Feeback geben und (an)nehmen

Im Kritik äußern sind wir auffallend schnell. Fehler und Negatives bemerken wir schnell und reagieren sofort darauf. Mit Lob und positiven Äußerungen gehen wir hingegen sparsam um. Gerade in Gesprächen kann sich das destruktiv auswirken und das Gespräch negativ beeinflussen. Die Kommunikationsexpertin Monika Heilmann führt Sie in diesem Artikel die große Kunst des Feedbackgebens und -nehmens ein …

Anerkennung zu bekommen ist für uns Menschen eines der wichtigsten Grundbedürfnisse. Wer gelobt und anerkannt wird, ist eher bereit, dem anderen das zu geben, was dieser möchte. Derjenige ist auch eher bereit, mal nachzugeben. Positive Anmerkungen und Lob spornen Menschen zu höherer Leistung an. Wer gelobt wird, bemüht sich, dem Lob gerecht zu werden.

Mangelt es an positiven Rückmeldungen, geht die Motivation in den Keller. Lob muss ehrlich sein, wenn es wirken soll, vermeiden Sie plumpe Streicheleinheiten. Dass wir in einer Fehler- und Nörgelkultur leben, zeigt sich in unserem Arbeitsalltag oder auch im privaten Umfeld so: Die Abwesenheit von Kritik ist Lob genug.

Fragen Sie sich ab und zu: Wie sehen mich meine Kolleginnen, meine Kollegen, meine Vorgesetzten, was denken sie über mich und mein Verhalten? Oder was halten die Kunden von mir? Bekommen Sie, falls Sie andere Menschen in Ihrem Umfeld danach fragen, eine offene, ehrliche Antwort? Geben Sie jemandem eine offene, ehrliche Antwort, der Ihnen diese Fragen stellt und mit dem Sie täglich zusammenarbeiten?

Trauen Sie sich, nach Feedback zu fragen

Wer traut sich, im beruflichen oder genauso im privaten Umfeld direkt nach einem Feedback, nach einer Rückmeldung über sein Verhalten, sein Wirken zu fragen? Eher erkundigen wir uns schon mal, wie eine Freundin unser Outfit findet. Oder die neue Frisur oder das neue Auto. Eine neue Wohnung zeigen wir gerne und fragen, wie sie jemand anderem gefällt. Aber wie oft möchten Sie von jemandem wissen, wie Ihr Verhalten in einer bestimmten Situation wirkt? Wie Ihre Art zu reden ankommt? Wie Sie unter Stress reagieren und mit anderen in Stresssituationen kommunizieren? Wie gehen Sie mit einer offenen, für Sie nicht günstigen Antwort um?

Andererseits: Sagen Sie Ihrer Kollegin oder einem Kollegen offen und sachlich, nicht bewertend oder als Urteil, was Sie beispielsweise an deren Verhalten oder der Arbeitsweise lästig finden? Wie oft schlucken Sie Störendes im Alltag runter und in Ihnen staut sich Ärger auf? Wann eskaliert die Situation, weil sich zu viel aufgestaut hat?

Unausgesprochenes und eine mangelhafte, oberflächliche Kommunikation sind die häufigsten Ursachen für Konflikte am Arbeitsplatz und im Privatleben. Viele Konflikte gären oder dümpeln vor sich hin, werden auf Ersatzkriegsschauplätze verlagert, weil Verhaltensweisen oder Meinungen, die am anderen störend erscheinen, nicht sachlich und offen angesprochen und geklärt werden. Möglicherweise eskaliert diese Angelegenheit bei einem ganz anderen Thema.

Lob und Anerkennung in einem Gespräch zu äußern, befördert ein Win-win-Gesprächsergebnis. Im umgekehrten Fall geht die Motivation, die Haltung, die Einstellung, dem anderen etwas zu geben, zurück, wenn ehrliche und positive Rückmeldungen in einem Gespräch zum chronischen Mangel werden. Durch wechselseitiges Feedback geben und nehmen wird das gegenseitige Verstehen größer. Um ein gutes, konstruktives, wertschätzendes Gespräch zu führen, gehört Feedback als eines der wichtigsten Handwerkszeuge dazu.

Mit Feedback ein gutes Gesprächsklima bewirken

Soll positives Feedback wirken, muss es aufrichtig und von innen kommen. Echt und authentisch sein, auf keinen Fall aufgesetzt sein oder eine Schleimspur hinterlassen. Wie schon erwähnt, mit plumpen Streicheleinheiten hat positives Feedback nichts zu tun. Nur wenn das Lob und die Anerkennung auf nachvollziehbaren Kriterien oder auf herzlicher, authentischer Sympathie beruht, werden sie als echt erlebt und angenommen. Dann spornt Feedback auch für das Erreichen eines Win-win-Gesprächsergebnisses an.

