Wie zufrieden waren Sie mit unserem Service?!, Hat’s geschmeckt? Diese Fragen haben wir alle schon gehört oder sogar selbst gestellt. Doch was erwarten wir eigentlich für eine Antwort auf diese Frage? Eine ehrliche?
Neulich fragte mich der Frisör mit dem Spiegel in der Hand: „So zufrieden?“ Ich antwortete schulterzuckend: „Man kann ja eh nichts mehr daran ändern!“ Die wartende Kundschaft lachte erheitert. Doch im Nachhinein betrachtet ist dies ein ernstes Thema.
Denn was wären mögliche Antworten gewesen bzw. welche Antwort hat der Frisör eigentlich erwartet? Ein höfliches „Super, toll, danke!“ für einen 08/15-Schnitt? Oder so pedantisch oberlehrerhaft „Oben noch etwas kürzer, hier noch ein bisschen …“? Oder „Das ist auch schon mal besser gelungen“, um den Meister etwas zu erden?
Wir kennen die Antwort: „Super, danke!“ solange die Leistung tolerabel war. Und dann ab durch die Mitte – unverbindlich, schonend, nichtssagend. Dieses Muster können wir überall beobachten. Doch wenn das so ist, warum stellt man die Frage überhaupt? Erwartet unser Gegenüber überhaupt eine ehrliche Antwort oder war es nur eine rhetorische Frage?
Fragen kostet doch etwas!
Fragen kostet nichts, sagt der Volksmund. Die Erfahrung lehrt uns allerdings was Anderes. Fragen kostet doch etwas und zwar manchmal Mut, Courage oder Überwindung. Das Fragen scheint im ersten Moment einfach und doch tun sich manche sehr schwer damit. Und schon steht die Frage im Raum: „Warum?“
Ist es die Angst davor, nicht die richtigen Fragen zu stellen? Weiß man im Moment vielleicht nicht, was man fragen soll? Fast scheint es so, doch die Wahrheit heißt nicht selten: Wir fürchten häufig die Antworten.
Manchmal geschieht das aus Angst oder Respekt, aus Unsicherheit oder wird einfach nur im Alltagsrummel vergessen.
Da Fragen also etwas kostet, ist es wichtig zu wissen, was und wieviel man investiert. Fragen haben drei wichtige Säulen: Den äußeren Rahmen, das Inhaltliche und die Struktur einer Frage. Eine gute Investition!
Die gute Nachricht, es ist leichter als man denkt, nämlich durch die Anwendung drei einfacher Werte: Wertschätzung, Wohlwollen und Wahrnehmung. Jeder dieser Werte übernimmt einer der drei Aufgaben und das Fragen wird zu einer runden Sache.
Es geht mir nicht darum „was“, sondern „wie“ du gefragt hast – einen Satz, den sicher schon jeder mal gedacht oder gesagt hat. Jede Frage benötigt einen äußeren Rahmen bestehend aus Ansprache, Blickkontakt und Haltung. Doch dieses muss auch authentisch, ehrlich und damit glaubwürdig sein, sonst geht der Schuss nach hinten los. Möglich wird das durch eine echte und ehrliche Wertschätzung dem Gesprächspartner gegenüber. Gelingt dies, entsteht der natürliche und glaubwürdige Rahmen.
Frag’s freundlich
Die freundliche und namentliche Anrede gibt einer Frage das persönliche Fundament. Der Fragende fühlt sich angesprochen und auch gemeint. So erfüllen Namensschilder, Visitenkarten und das förmliche Vorstellen dann auch endlich mal ihren Zweck. Das heißt für den Fragenden Achtsamkeit und für den Gefragten: Nicht erschrecken, sondern freuen, wenn man plötzlich ungewohnt und unerwartet seinen eigenen Namen hört!
Schau mir in die Augen
Beim Fragen dem Gegenüber in die Augen schauen ist wohl die wichtigste Regel, wenn es eine solche geben sollte. Die Augen sind das Fenster zur Seele und mit dem Blickkontakt hat der Frager wohl die beste, sicherste und unmittelbare Rückmeldung auf seine Frage. Ist sie verstanden, erschreckt sie, ist sie unangenehm oder erfreulich. Durch Blickkontakt ist es somit leicht möglich noch regulierend einzugreifen, um Missverständnisse in Klarheit zu verwandeln.
Brust raus …
Ob im Sitzen oder Stehen – aufrecht sollte die Haltung sein und das gelingt am ehesten und authentischsten, wenn die Wertschätzung auch ehrlich aufrichtig gemeint ist. So entsteht eine natürliche zugewandte Haltung und signalisiert Achtsamkeit!
