Jetzt nicht! Eins nach dem anderen!

Der ständige Ruf nach Effizienzsteigerungen macht auch vor dem Büro-Menschen nicht halt. Nach der Effizienz, wurde das Tempo erhöht. Und dann schaute man bei den Computern ab: Multitasking versprach noch mehr Output. Doch das erwies sich als Sackgasse. Aber eins nach dem anderen …

Menschen, die in der Wirtschaft unterwegs sind, lernen in der Regel schon recht frühzeitig, ihre Zeit gut zu nutzen. Vor diesem Hintergrund hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten das Arbeitstempo immer mehr beschleunigt, sodass eine weitere Steigerung kaum noch möglich erscheint. Trotzdem wird der Ruf nach erhöhter Effizienz nicht leiser, auch wenn es da und dort Einwürfe unter dem Stichwort »Entschleunigung« gibt.

Als erkannt wurde, dass eine weitere Tempoerhöhung nicht mehr möglich ist, die Effizienz aber trotzdem weiter gesteigert werden sollte, kamen findige Köpfe auf die Idee, Arbeitszeit zu verdichten, also mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen: das Multitasking war geboren. Und natürlich wurde nun auch immer häufiger »Multitasking-Fähigkeit« gefordert und so manche Erfindung von E-Mail bis zu modernsten Smartphones sollten diese Entwicklung noch … äh beschleunigen …

Doch leider machten da die Menschen nicht mit. Nicht, dass sie Multitasking immer gleich rigoros abgelehnt hätten. Viele wollten schon und manche Multitasking-Heldengeschichte machte die Runde, oft mit Frauen in der Hauptrolle. Doch die Menschen sind schlicht und ergreifend nicht für Multitasking geschaffen. Auch die Frauen nicht, allen diesbezüglichen Mythen (»Frauen sind multitaskingfähiger als Männer«) zum Trotz.

Auf den entscheidenden Punkt weisen die Hirnforscher schon seit Jahren hin: wir müssen einfach akzeptieren, dass unser Gehirn (und zwar sowohl das männliche als auch das weibliche!) einfach nicht zwei Gedanken gleichzeitig denken kann. Es funktioniert genau nach dem Prinzip, das die Multitasking-Fans als Zeitverständnis von vorgestern abqualifizieren und das da lautet: eines nach dem anderen! Zwei Dinge gleichzeitig zu erledigen, funktioniert nur dann einigermaßen, wenn mindestens eines der beiden Dinge in hohem Maße automatisiert ist. Viel mehr als Kaugummi kauen bei gleichzeitigem Pinkeln ist da koordinativ nur schwer zu schaffen. Vielleicht noch Hörbücher hören beim Auto- oder Fahrradfahren, was bei mir persönlich das höchste aller Multitasking-Gefühle ist.

Ansonsten wird Multitasking meistens mit zwei Dingen erkauft: erstens mit einer deutlich erhöhten Fehler- und Unfallhäufigkeit (beim Autofahren ohne Freisprecheinrichtung zu telefonieren, ist nicht umsonst verboten!) und zweitens damit, dass meistens die aufgewendete Zeit höher ist, als wenn die Tätigkeiten hintereinander erledigt wurden, wie schon verschiedene Studien zeigten.

Den-Stress-im-Griff-Tipp: Arbeiten Sie, wann immer möglich, blockweise: Wenn Sie gleichartige Arbeiten zusammenfassen und blockweise erledigen, sind Sie nicht »nur« effektiver, Sie reduzieren auch Ihren Arbeitsstress ganz erheblich. Die Effektivität können Sie zusätzlich noch dadurch erhöhen, dass Sie gleichartige Arbeiten in jene Tageszeit legen, in der Sie von Ihrem Biorhythmus am leistungsfähigsten sind.

Ich selbst bin zwar ein großer Fan davon, Arbeiten zu automatisieren, aber vom Multitasking habe ich mich schon vor Jahren verabschiedet, weil es einfach nicht funktioniert. Die persönliche Praxiserfahrung und entsprechende Untersuchungsergebnisse sind einfach zu eindeutig.

