Emotionen gelten im Business-Kontext oft als Hindernis auf dem Weg zu rationalem, professionellem Handeln. Doch was, wenn nicht der Verstand, sondern unser Körper der bessere Ausgangspunkt für Selbstführung ist? Wer lernt, seine Emotionen körperlich zu lesen und zu regulieren, gewinnt einen bisher unterschätzten Hebel für Klarheit, Resilienz und Handlungssicherheit. Denn Selbstführung funktioniert dann besonders gut, wenn wir verstehen, wie der Mensch biologisch funktioniert – und wie Emotionen unser Denken und Handeln körperlich vorbereiten.
Die Körperlogik-Kette: Emotionen führen – nicht unterdrücken
Bevor ein Gedanke formuliert ist, hat der Körper längst reagiert. Die sogenannte Körperlogik-Kette beschreibt, wie Persönlichkeit, Emotion, Körperhaltung, Atmung, Stimme und Sprache aufeinander aufbauen. Diese Abfolge folgt einer biologischen Logik: Emotionen sind schneller als Worte und wirken unmittelbar auf unsere Körpersprache und Ausstrahlung. Wer seine Emotionen kennt und gezielt aktiviert, beeinflusst automatisch den eigenen Auftritt, die Stimme und die Wortwahl. Das Ergebnis: stimmiges, souveränes Verhalten in komplexen Situationen.
Vom Mindset zum Bodyset: Der vergessene Hebel der Selbstwirksamkeit
Körperintelligenz ist schneller als der Verstand. Unter Stress setzt sich dieses ältere, körperbasierte Reaktionssystem durch – es ist evolutionsbiologisch gesehen schneller und unmittelbarer. Genau hier setzt das Konzept der „Körper-Biologik“ an: Statt über Probleme nachzudenken, setzen wir einen körperlichen Impuls – und der Rest folgt. Wer also auf der Ebene der Emotion ansetzt, stößt einen Dominoeffekt an: Körperhaltung, Atmung, Stimme und schließlich Sprache verändern sich automatisch mit. Dieses Umschalten vom Mindset zum Bodyset führt zu mehr Selbstwirksamkeit und emotionaler Beweglichkeit.
Was der Körper weiß, bevor der Kopf es versteht
Viele Führungskräfte scheitern nicht an mangelndem Wissen, sondern an wiederkehrenden emotionalen Mustern. Diese Muster sitzen nicht im Kopf, sondern im Körper. Die Körperlogik-Kette hilft dabei, genau dort anzusetzen: Wenn wir zum Beispiel die Stimme verändern möchten, macht es mehr Sinn, auf der Ebene der Atmung oder der Emotion zu beginnen. Ein „emotionales Update“ durch gezielte Bewegung, Atmung oder Haltung kann Blockaden lösen, bevor der Verstand überhaupt begreift, was los ist. So wird Selbstführung konkret und spürbar.
Selbstführung ist eine körperliche Disziplin
Wie in jedem anderen Training braucht es Wiederholung, um neue Routinen zu etablieren. Die gute Nachricht: Unser Körper liebt Wiederholung und verinnerlicht emotionale Muster schnell. Mit der Zeit entsteht ein neues Körpergedächtnis – eines, das auf Präsenz, Klarheit und Sicherheit programmiert ist. Kleine körperbasierte Interventionen reichen oft aus, um in fordernden Situationen präsent, ruhig und klar zu bleiben. Wer regelmäßig mit der Körperlogik-Kette arbeitet, stärkt nicht nur die Selbstregulation, sondern auch die eigene Wirkung nach außen.
5 Body-Hacks für mehr Klarheit, Präsenz und Gelassenheit im Alltag
#1 Die Haltung bestimmt die Haltung
Eine klare innere Haltung beginnt mit einer aufrechten, geerdeten Körperhaltung. Lenken Sie die Aufmerksamkeit auf ihr Eigengewicht in den Fußsohlen und richten sich vom Brustbein geführt auf. Der Körper signalisiert dem Nervensystem dadurch: Ich bin sicher und souverän – und so wirkt es nach außen.
#2 Emotionen brauchen Bewegung
Spannung lässt sich nicht wegdenken, aber wegbewegen. Ob laufen, gezieltes Atmen, oder abschütteln: Körperliche Bewegung hilft, blockierende Emotionen zu transformieren. Deswegen tut Joggen oder anderer Sport nach einem stressigen Tag so gut.
#3 Die richtige Frequenz finden
Wie klinge ich eigentlich selbst, was fühlen sich meine Emotionen an? Wer die eigene emotionale Grundfrequenz kennt – das, was ich „Radio Selbst“ nenne – kann unterscheiden, welche Emotionen aus dem Inneren kommen und welche von außen angespült werden. Diese Klarheit lässt sich trainieren – nicht durch Rückzug, sondern mitten im Geschehen.
#4 Der körperliche Zugang zum Bauchgefühl
Das vielzitierte Bauchgefühl hat seine körperliche Basis in der Region des Dünndarms (zwischen Bauchnabel und Schambein). Manchmal leuchtet dort ein Warnblinker, manchmal ist das „Ja“ längst entschieden – eigentlich wissen Sie, was zu tun ist, oder? Trauen Sie ihrer Eigenwahrnehmung, trainieren Sie sie mit kleinen Alltagsentscheidungen.
#5 Emotionale Agilität trainieren
Nutzen Sie kleine körperliche Rituale vor wichtigen Gesprächen oder Terminen, um sich in einen klaren, präsenten Zustand zu bringen. Denken Sie dabei an die Körperlogik-Kette: Wenn die Emotion stimmt, folgen Körper, Stimme und Wort wie von selbst.
Wer Emotionen körperlich zu führen lernt, führt sich selbst klarer, stimmiger und mit mehr Leichtigkeit. Der Ansatz über die körperliche Logik bietet dafür einen ebenso alltagstauglichen wie biologisch fundierten Weg – ein wertvoller Kompass für moderne Selbstführung.ligenz

Dr. Kristina Böhlke ist promovierte Biologin, Emotionstrainerin und Organisationsberaterin. Ihre Mission ist es, Menschen wieder in Kontakt mit ihren “natürlichen Ressourcen“ zu bringen, zum Vertrauen in die eigenen Emotionen und zur Sicherheit, diese wirksam zu führen. Kristina Böhlke blickt zurück auf 10 Jahren Praxis mit dem Körper-Biologik-Ansatz. Sie schöpft außerdem aus 10 Jahren als Führungskraft in Forschungsministerien, u.a. als Staatsrätin, sowie aus ihrem lebenslangen Interesse für evolutionsbiologische Zusammenhänge.