Frage nur das, was du auch wirklich wissen willst
Fragen ist nämlich keine Einbahnstraße, z.B.: Wie geht es Ihnen? Was macht die Kunst? Ist alles okay? Fragen dieser Art begegnen uns tatsächlich mehrere Male am Tag und nicht selten beschleicht einen der Verdacht, dass diese vollautomatisiert abgespult werden. In Art und Weise wird auch gerne noch signalisiert, dass man eine Antwort möchte, die einen weiteren vertiefenden Dialog überflüssig machen.
Dem Verdacht, der Gefragte erwartet oder will gar keine ehrliche Antwort, kann man hin und wieder auch entgegenhalten: Der Frager will nicht nur keine Antwort und schon gar keinen Dialog – nein, die Absicht ist vielmehr, seinen Status in gönnerhafter Art zu präsentieren.
Eine charismatische Persönlichkeit hält sich an eine einfache Regel, sie fragt und interessiert sich für die Antwort und ist neugierig auf die Sehens- und Sichtweise des Gefragten, gleich wie sie lauten wird. Genau das bemerkt der Gesprächspartner und eben dadurch entsteht eine Atmosphäre des gegenseitigen Respekts, der Achtung und der Aufmerksamkeit.
„Herr Doktor, Herr Doktor jeder ignoriert mich! – Der Nächste bitte!“
Wer fragt, sollte sich auch die Zeit nehmen, zuzuhören.
Wer fragt, sollte sich auch dafür interessieren, was der anderen für Sichtweisen hat.
Wer gefragt wird, sollte auch auf die konkrete Frage antworten.
Wer gefragt wird, sollte darauf achten, was das Wesentliche der Frage ist.
Nur mit dem Herzen siehst du gut
Das Wahrnehmen, also das Sehen und Fühlen ist uns tatsächlich am geläufigsten, darin haben wir die meiste Erfahrung und sind sehr geübt. Doch nicht selten stellt uns diese Routine auf die Probe und uns verlässt der Mut. Wer nämlich den Mut aufbringt seiner Wahrnehmung zu trauen, sich und die Wichtigkeit seiner Befindlichkeiten aus einem Geschehen zu nehmen, wird Erstaunliches erleben.
Was ist?
Hand aufs Herz, wie oft reagiert man selbst ganz automatisch? Nehmen wir den Mitarbeiter, die Mitarbeiterin im Verkauf, die es sich vielleicht zur Gewohnheit gemacht haben, automatisch zu fragen oder zu antworten. Wie oft reagieren wir ganz automatisch: Ist mal wieder typisch!
Was ist aber, wenn es an diesem Tag besonders hektisch ist? Was wenn der Kunde vor mir, sich als besonders wichtiger Kunde aufbaute, um den Mitarbeitern das Leben mal so richtig schwer zu machen? Was ist, wenn wir gar nicht merken, dass wir an diesem Tag selbst gar nicht so gut drauf sind und die Reaktion nur eine Antwort auf unsere eigene Aktion war? Was wäre, wenn wir in der Lage sind kurz innezuhalten, um uns neu zu sortieren?
Fazit
Der Vorfall beim Frisör ließ mich nachdenklich zurück. Ja, manchmal habe ich mich über die Antworten anderer gewundert, empört oder gar geärgert. Doch waren meine Fragen auch immer ehrlich gemeint? Habe ich mich immer auch wirklich für den anderen interessiert? Wollte ich wirklich wissen, wie es meinem Gegenüber wirklich geht?
Also: Bevor wir uns über die vermutete Oberflächlichkeit der Antworten auf unsere Fragen echauffieren, sollten wir unser Fragen in Form, Inhalt und Achtsamkeit für den Augenblick überprüfen. Also wirklich bewusst fragen, ob überhaupt die Chance auf eine ehrliche Antwort besteht. Falls Sie das mit „nein“ beantworten, dann fragen Sie lieber erst gar nicht.
„Dann fahre ich die nächsten 40 Jahre auf demselben Gleis!“ Eine Erkenntnis, die Oliver Groß den Karriere-Kick brachte. Mit nur 22 Jahren wurde er Mitglied der Geschäftsleitung, übernahm Verantwortung für 350 Mitarbeiter und studierte nebenbei Kommunikationspsychologie und Philosophie. In dieser Zeit begann er auch, mit Notizbüchern zu experimentieren und stellte fest, dass diese unscheinbaren Helfer Großes bewirken: Sie helfen Lösungen und Auswege zu finden und eröffnen sogar ganz neue Perspektiven – die Geburtsstunde der NOTIZBUCH-STRATEGIE.