Seien Sie nicht permanent erreichbar

Blockweises Arbeiten bedeutet auch, dass Sie in dieser Zeit möglichst ungestört sind. Ungestört von Unterbrechungen jeglicher Art.

Handy, Internet, facebook, XING und Co. haben uns viele Annehmlichkeiten gebracht. Ich selbst nutze all diese Errungenschaften, teils mehr, teils weniger intensiv. Auch ich finde es spannend, dass ich sozusagen mit der ganzen Welt in Echtzeit vernetzt sein und von einem Ereignis unmittelbar erfahren oder sogar mitbeteiligt sein kann, das gar nicht da stattfindet, wo ich selbst mich gerade aufhalte.

Doch auch hier zeigt sich wieder die Bedeutung klar formulierter Ziele (Seite 65 ff.). Es stellt sich folgende Doppelfrage:

  1. Was will ich, was sind meine Ziele?
  2. Bringt mich das, was ich jetzt gerade tue, meinen Zielen näher?

Die Antworten auf meine erste Frage stehen jeden Tag gut sichtbar auf meinem Schreibtisch. Es ist eine gelbe Karteikarte, auf der ich mit rotem Stift meine Tagesziele notiert habe. Und die zweite Frage habe ich vor einigen Jahren als stetige Erinnerung auf dem kleinen Podest angebracht, auf dem mein Computerbildschirm steht.

Ich habe also dafür gesorgt, dass ich an dieser Doppelfrage nie für längere Zeit vorbeikomme, jedenfalls nicht, wenn ich in meinem Home-Office arbeite. Damit wird mir in der Regel auch relativ schnell klar, dass permanente Erreichbarkeit vor allem eines ist: ein unglaublicher Zeitfresser, der allen Annehmlichkeiten zum Trotz auch das Potenzial hat, mich von meinen wichtigsten Aufgaben abzuhalten. Deswegen muss ich nun all diese Errungenschaften der Technik nicht gleich verteufeln. Aber ich muss ihren Einfluss auf meinen Tagesablauf beschränken, um optimal von ihnen profitieren zu können.

Manchmal sind es ja wirklich Kleinigkeiten, die einen großen Einfluss auf unser Stressmanagement haben. Da ist zum Beispiel die akustische E-Mail-Benachrichtigung. Es gibt wirklich nur sehr, sehr wenige Menschen, für deren Arbeit es wichtig ist, auf einkommende E-Mails unmittelbar zu reagieren. Für alle anderen gilt, dass es völlig ausreicht, ein- bis zweimal am Tag eine Zeit festzusetzen, während der sie E-Mails bearbeiten. Schalten Sie also die akustische Benachrichtigung aus (bei Outlook: Extras → Optionen → E-Mail-Optionen → Erweiterte E-Mail-Optionen).

Auch darüber hinaus empfehle ich Ihnen sehr, dass Sie sich zunächst etwas Zeit nehmen und sich die Frage nach der notwendigen Erreichbarkeit beantworten. Und dann handeln Sie. Teilen Sie Ihre Entscheidung auch Ihren Mitarbeitern und Kunden mit. Auch die kann man in der Regel durchaus entsprechend »erziehen«. Dadurch werden Sie nicht nur weniger gestresst sein. Auch Ihre Produktivität erhöht sich, wodurch am Ende des Tages eine echte Win-win-Situation entsteht und alle profitieren.

Selbstredend hat die Frage nach der ständigen Erreichbarkeit (oder eben Nichterreichbarkeit) auch Konsequenzen auf Ihre Handhabung des Handys oder Ihre Präsenz in den sozialen Medien. Auch da kann ich nur raten, dass Sie vor allem in der Zeit, in der Sie wichtige Arbeiten erledigen müssen, das Handy ausschalten, ebenso den permanent fließenden Nachrichtenstrom von Facebook, Twitter und Co.

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