Erinnern Sie sich: Wem in Ihrem Umfeld haben Sie in der letzten Zeit Feedback gegeben? Was genau haben Sie gesagt? Und von wem und welches Feedback haben Sie in der letzten Zeit erhalten? Was hat Ihnen derjenige mitgeteilt?

Wie Sie positives Feedback mitteilen

Beschreiben Sie, wie Sie die andere Person wahrnehmen, wie Sie den anderen erleben, was bei Ihnen ankommt. Das geht bereits nach wenigen Minuten!  Aber: Beurteilen Sie nicht und bewerten Sie nicht!

Beispiele:

  • „Ich nehme Sie als einen aufgeschlossenen und sehr aktiven Gesprächspartner wahr!“
  • „Ich erlebe Sie hier im Gespräch als jemanden, der sehr freundlich und geduldig ist.“
  • „Ich empfinde dich als …, ich sehe dich als …“

Sicher kommen Ihnen die Formulierungen „Ich nehme Sie wahr …“ oder „Ich erlebe Sie …“ fremd und ungewohnt, vielleicht sogar sehr gestelzt vor. Halten Sie sich allerdings an diese Formulierung, so vermeiden Sie, dass Sie Ihr Feedback mit „Du bist/Sie sind …“, „Du hast/Sie haben …“ beginnen und damit eine Bewertung oder Beurteilung abgeben.

Eine Voraussetzung, um positives Feedback geben zu können, ist, dass Sie üben, an anderen

  • deren Stärken,
  • deren Erfolge,
  • deren Kompetenzen,
  • deren positive Verhaltensweisen

zu erkennen und wahrzunehmen – und dies auch differenziert.

Differenziert bedeutet, jemandem nicht einfach nur zu sagen „Ich finde dich nett“, sondern das „Nett” zu konkretisieren. Was genau finden Sie an der anderen Person nett? Wie zeigt sich diese Person Ihnen, wenn Sie nett ist? Meinen Sie damit die Ausstrahlung der Person? Ein freundliches Verhalten Ihnen oder anderen Menschen gegenüber? Verhält sich diese Person großzügig, hilfsbereit, aufgeschlossen, einfühlsam, ehrlich, begeisterungsfähig, fröhlich, gefühlvoll, aktiv zuhörend, empfindsam, redegewandt, inspirierend, humorvoll, kreativ, fürsorglich, taktvoll, engagiert, optimistisch, aufmerksam oder …?

Am besten können Sie Feedback in einer ruhigen, angenehmen Atmosphäre geben und wenn ausreichend Zeit für ein konstruktives Gespräch besteht. Fragen Sie Ihren Gesprächspartner, ob er bereit ist, ein Feedback von Ihnen zu hören.

Formulieren Sie beim Feedback Geben keine Du-/Sie-Botschaften oder Generalisierungen: „Du hast …“ „Du bist …“ oder „Immer machst du …“  „Ständig verhältst du dich …“.

Teilen Sie dem anderen mit, was genau Sie beobachtet haben. Vermeiden Sie zu meckern oder zu schimpfen, bleiben Sie konkret. Streichen Sie Wörter wie immer, nie, dauernd, ständig, irgendwie, so ungefähr – also alle Verallgemeinerungen – aus Ihrem Wortschatz. Das sind Reizwörter für den Feedbacknehmenden. Denken Sie daran, wie Sie sich fühlen, wenn Sie ein Feedback bekommen und derjenige zu Ihnen sagt: „Immer machst du …“ – da fahren Sie schnell aus der Haut und fühlen sich provoziert.

So funktioniert kritisches Feedback

Wenn Sie beim Feedback Geben zunächst den Blick auf das Positive richten, dann wird es Ihnen mit der Zeit auch gelingen, bei der Feedback nehmenden Person ein offenes Ohr für kritische Äußerungen zu erhalten.

Anderen ein Feedback zu geben heißt, offen und aufrichtig zu sein. Menschen spüren sehr gut, ob Feedback nur Mittel zum Zweck ist. Bei kritischem Feedback anderen gegenüber sind die Empfindlichkeiten des Nehmers noch erheblich ausgeprägter, was von Ihnen verlangt, verstärkt sensibler und empathischer vorzugehen.

Als einfühlsame Vorgehensweise, nämlich Kritik in einem Wunsch zu formulieren, hat sich dieser Satz bewährt:

„Ich schätze an dir (Ihnen) … und ich wünsche mir von dir (Ihnen) …“

Mit dem ersten Teil des Satzes teilen Sie dem Feedbacknehmer Ihr positives, stärkendes Feedback mit. Im zweiten Teil des Satzes formulieren Sie Möglichkeiten und Perspektiven für Veränderungen oder Verbesserungen als Wunsch. Sie verpacken Ihre Kritik als Wunsch.

