben uns ein älteres Ehepaar, Goldschmuck und goldene Armbanduhr signalisierten Wohlstand. Andreas, ein kommunikativer Typ, versuchte mit den beiden ins Gespräch zu kommen. Auf seine Frage »Und in welcher Branche sind Sie tätig?« war die Antwort des Mannes: »Wir haben die Vermögensbildung abgeschlossen!« Jetzt wussten Andreas und ich Bescheid.

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