Fairplay leben – Anständigkeit in allem Denken und Tun

Der Begriff des Fairplays wird nicht nur im Sport gerne bemüht. Fair, gerecht, … sind so schillernde Kampfbegriffe, die sogar dafür herhalten müssen, Unfairness und Ungerechtigkeit zu rechtfertigen. Doch was bedeutet echtes Fairplay im Alltag – geht das überhaupt?

Manche Fußballspieler neigen zum unsauberen Tricksen abseits des Regelwerks, um sich dadurch einen unfair erschlichenen Vorteil zu verschaffen. Etwas schärfer formuliert: Sie lügen und betrügen, was das Zeug hält. Das wird von vielen Menschen rund um den Fußball auch noch goutiert. Die eigenen Fans finden es megaclever, wenn ein Spieler mit einem vorgetäuschten Foul (Schwalbe) einen Elfmeter herausholt, der eigentlich keiner war. Statt den Spieler verantwortlich zu machen, der sich eindeutig nicht an die Regeln hält und damit den Gegner hinters Licht führt, wird der Schiedsrichter schuldig gesprochen, schließlich hätte er das falsche Spiel durchschauen müssen. Selbst die – angeblich – neutralen Kommentatoren im Fernsehen stellen sich gerne hinter den unfair agierenden Spieler und loben ihn für seine Gerissenheit. Dabei wird der Betrüger für seine Cleverness gelobt und dem Betrogenen (Schiedsrichter, Gegner) wird dafür die Schuld gegeben. Alle paar Jahre werden moralische Exempel statuiert, wenn einer der Herren Profis gar zu ungeschickt getäuscht hat und alle am Bildschirm erkannt haben, dass nun wirklich kein Foulspiel vorlag. Auf diesen armen Jungen wird dann medial eingeprügelt, weil er sich – im Gegensatz zu den übrigen Kollegen – beim Betrügen hat erwischen lassen.

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Führung mit Pfiff
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Wer glaubt, dass ein solches Verhalten nur im Fußball anzutreffen ist, täuscht sich gewaltig. Tatsächlich sind auch im Job diese und ähnliche Vorgehensweisen viel mehr verbreitet als allgemein vermutet. Da werden Arbeitsergebnisse, Präsentationen und Statistiken kurzerhand ein klein wenig frisiert, bei der Erfassung der Arbeitszeit wird großzügig aufgerundet und das Ergebnis, für das vorrangig ein bestimmter Kollege verantwortlich zeichnet, gerne als das eigene Machwerk ausgegeben. Das alles geschieht, um sich selbst in ein möglichst positives Licht zu rücken und auf der Karriereleiter Vorteile zu ergaunern. Auch in diesem Kontext neigen einige Menschen dazu, den Führungskräften die Schuld für dieses fragwürdige Gebaren mancher ihrer Teammitglieder zuzuschreiben, schließlich haben diese nichts davon bemerkt. Dem Mitarbeiter könne man ja keinen Vorwurf machen, dass er es probieren würde. Sofortiges Veto, liebe Leser. Legen Sie Protest ein!

Konsequentes Fair Play führt zu verdientem Respekt

Trotz der Parallelen, die ich zwischen dem Fußball und der Arbeitswelt sehe, räume ich gerne ein, dass der Fußball etwas verdorbener scheint als die Berufswelt. Für die meisten Menschen ist ein gelebter Fair-Play-Gedanke grundsätzlich wichtig und Personen, die sich daran gebunden fühlen, werden in der Regel hoch respektiert. Dies gilt – wen mag das wundern – für Führungskräfte in besonderem Maße. Von ihnen wird die Einhaltung der Fair-Play-Regeln geradezu vehement eingefordert. Durchaus zu Recht und nicht nur – aber auch – wegen der Vorbildrolle, die Führungskräfte nun einmal innehaben. Denken wir nur daran, dass die Führungskraft ihre Mitarbeiter beurteilt und im Zuge dessen immer auch der Umgang miteinander bewertet wird. Die Vorstellung, dass mich ein Chef, der selbst die Regeln des Fair Play nicht zu kennen scheint oder zumindest nicht einzuhalten bereit ist, hinsichtlich meines kollegialen Verhaltens bewerten soll, berührt mich höchst unangenehm. Die klare Führungskraft kennt die Vorteile eines fairen Umgangs mit anderen Personen und setzt diesen konsequent um. Neben der bereits erwähnten Vorbildrolle kommt der viel zitierte Effekt de »Man sieht sich immer zweimal im Leben« zum Tragen. Wer beim ersten Mal mit seinem Gegenüber fair und anständig umgegangen ist, muss das zweite Treffen nicht fürchten! Wer bei der Premiere den anderen aber ordentlich über den Tisch gezogen hat, sollte sich für das Rückspiel gut wappnen. Ein konsequentes Agieren im Sinne des Fair-Play-Gedankens hat auch den Vorteil, dass in Verhandlungen weniger Zeit und Energie vergeudet wird, da eine Boykott-Gefahr aufgrund des vorab gemeinsam vereinbarten Ergebnisses eher unwahrscheinlich ist. Das größte Plus für jeden Fair-Spieler besteht jedoch in dem nicht zu leugnenden Effekt, dass die Hochachtung vor der eigenen Person dadurch massiv ansteigt! Setzt sich doch in den Köpfen des Umfeldes einer fair handelnden Führungskraft die wichtige Erkenntnis fest, dass diese Person dubioses Verhalten und unsaubere Tricks nicht nötig hat, um erfolgreich zu sein. So entsteht natürlich gewachsener und nachhaltiger Respekt durch auch in dieser Hinsicht klares und konsequentes Führungsgebaren!