Sie können Ihre Kritik auch als Idee vermitteln, als Verbesserungsvorschlag. Der Feedbacknehmer kann sich dann mit der Idee auseinandersetzen, kann diese Idee annehmen oder verwerfen. Das bleibt immer die Entscheidung des Feedbacknehmers – seine eigene, freie Entscheidung, sein Verhalten zu verändern oder auch nicht!

Feedback von anderen annehmen

Trauen Sie sich, andere nach einem Feedback über sich zu fragen! Ertragen Sie eine aufrichtige Meinung einer anderen Person über Ihr Auftreten! So haben Sie die Chance, Ihre Persönlichkeit und Ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln.

Als Feedbacknehmer sind Sie zuerst einmal den Äußerungen, den Mitteilungen des Feedbackgebers in einer passiven Rolle ausgesetzt. Nutzen Sie diese Rolle unbedingt als Chance für sich! Lassen Sie den anderen, den Feedbackgeber ausreden, hören Sie zu – von Anfang bis Ende! Vermeiden Sie Diskussionen.

Hören Sie richtig zu und überlegen Sie nicht gleich bei jeder Aussage des Feedbackgebers, was derjenige damit meinen könnte. Sie verpassen, wenn Sie sofort nach Antworten suchen, die weiteren Äußerungen und somit möglicherweise wichtige Hinweise für Ihre Weiterentwicklung. Sie können sich das Feedback selbstverständlich notieren.

Ausreden lassen und nur  z-u-h-ö-r-e-n!

Sie brauchen sich gegenüber dem Feedbackgeber nicht zu rechtfertigen oder zu verteidigen. Es geht nicht darum, dass der andere Sie als Persönlichkeit, als Mensch beschreibt, sondern er gibt ausschließlich seine subjektive Meinung wieder, wie Sie in der bestimmten Situation oder in einem konkreten Gespräch mit Ihrem Verhalten auf ihn gewirkt haben. Wie er Sie dabei wahrgenommen oder erlebt hat.

Betrachten Sie Feedback nicht als Maßregelung, sondern als Geschenk und Chance für Ihre Weiterentwicklung. Wenn Sie etwas nicht verstanden haben, dürfen und sollen Sie nachhaken und Verständnisfragen stellen (siehe Kapitel 3 „Aktives Zuhören – richtiges Verstehen”. Jedoch: Keine Rechtfertigungen äußern!

Nehmen Sie das Feedback des Feedbackgebers an und bedanken Sie sich dafür. Das Feedback kann Ihnen dabei helfen, sich selbst und Ihre Wirkung auf andere kennenzulernen und dadurch selbstsicherer und kompetenter in Ihrem Auftreten zu werden. Ob Sie sich aufgrund des Feedbacks verändern möchten oder daraus lernen möchten, diese Entscheidung treffen Sie.

So können Sie Feedback geben im Alltag üben

Wie Sie Feedback geben und es in Gesprächen anwenden, das können Sie täglich mit Ihren Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz üben. Versuchen Sie, häufiger als bisher einer Kollegin oder einem Kollegen ein positives Feedback zu geben. Üben Sie, diese Momente zu erkennen, in denen es die Chance eines aufrichtigen, positiven Feedbacks gibt.
Stellen Sie sich vor, Sie erleben eine Kollegin oder einen Kollegen als nett. Jetzt einfach nur zu sagen, er oder sie sei nett, ist zu wenig. Überlegen Sie genau, welche Eigenschaften, welche Nettigkeiten das im Besonderen sind: Vielleicht ein freundlicher Gesichtsausdruck, ein Lächeln bei der Begrüßung, Blickkontakt in Gesprächen, andere zu loben oder Komplimente zu verteilen, hilfsbereit zu sein, Wärme auszustrahlen, auf andere zuzugehen, auch in überlangen Meetings und Besprechungen nicht die Geduld zu verlieren, andere zu respektieren oder …

Auf diese Art und Weise Feedback zu geben ist eine Fähigkeit, die Sie dabei unterstützt, Beziehungen aufzubauen. Es hilft Ihrer Kollegin oder Ihrem Kollegen, sich aus der konkreten Situation heraus weiterzuentwickeln. Mit der Zeit werden Sie darin geübt sein, auch ein kritisches Feedback nicht verletzend zu äußern. Üben können Sie positives Feedback geben selbstverständlich ebenso gut im privaten Bereich. Wann haben Sie zum letzten Mal Ihren Partner, Ihre Partnerin oder Ihre Kinder gelobt?

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