Mitarbeiter führen wie ein Trainer

In der heutigen Arbeitswelt lassen sich zwei Entwicklungen beobachten: Ein Teil der Mitarbeiter arbeitet bis zur Überforderung, der andere Teil hat das “Life” der “Work-Life-Balance” perfektioniert. Und zu allem Überfluss drangsaliert das Management den arbeitenden Teil der Belegschaft mit Vorgaben – anstatt den kreativen Arbeitsverweigerern etwas entgegenzusetzten.

Doch damit die Arbeit erledigt wird, brauchen wir diejenigen, die Lust auf Leistung haben – ohne selbstausbeuterische Tendenzen. Wir brauchen ein Arbeitsklima, das Leistungsbereitschaft fördert und fordert. Ein Klima, in dem der/die Einzelne bereit ist, sich auch mal über das normale Pensum hinaus einzubringen. Und das ganz ohne Übertreibung, 24-Stunden-Erreichbarkeit oder dem elektronischen „Aktivitätstracker“ .

Und wie lässt sich das schaffen?

Im Sport sorgt der Trainer dafür, dass die Rahmenbedingungen stimmen und vom Athleten genutzt werden. Der Athlet muss sie in sportliche Leistung umsetzen. Und tauschen wir jetzt Trainer durch Manager und Athlet durch Mitarbeiter aus, haben wir die ersten Voraussetzung geschaffen.

Gerne wird in Führungsetagen über Ziele, Motivation etc. fabuliert. Und auch hier zeigt sich die Parallele zum Sport: Es ist kaum hilfreich, wenn der Trainer permanent zu mehr Disziplin und Motivation auffordert. Motivation und Ziele lassen sich nicht verschreiben. Ziele und Motivation müssen zusammen erarbeitet werden.

Motivation zu wecken ist schwer. Doch was für einen guten Trainer gilt, gilt umso mehr für die Führungskraft. Die Kunst besteht darin, sich in der Gefühlswelt der Mitarbeiter auszukennen. Das wiederum setzt Interesse an Menschen voraus und Empathie. Denn nur das Interesse an den Mitarbeitern und eine gesunde Wertschätzung wecken Kooperationsbereitschaft und bringen mehr als jede Motivationsveranstaltung. Gerade in digitalen Zeiten, in Zeiten von Kennzahlen und Reports, von informellen Meetings sind das persönliche Gespräch, der persönliche Kontakt zur Randnotiz verkommen.

Menschen sind wie Menschen, nicht wie Objekte zu behandeln. Erst dann werden Mitarbeiter selbstmotiviert gerne Leistung erbringen – ohne sich selbst und ihr Privatleben aus den Augen zu verlieren.

Die Führungskräfte sind die Trainer an der Seite der Mitarbeiter. Ihre Aufgabe ist es, zuversichtlich voranzugehen, Perspektiven aufzuzeigen – selbst wenn der Leistungsdruck hoch ist. Gerade in solchen Phasen dürfen Führungskräfte keine Energie auf Analysen und Ursachenforschung verschwenden. Es verunsichert die Mitarbeiter, erzeugt zusätzlichen Druck und kostet wertvolle Zeit. In solchen Phasen sind kurze, knappe und konkrete Ansagen das Mittel erster Wahl. So hat es mein Trainer auch immer gehalten. Und als kleine extrinsische Motivation darf auch mal gelobt werden – für das, was schon geschafft wurde.

Damit soll keine Eigenverantwortung auf das Management abgewälzt werden. Auch der Athlet – sprich Mitarbeiter – ist gleichermaßen in der Verantwortung.

Diesen Aspekten schenkt man im Berufsleben viel zu wenig Aufmerksamkeit. Meist reagieren die Firmen erst, wenn der Krankenstand steigt, die arbeitenden Mitarbeiter dem Unternehmen den Rücken kehren oder die Leistung abfällt. Doch dann ist es zu spät.

Meine Erfahrungen aus fast 20 Jahren Hochleistungssport haben mich zu der Überzeugung gebracht, dass es keine unrealistische Vorstellung ist, Leistung zu erbringen, ohne dass man in das eine (nur Work) oder andere Extrem (nur Live) verfällt.

Leistungsdruck ist nur eine Ausrede! Denn aus dem Sport wissen wir, dass sich Spitzenleistungen nur aus Phasen der Anspannung und Entspannung entwickeln. Und das gilt meiner Meinung nach in allen Lebensbereichen: Unternehmen, Sport, Schule, Studium, … Denn nur wo Menschen genug Freiraum bekommen, sich ausreichend zu regenerieren, kann Energie für neue Aufgaben bereitstehen.

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