Einfach (nach-)gefragt

Wie handhaben Sie Ihren Umgang mit Fair Play? Tricksen Sie selbst gelegentlich ein wenig? Oder kennen Sie Personen in Ihrem beruflichen Umfeld, die es mit dem Fair-Play-Gedanken nicht immer so genau nehmen? Wie reagieren die Menschen in Ihrem Unternehmen auf diese »cleveren« Typen?

Fair Play im Mittelpunkt

Nachdem die faire Führungskraft die Vorteile eines von Fair Play geprägten Leaderships erkannt hat, ist sie in der Rolle des konsequenten Chefs gefordert, ihre Erkenntnisse wie ein wahrer Umsetzungsriese in die Praxis zu transferieren. Wenn dies dem Chef gelingt, wird ein fairer und respektvoller Umgang der Belegschaften untereinander zur Norm. Außerdem wird unfaires und dummdreistes Tricksen von einer wirklich konsequenten Führungskraft niemals toleriert! Auf diese Weise entsteht ein betriebliches Umfeld, in dem man sich fair, anständig und ehrlich begegnet und das wesentlich zum bereits erwähnten so wichtigen, positiven Image der Führungskräfte und des gesamten Unternehmens beiträgt. Das ist speziell bedeutsam in so manch prekärer Situation. Denn dann kann ein einziger Akt des Fair Play die Stimmung, die bereits am Kippen ist, wieder komplett drehen.

Geschichte mit Pfiff: Ein mutig-konsequenter Besuch

Ich leite als Schiedsrichter ein Spiel, in dem beide Mannschaften am Ende der Saison gegen den Abstieg kämpfen. Die Teams agieren äußerst angespannt und machen entsprechend viele Fehler. In der 84. Minute kommt es bei einem 0:0 zu einen Zweikampf im Strafraum. Da mein Assistent und ich keine freie Sicht auf die Situation haben, sind wir unsicher, ob ein Foul vorliegt. Er tendiert zu einem Strafstoß, sicher ist er sich aber nicht. Wir lassen trotz heftiger Proteste des Heimteams das Spiel weiterlaufen. Das Spiel endet mit 0:0 und viele Spieler und auch das Trainerteam sind wütend, weil ich den Elfmeter nicht gegeben habe. Für die Heimmannschaft fühlt sich das wie eine Niederlage an.

Ich kann immer noch nicht einschätzen, ob die Entscheidung richtig oder falsch war. Klarheit bringt mir erst ein Schiedsrichterkollege, der die Szene von der Tribüne aus gefilmt hatte. Die Szene ist sehr gut zu sehen. Das Einsteigen des Gastverteidigers war ein glasklares Foul – ohne Wenn und Aber! Was für ein Fehler! Ich entscheide mich, zur Kabine der Heimmannschaft zu gehen. Als ich die Kabine betrete, treffe ich auf eine verärgerte Mannschaft und beginne zu sprechen: »Ihr seid völlig zu Recht sauer auf mich! Ich habe gerade ein Video von der Szene gesehen, und es gibt keinen Zweifel: Meine Entscheidung war falsch! Das war tatsächlich ein klarer Strafstoß. Es tut mir leid, Jungs!« Der Kapitän der Mannschaft steht auf und sagt: »Das ist groß, Junge!«, und umarmt mich. Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit! Diese großartige Geste des Kapitäns überwältigt mich.

Wenn ich diese Geschichte in einem Seminar oder auf der Bühne erzähle, höre ich immer wieder als Feedback, was für eine großartige Geste mein Besuch in der Kabine doch gewesen sei. Ich sehe das völlig anders. Es war das Mindeste, was ich tun konnte, um mich für meinen Fehler, der das Spiel sehr wahrscheinlich entschieden hat, zu entschuldigen. Groß war die Geste der Mannschaft, die mir sofort verziehen hat. Naturgemäß fiel das einigen schwerer als anderen. Das ist nur allzu verständlich. Mit meinem Fehler hatte ich ihnen ein paar Minuten zuvor einen Strafstoß verweigert, der ihnen – seine Verwandlung zum Tor vorausgesetzt – den Sieg gebracht hätte. Nicht immer ließ sich nach einem Spiel aufklären, ob ich mit meiner Entscheidung richtiglag oder nicht. Aber wenn, wie in diesem Fall, mir die Klarheit, die ich in der Situation nicht hatte, so eindeutig vor Augen geführt wird, ist es ein Gebot der Fairness, konsequent zu handeln und sich dafür zu entschuldigen!

Führungskräften kann ich in ähnlich gearteten beruflichen Situationen nur die gleiche Vorgehensweise empfehlen. Sie werden im so oft undurchdringlich scheinenden Dickicht Ihres Führungsalltags immer wieder mit Situationen konfrontiert sein, in denen Sie über wenig oder gar keine Klarheit verfügen, aber trotzdem eine strategisch wichtige und konsequente Entscheidung treffen müssen. Ihre Entscheidung wird oft richtig sein, sich manches Mal aber vielleicht als völlig falsch erweisen. Wenn Sie nun, zum Ende dieses Buches, das Prinzip von Klarheit & Konsequenz verinnerlicht haben, werden Sie in so einem Fall, im Sinne des Fair Play und der Wertschätzung Ihren Partnern und Teams gegenüber, nicht eine Sekunde zögern, sich für Ihren Fehler zu entschuldigen. Denn Klarheit & Konsequenz tatsächlich in jedem Augenblick zu leben, bedeutet auch, dass Sie nicht mehr lange darüber nachdenken müssen, sondern tatsächlich zu einer vollkommen klaren und konsequenten Person geworden sind!

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